Herz aus Feuer
Während sie ihm die Meinung sagte, stand er langsam auf, und als sie damit zu Ende war und tief Luft holte, lächelte er sie an. »Ich glaube, du mußt noch viel lernen, ehe du mich verstehst. Ich begreife zwar nicht, warum du sofort bereit bist, das Schlimmste von mir anzunehmen, doch ich hoffe, dir beweisen zu können, daß ich nicht so bin, wie du denkst. Und ich habe vor, mein Leben damit zu verbringen, dich eines Besseren zu belehren. Doch mit diesem Unterricht wollen wir erst morgen beginnen«, sagte er, während er die Arme um sie legte und sie an sich zog.
Blair klammerte sich an ihn, und als sich ihre Lippen berührten, hatte sie ein Gefühl, als explodiere um sie die Welt. Sie wußte, daß sie ihren Mann kaum kannte. Sie hatte keine Vorstellung von den Motiven, die ihn veranlaßt hatten, sie zu heiraten, keine Ahnung, ob er sie als Ärztin nur an seiner Seite geduldet hatte, damit er den Wettbewerb gewinnen konnte, wie Alan behauptete, oder ob ihm ihre Zusammenarbeit genau soviel Spaß gemacht hatte wie ihr.
Doch in diesem Moment war ihr das alles gleichgültig. Sie konnte nur an seine Arme denken, die sie umfingen, an die Nähe seines Körpers, an die Hitze, die er verströmte, und das Wohlbehagen, das sie dabei empfand.
»Ich habe so lange darauf gewartet, daß wieder geschieht, was damals geschah«, sagte er leise, während er ihre Haare um sein Handgelenk wickelte und mit der anderen Hand ihren Nacken und ihre Wange streichelte. »Geh hinauf und mach dich fertig. Heute abend werde ich ein Gentleman sein; doch dann nie mehr. Also nütze diese einmalige Gelegenheit. Schau mich nicht so an, sondern geh! Ich bin sicher, deine Schwester hat dir für diesen Abend — im Rahmen des Erlaubten natürlich — ein unerhört frivoles Nachthemd besorgt. Also geh und zieh es an. Du hast ungefähr zehn Minuten Zeit dafür. Vielleicht.«
Blair wollte ihn nicht verlassen, tat es aber doch und stieg die schmale gewundene Treppe zum Schlafzimmer hinauf. Oben entdeckte sie sogar drei Schlafzimmer: eines für die Bewohner des Hauses, eines für Gäste und eines, falls es Nachwuchs geben sollte. Ihre Kleider hingen bereits im Schrank, alle ihre Schuhe standen neben Leanders Schuhen, und einen Augenblick dachte sie, daß sie noch nie so etwas Intimes gesehen hatte wie diese aneinandergelehnten Schuhe.
Auf dem Bett lagen tatsächlich eine wunderschöne Robe aus weißem Chiffon mit Schwanendaunen am Saum und an den Ärmeln und daneben ein Gewand aus weißem Satin, das sie wohl unter der Robe tragen sollte. Blair schüttelte den Kopf über diese extravaganten Kleidungsstücke, doch im nächsten Moment starb sie fast vor Ungeduld, die Sachen anzuziehen. Manchmal kam ihr das Leben ihrer Schwester so nutzlos vor; doch mit dieser Hochzeit hatte ihr Houston die größte Bewunderung abgenötigt. Allein die Trauung und der Empfang erforderten das Organisationstalent eines Armeegenerals, und bei ihren Vorbereitungen hatte Houston sich offenbar auch um die nebensächlichsten Details gekümmert. Sie hatte sogar daran gedacht, die Kleider ihrer Schwester noch während der Hochzeitsfeier in deren zukünftige Wohnung schaffen zu lassen.
Blair steckte erst zur Hälfte in dem Chiffongeriesel, als Leander bereits die Treppe heraufkam. Offenbar schien es ihm nichts auszumachen, daß es ihr auf eine sehr unordentliche Weise von den bloßen Schultern hing. Er hatte mit zwei Schritten den Raum durchquert, und dann hielt er sie schon in seinen Armen. Tatsächlich war seine Begeisterung über ihre noch unfertige Nachttoilette so groß, daß Blair einen Schritt vor ihm zurückwich, sich dabei in der Schleppe verfing und rückwärts auf das Bett fiel. Lee stürzte mit ihr auf das Federbett, und die Schwanendaunen der Robe rieselten wie Schneeflocken auf sie herunter.
Da fingen sie an zu lachen, und Lee, der sie noch immer mit den Armen umschlungen hielt, rollte mit ihr über das Bett, wobei er sie abwechselnd küßte und kitzelte, bis sie vor Vergnügen quietschte, das herrliche Gewand hielt dieser Behandlung nicht lange stand, und alsbald rollte Blair nur noch in ihrem dünnen Nachthemd aus Satin über das Bett, während Lee an ihren Schultern zu knabbern begann und dabei brummte wie ein Bär, daß sie vor Lachen fast Seitenstechen bekam. Seine Hände glitten an ihren Schenkeln auf und nieder, was bei ihr Proteste auslöste, sehr halbherzige allerdings.
Doch ehe aus dem Spiel Ernst wurde, begann unten das Telefon zu läuten.
»Was ist das?«
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