Herz aus Eis
vielleicht gibt es ein paar verdorbene Mägen oder eine Lebensmittelvergiftung, und damit hast du ja wirklich keine Probleme. Viel Glück!« Damit war sie aus der Tür und ließ Blair allein mit ein paar hundert Gästen und der entsetzlichen Aussicht zurück, sie alle unterhalten und bewirten zu müssen.
Vor dem Büro nahm Edan Houstons Arm und führte sie in eine Vorratskammer neben der Nordveranda. Er sah sie lächelnd an.
»Sie machen sich wohl einen Beruf daraus, mir nachzuspionieren«, fauchte sie ihn an.
»Ich habe in den zwei Wochen, die ich Ihnen nachspioniert habe, mehr gelernt als vorher in meinem ganzen Leben«, sagte er. »War das Ihr Ernst, als Sie Ihrer Schwester beteuerten, Sie würden Kane lieben?«
»Halten Sie mich jetzt auch noch für eine Lügnerin? Entschuldigen Sie mich, ich muß mich umziehen. Dieses Kleid ist zu lang und zu eng zum Klettern.«
»Sie wissen, wo die Hütte ist?«
»Ich kenne ihre ungefähre Lage.«
»Houston, Sie können ihm doch nicht auf einen Berg nachsteigen, um sich für Ihre Schwester zu entschuldigen!
Ich werde zu ihm reiten, ihm alles erklären und ihn zurückbringen.«
»Nein, er gehört jetzt mir — dem Gesetz nach jedenfalls —, und wenn ihn jemand zurückholt, dann ich.«
Edan legte ihr die Hände auf die Schultern. »Ich hoffe nur, daß er auch weiß, wie gut er es mit Ihnen getroffen hat. Was kann ich tun, um Ihnen zu helfen?«
Sie war schon an der Tür. »Vielleicht können Sie Sarah Oakley suchen und ihr sagen, sie soll in mein Zimmer kommen und mir beim Umziehen helfen.« Sie hielt inne und blickte Edan nachdenklich an. »Nein, vielleicht sollten Sie lieber Jean Taggert zu mir schicken. Sie ist die besonders hübsche Lady in dem violetten Seidenkleid und dem dazu passenden Hut.«
»Besonders hübsch, sagten Sie?« Er lachte. »Viel Glück, Houston.«
Kapitel 15
Jean half Houston in Rekordzeit aus dem Hochzeitskleid. Houstons Entschluß, Kane nachzulaufen, fand ihre volle Unterstützung.
Als Houston sich umgezogen hatte, schlichen sie sich beide durch den Westflügel in die Wohnung der Haushälterin und von dort aus über die Hintertreppe nach unten. Hinter ein paar Bäumen versteckt, wartete Edan mit einem Pferd, das mit vier Satteltaschen beladen war.
»Damit sollten Sie ein paar Tage auskommen können«, sagte er und zeigte ihr den Proviant, den er eingepackt hatte. »Sind Sie sicher, daß Sie auch den Weg zu ihm finden? Wenn Sie sich verirren . . .«
»Ich lebe seit meiner Geburt in Chandler und kenne die Umgebung so gut wie kein anderer.« Sie blickte ihn streng an. »Und ich bin auch nicht aus so weichem Holz geschnitzt, wie manche Leute glauben.«
»Haben Sie auch die Hochzeitstorte nicht vergessen?« fragte Jean Edan.
»Die habe ich in eine besondere Blechschachtel getan und noch eine Schleife darum gebunden«, sagte Edan in einem so merkwürdigen Tonfall, daß Houston von ihm zu Jean blickte und sich dann mit einem Lächeln zu dem gesattelten Pferd umdrehte.
»Du mußt losreiten. Sonst wird es dunkel, ehe du da bist«, sagte Jean. »Und mach dir keine Sorgen wegen der Gäste. Denke nur an deinen Mann und wie sehr du ihn liebst.«
Houston stahl sich so heimlich davon wie sie konnte — keine leichte Sache, wenn man als Braut der Mittelpunkt von über sechshundert geladenen Leuten ist. Die wenigen Gäste, denen sie bei ihrem Ritt durch den Garten begegnete, waren so sprachlos, daß sie kein Wort sagen konnten. Sie hatte sich den Hutschleier vor das Gesicht gezogen und hoffte, die Leute damit täuschen zu können. Aber sie wußten sehr wohl, wer sich dahinter versteckte.
Als sie die Westgrenze des Gartens erreichte, hätte sie um ein Haar Rafe Taggert und Pamela Fenton über den Haufen geritten, die dort auf einem Weg beieinanderstanden. Ob es der Schock war oder die Überraschung — jedenfalls stieg ihr Pferd mit den Vorderbeinen in die Luft.
Rafe blickte sie amüsiert an. »Sie müssen der Zwilling sein, der einen Taggert geheiratet hat. Und jetzt wollen Sie ihn schon wieder verlassen?«
Ehe sie etwas erwidern konnte, sagte Pam: »Wie ich Kane kenne, wurde sein Stolz bei der Trauung so verletzt, daß er irgendwohin rannte, um seine Wunden zu lecken. Sollte es vielmehr so sein, daß Sie ihm nachreiten?«
Houston wußte nicht, wie sie sich dieser Frau gegenüber verhalten sollte, die ihr Mann einmal geliebt hatte. Sie reckte das Kinn in die Luft und sagte so kühl wie möglich: »Sie haben es erraten.«
»Gut für Sie!« rief
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