Herz auf Umwegen
neben dem Kamin stand, nahm die leere Eierpackung heraus, die der Vormieter darin hinterlassen hatte, und warf sie in die Feuerstelle. Dann ging sie hinaus zum Anbau, wo das Holz gestapelt lag.
Auf dem Weg dorthin sah sie Anke, die am Wagen lehnte und telefonierte. Sie stand mit dem Rücken zum Haus, die Hand auf das Dach des Wagens gestützt, leicht nach vorn gebeugt. »Ja, das ist mir auch klar.« Ihre Stimme klang gepresst.
Katja ging weiter zum Anbau und stellte den Korb ab.
»Gib mir bitte nicht die Schuld für deine Fehler!«, schimpfte Anke da verärgert. »Wärst du beim Aufräumen gründlich gewesen, hätten wir das Problem jetzt nicht.«
Katja grinste vor sich hin. Wer immer da am anderen Ende des Telefons war, Anke schien nicht gut auf ihn zu sprechen zu sein.
»Sie zu fragen, dazu ist es jetzt zu spät. Dass hätten wir gleich machen müssen. Aber du wolltest ja nicht. … Nein, ich glaube nicht. Sie verhalten sich mir gegenüber ganz normal. Und so soll es auch bleiben. Wir dürfen sie nicht misstrauisch machen. … Keine Sorge, ich bin dabei. Beruhige dich.«
Pause. Dann ein Fluch. Das Klappen einer Wagentür. Schritte entfernten sich.
Stille.
Katja hatte, während sie mit dem Kopf auf halber Höhe lauschte, einen Holzscheit nach dem anderen in den Korb gelegt. Jetzt war der Berg so groß geworden, dass die Stücke auf den Boden fielen. Sie sah auf den Korb vor sich hinunter und stapelte abwesend so viele Scheite zurück, dass sie mit dem Rand des Korbes abschlossen.
Ihre Gedanken weilten bei dem eben Gehörten. Besonders bei einem Satz: Wir dürfen sie nicht misstrauisch machen.
Das konnte natürlich alles Mögliche bedeuten, aber Katja beschlich ein komisches Gefühl.
Das kommt daher, weil man dir vor noch nicht einmal vierundzwanzig Stunden eins über den Schädel gehauen hat, versuchte sie, sich selbst zu beruhigen. Aber das ungute Gefühl blieb. Irgendetwas war hier nicht ganz geheuer.
Katja trug das Feuerholz ins Haus. Janny und Grit saßen bereits zusammen mit Anke auf der Terrasse, jede ein Glas Rotwein vor sich auf dem Tisch. Auch für Katja hatten sie schon eingegossen. Sie kniete sich vor den Kamin und stapelte die Holzscheite ein. Das gab ihr noch eine Minute, das irritierende Gefühl in sich zu bezwingen. Als Katja sich zu den anderen an den Tisch setzte, hoffte sie, dass die ihr nichts anmerkten.
11. Kapitel
Der Asphalt der Straße schlängelte sich wie ein graues Band durch den Wald. Über ihnen, dort wo Licht durch das Dach der Baumkronen drang, leuchtete ein klarer blauer Himmel.
Katjas Augen wanderten von der malerischen Umgebung immer wieder auf die zweispurige Straße. Sie zählte. Schon neun silberne Kombis waren ihnen entgegengekommen. Während gerade mal einer halben Stunde Fahrt. Je mehr Katja von diesen Dingern sah, umso mehr verschwamm das Bild des Wagens, den sie vor dem Sommerhaus gesehen hatte. Nicht dass das Bild vorher besonders klar war oder dass es überhaupt eine Rolle spielte, dennoch fühlte sich Katja dadurch verunsichert. Sie hatte immer gedacht, dass sie so schnell nichts umhauen könnte. Und nun, ein simpler Schlag auf den Kopf durch einen bei seiner Tat gestörten Einbrecher, und schon litt sie an einer Psychose. Katja rieb sich die Schläfen.
»Wieder Kopfschmerzen?«, fragte Jannys besorgte Stimme. Sie saß auf der Rückbank neben Katja.
Katja schüttelte den Kopf. »Nein, nur …« Sie zögerte. »Ich weiß auch nicht.«
Jetzt traten die Bäume zurück. Die Landschaft um sie herum wurde zunehmend bergiger. Eine Abzweigung kam in Sicht.
»Da vorne musst du links abbiegen«, sagte Anke. Sie saß auf dem Beifahrersitz neben Grit.
Grit setzte den Blinker.
Die Straße wurde schmaler. Wenig später fuhren sie in eine kleine Ortschaft namens Strø und überquerten eine Brücke. Unmittelbar danach steuerte Grit auf einen Parkplatz.
»Da sind wir. Alles aussteigen«, rief Anke, als Grit den Wagen stoppte. Sie holten die Rucksäcke aus dem Kofferraum.
»Wir brauchen eine Wegbeschreibung«, meinte Janny und deutete auf den kleinen Souvenirladen am Parkplatzausgang. »Schauen wir mal dort, ob wir eine Karte bekommen.«
»Es gibt hier nur die eine Route«, klärte Anke sie auf. »Entweder man findet den Weg oder nicht.«
»Ja, aber sicher gibt es so was wie einen Guide mit Details zur Strecke. Sonst verpassen wir
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