Herz auf Umwegen
Das Lächeln geriet zum hilflosen Grinsen. »Auch besser so. Ich wüsste nicht, wie ich die Viecher totmachen sollte. Also theoretisch schon, aber praktisch …«
Katja grinste zurück. »Ja, der Teufel liegt im Detail.« Sie machte eine kurze Pause. »Warum packst du nicht ein, wenn du die Fische sowieso zurückschmeißen würdest?«
»Weil ich nicht weiß, was ich sonst machen soll. Ich schäme mich so, dass ich mich kaum traue, dir in die Augen zu sehen. Hier kann ich aufs Wasser schauen.«
Katja betrat den Steg. »Jetzt übertreibst du aber.«
»Vielleicht, ein wenig.« Grit sah wieder nach vorn aufs Wasser.
Katja stellte sich neben sie. Sie schwiegen.
»Wir sind im Moment vielleicht beide etwas daneben«, begann Katja nach einer Weile.
Grit drehte den Kopf zu ihr, verzog die Mundwinkel. »Ja. Treffend formuliert.«
Katja feixte. »Ich möchte nicht in Jannys Haut stecken. Sie muss uns für zwei ziemliche Zicken halten.«
»Sind wir ja auch.« Grit schürzte die Lippen.
»Ich habe mich vor ihr total blamiert, gleich mehrmals«, gestand Katja.
»Ha, du? Frag mich mal. Der Fahrradausflug war die absolute Katastrophe. Und auch alle anderen Versuche, ihr näherzukommen, endeten … na ja … heikel bis peinlich.« Grit schniefte. »Natürlich habe ich dir das nicht gesagt. Aber wenn es anders gewesen wäre, wäre ich jetzt mit Janny allein hier. Was glaubst du denn?« Grit kratzte sich am Kopf. »Ich würde wirklich gerne wissen, warum Janny überhaupt mitgekommen ist.«
»Dasselbe habe ich mich auch schon gefragt«, meinte Katja nachdenklich. »Vielleicht ist sie eine Wirtschaftsspionin«, ulkte sie. »Erinnere dich an unser Gespräch auf dem Schiff. Da hat sie uns über die Firma ausgefragt. Die Finanzlage, die Fusionspläne.«
Grit lachte amüsiert auf. »Jetzt spinnst du aber wirklich.«
»Ich weiß. Die Theorie steht auf wackeligen Beinen«, gab Katja glucksend zu.
Grits Stirn legte sich plötzlich in Falten. »Ich will mich nicht mehr mit dir streiten. Und wie eine Idiotin vor Janny dastehen, will ich auch nicht länger. Wir haben uns wohl beide die Falsche ausgesucht.«
Katja schluckte. Das zu akzeptieren, tat immer noch weh. Deshalb geriet ihr Ja etwas kratzig.
Grit legte ihre Angel ab, sah Katja an, breitete ihre Arme aus. »Komm mal her«, bat sie.
Katja verkürzte mit leichtem Zögern den Abstand zwischen ihnen. Schon fühlte sie Grits Arme um sich. Ganz kurz blitzte der Gedanke auf, dass sie und Grit vielleicht doch noch … Lass es, Katja. Es hat wirklich keinen Sinn.
»Es wäre so schön, wenn unsere Freundschaft dieses Gefühlsdesaster überleben würde«, seufzte Grit in Katjas Ohr.
»Ja, das wäre es«, erwiderte Katja, obgleich sie sich dabei beklommen fühlte. Denn wie sollte sie es anstellen, dass ihr Herz nicht schneller schlug, wenn Grit sie ansah oder sie gar, wie jetzt, umarmte.
Grit löste sich von Katja und sah sie erleichtert an. »Ich bin froh, dass wir das aus der Welt geschafft haben, ehrlich.«
»Hm.« Katja stand hilflos da. In ihrem Bauch drückte es unangenehm und etwas in ihr fragte trotzig: Aus der Welt? So einfach geht das nicht!
Es muss aber gehen, Katja. Begreif es endlich. Es muss.
»Ich geh mal zurück zu meinem Buch«, sagte sie tonlos und ließ Grit auf dem Steg allein. Von ihrem Gartenstuhl aus beobachtete sie Grit dabei, wie sie die Angelausrüstung zusammenlegte. Wenig später kam sie vollbepackt an ihr vorbei und ging durch die Terrassentür ins Haus. »Ich folge deinem Rat und fahre los, um Fisch zu kaufen«, rief sie aus dem Wohnzimmer.
»Ist gut«, rief Katja zurück. Dann konnte sie ein paar Minuten allein sein. Das war jetzt genau das Richtige.
***
»Spannendes Buch?«
Katja schreckte auf. Sie musste weggedämmert sein. Vor ihr stand Janny, in Jeans und ärmelfreiem Shirt. Ihr nasses Haar war zurückgekämmt und glänzte in der Sonne. Sie hatte offensichtlich geduscht und sich umgezogen, sprühte vor Energie.
Katja kam sich im Vergleich dazu wie eine faule, matschige Tomate vor. Möglicherweise geriet ihr Lächeln deshalb so schief.
»Schon zurück?«, fragte sie mit müder Stimme.
»Oh, tut mir leid, du hast geschlafen. Ich dachte, du liest.«
»Macht nichts.«
Janny nahm sich einen der Stühle heran und setzte sich Katja gegenüber. Katja machte sich unter
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