Herrscherin des Lichts
später treffen? Zu Hause?“ Das Wort brannte unangenehm auf ihrer Zunge.
Er lächelte. Höflich. Es erreichte nicht seine Augen.
„Ich habe etwas für uns vorbereitet, und ich will nicht länger damit warten müssen.“
Wenn es jemanden in der Lightworld gab, dem sie einfach nichts abschlagen konnte, dann war es Garret. Und er wusste es und nutzte diese Tatsache schamlos zu seinem Vorteil aus.
„Lass mich wenigstens vorher kurz baden gehen“, versuchte sie sich aus der Affäre zu ziehen, obwohl ihr die Sinnlosigkeit dieses Unterfangens sehr wohl bewusst war. „Ich bin überall voller Staub und Schmutz.“
Sein Gesicht erhellte sich, als hätte er auf diese Antwort nur gewartet. „Das trifft sich ja ganz hervorragend, denn ich wollte dich ins Refugium ausführen.“
Sie spürte ein kaltes blaues Frösteln durch ihre Adern huschen. Würde sie den inneren Blick gebrauchen, fände sie die Äste ihres Baumes der Lebenskraft wahrscheinlich vertrocknend und winterlich schwarz vor. „So früh?“
Es war eine Tradition. Beabsichtigten Angehörige ihrer Rasse, miteinander eine Bindung einzugehen, dann taten sie dies zuerst den Alten Göttern kund. Aber die waren ja fort, und darum – Aylas Meinung nach völlig unsinnigerweise – erklärten potenzielle Paare ihre Absichten und besiegelten danach ihre Vereinigung stattdessen im Refugium, wo der Legende zufolge die Geister der Alten Götter wohnten.
Garret bemerkte ihr Unbehagen. Es gelang ihm nicht, seinen Ärger darüber vor ihr zu verheimlichen, obwohl er sich nach Kräften bemühte. Seine Fühler zuckten auf die unverwechselbare Weise, wie sie es immer taten, wenn er spürte, dass sie ihm nicht gehorchen wollte. „Ich bin begierig darauf, dass unser Verhältnis zueinander endlich ein tieferes wird als das einesMentors zu seiner Schülerin, und ich glaubte, dir ginge es genauso. Es sei denn, es hat sich irgendetwas geändert?“
Die Art, wie er das fragte, stellte klar, was er eigentlich damit meinte. Wenn sie ihn abwies, wäre sie eine Närrin. Sie konnte sich nicht umentschieden haben. Als seine Gefährtin stände ihr ein Leben bevor, von dem sie ansonsten nicht einmal zu träumen wagen dürfte, das sie niemals aus eigener Kraft erreichen würde. Und wenn ihr bisheriges Leben in der Assassinengilde sie eines gelehrt hatte, dann war es, wie man überlebte. Es gab weitaus unangenehmere Wege, das zu bewerkstelligen.
„Nein. Ich bin nur überrascht.“ Sie versuchte ein Lächeln aufzusetzen, wie sie es schon oft bei den Damen am Hof gesehen hatte, wissend und zugleich verlockend. Es fühlte sich starr und unnatürlich auf ihren Lippen an. „Ich habe nicht damit gerechnet, den Besuch des Refugiums zu diesem Zweck als Schmutzfink anzutreten.“
Er lachte und legte seinen Arm um ihre Schulter. „Komm. Wir werden einen Boten aussenden, der die Nachricht deiner großen Eroberung überbringt. Und danach gehen wir in unser gemeinsames Zuhause, wo du möglicherweise ja etwas Passenderes zum Anziehen findest, bevor wir uns zum Refugium aufmachen. Ayla, dies ist wirklich der glücklichste Tag für mich, seit ich denken kann.“
Irgendetwas in ihrer Brust hüpfte bei diesem Freudenausbruch. Sie hatte ihn glücklich gemacht. Es kam nicht oft vor, dass sie die Gelegenheit bekam, das für jemanden zu tun. Wenn sie sich an diesem Gefühl festhalten könnte, vielleicht würde ihr das genügen.
Und falls nicht, hätte sie wenigstens noch immer ein Zuhause.
Garrets Apartment war blitzsauber und heimelig warm. Ayla war sich im Klaren darüber, dass er es heute besonders gründlich hatte herrichten lassen, und zwar für sie, um sie zu beeindrucken,ebenso wie mit den verschiedenen bunten Kleidern und ausgesuchten Schönheitsmitteln, die er sich vermutlich irgendwie von den Kammerzofen seiner Schwester besorgt hatte. Sie überlegte, ob sie sich eingehender danach fragen sollte, wie genau er in den Besitz all dieser Schätze gekommen war, doch sie ließ es lieber, damit die Antwort ihr nicht die Laune verderben konnte. Wobei es sie seltsamerweise überhaupt nicht in ihrem Stolz traf, zu wissen, dass er Mabbs Untergebene wahrscheinlich mit intimen Gefälligkeiten bezahlt hatte. Sie konnte nicht einmal ein Quäntchen Eifersucht aufbringen.
Vielmehr tat ihr dieses völlige Fehlen besitzergreifender Gefühle für ihn weh. Der bloße Umstand, dass sie nicht erschüttert war, erschütterte sie.
„Ich wusste nicht, welchen Stil du bevorzugst“, sagte Garret, dabei eifrig zum
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