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Herz aus Feuer

Titel: Herz aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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Handtasche gegen den Busen, als fürchtete sie, Blair würde sie ihr jeden Moment entreißen.
    »Ich bin auch ein Doktor. Nehmen Sie doch Platz und sagen Sie mir, was für Beschwerden Sie haben. Ich werde dann . . .«
    »Ich will mit einem echten Arzt sprechen«, sagte die Frau und wich wieder zur Tür zurück.
    »Ich versichere Ihnen, daß ich ein echter Arzt bin. Wenn Sie mir nun Ihre Beschwerden . . .«
    »Ich bleibe nicht hier. Ich dachte, das wäre eine richtige Klinik mit richtigen Ärzten!«
    Ehe Blair weitersprechen konnte, war die Frau schon aus der Tür und hastete hinaus auf die Straße. Blair würgte ihren Zorn hinunter und bat die nächste Patientin ins Untersuchungszimmer.
    Die zweite Frau behauptete steif und fest, daß Blair unmöglich sagen könne, was ihr fehle, weil ihr Leiden keine Schwangerschaft sei. Blair begriff zuerst den Zusammenhang gar nicht, bis ihr klar wurde, daß die Frau sie für eine Hebamme hielt.
    Die dritte Patientin verließ das Krankenhaus, nachdem sie festgestellt hatte, daß der gutaussehende Dr. Westfield, der ihr im letzten Jahr in Denver vorgestellt worden war, sie nicht untersuchen würde.
    Danach ließ sich viele Stunden lang niemand mehr blicken, und Blair hatte Zwangsvorstellungen von Telefonapparaten, die in der Stadt heißliefen, da sie mit Gerüchten über das neue Hospital überschwemmt wurden. Um vier Uhr nachmittags meldete sich ein Vertreter mit einer rosafarbenen Mixtur, die bei allen »Frauenleiden« helfen würde. Blair empfing ihn höflich, komplimentierte ihn aber schon nach fünf Minuten zur Tür hinaus. Dann zog sie Handtücher gerade, die keinerlei Knitterfalten hatten.
    »Sie wollen einen männlichen Arzt«, sagte Mrs. Krebbs.
    »Sie verlangen nach einem vollwertigen Arzt wie Dr. Leander.«
    »Ich bin eine vollwertige Ärztin«, sagte Blair mit zusammengepreßten Zähnen.
    Mrs. Krebbs sog die Luft geräuschvoll durch die Nase und ging in ein anderes Zimmer.
    Um sechs Uhr sperrte Blair die Tür ab und ging nach Hause.
    Daheim erzählte sie Lee nichts von dem mangelnden Zuspruch, den die Klinik gefunden hatte. Er hatte weder Mühe noch Kosten gescheut, um das Hospital ins Leben zu rufen, so daß sie ihm diese Enttäuschung ersparen wollte. Er hatte schon Sorgen genug.
    Sie ließ ihm ein Bad ein und wollte aus dem Zimmer gehen, als er sich auszuziehen begann.
    »Bleib doch hier und rede mit mir.«
    Sie wurde ein wenig verlegen, als er sich vor ihr auszog und in die Badewanne stieg. Für sie war das ein intimerer Vorgang als der Liebesakt.
    Lee lehnte sich in der Wanne zurück und erzählte ihr mit einem Blick, der ins Leere gerichtet war, was er an diesem Tag alles durchgemacht hatte. Er erzählte ihr, wie er zwei Tote aus dem Stollen herausgezogen und einem Bergarbeiter an Ort und Stelle einen Fuß amputiert hatte. Sie unterbrach ihn mit keinem Wort, und er schilderte ihr, wie bedrückend das alles für ihn gewesen war: Der Mangel an Frischluft; die totale Dunkelheit; die Last der Wände, die ihn einschlossen; der knappe Raum, der ihm kaum Bewegungsfreiheit ließ.
    »Mir ist es unbegreiflich, wie sie es aushalten können, Tag für Tag in so eine Grube einzufahren. Jeden Moment kann die Decke über ihnen einstürzen. Jeden Tag haben sie den Tod vor Augen, der ihnen auf vielfache Weise droht.«
    Sie hatte einen seiner Füße aus der Wanne gehoben und seifte ihn ein. »Houston meint, die einzige Möglichkeit für diese Männer, ihr Los zu verbessern, bestünde darin, daß sie sich einer Gewerkschaft anschließen.«
    »Und woher will Houston das wissen?« fragte er barsch.
    »Sie lebt hier«, erwiderte Blair, ihn erstaunt ansehend. »Deshalb erfährt sie so manches. Sie erzählte mir, daß jemand Gewerkschaftsvertreter in die Mine einschleusen und es deshalb bald einen Arbeiteraufstand geben würde. Und daß . . .«
    Leander riß ihr den Waschlappen aus der Hand. »Ich hoffe doch, daß du solche Gerüchte nicht ernst nehmen wirst. Niemand - weder die Bergarbeiter noch die Bergwerksbesitzer — wünscht sich einen Krieg. Ich bin sicher, sie werden sich friedlich einigen.«
    »Das hoffe ich auch. Ich wußte ja gar nicht, daß dir das Los der Minenarbeiter so sehr am Herzen liegt.«
    »Wenn du gesehen hättest, was ich heute erlebt habe, würdest du genauso denken wie ich.«
    »Ich wollte doch mit dir in die Mine fahren. Vielleicht klappt es das nächstemal . . .«
    Lee beugte sich vor und küßte sie auf die Stirn. »Ich möchte mich nicht ereifern; aber es

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