Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herz aus Glas (German Edition)

Herz aus Glas (German Edition)

Titel: Herz aus Glas (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
Vom Netzwerk:
kehrte jetzt dieser furchtbare Schwindel zurück und mein Kopf sank gegen Davids Schulter.
    »Klar«, sagte er nur und trug mich weiter.
    »Mir ist so kalt«, flüsterte ich.
    »Ich weiß.« Seine Lippen waren dicht an meiner Stirn und sie streiften meine Haut wie ein sanfter Kuss. »Ich würde dir ja meine Jacke geben, aber ich hatte keine Zeit mehr, mich für dich zurechtzumachen.«
    Ich nahm den Kopf von seiner Schulter und sah an ihm hinunter. Er trug nur seine Jeans und einen Rollkragenpullover.
    »Wenigstens warst du so schlau, Turnschuhe anzuziehen«, murmelte ich und lehnte den Kopf wieder an.
    Er schnaubte leise.
    Ich wollte noch etwas hinzufügen, aber in meinem Kopf verdichteten sich die Nebelschwaden jetzt wieder und ich spürte, wie ich wegdriftete. »Ich bin … müde!« Das letzte Wort kam nur noch als Hauch aus meinem Mund. Dann war ich weg.

A ls ich wieder zu mir kam, flatterte ein riesiger bunter Vogel vor meinen Augen. Im ersten Moment dachte ich, dass ich gestorben und in irgendeinem absurden Jenseits gelandet war. Dann erst kapierte ich, dass ich den Pelikan an der Eingangstür von Sorrow sah. David stolperte mit mir die Stufen hoch. Gleich darauf wurde die Tür aufgerissen.
    »David, um Himmels willen!«
    Taylors Stimme. Sie dröhnte in meinen Ohren – alle Geräusche dröhnten jetzt in meinen Ohren wie die Schläge einer riesigen bronzenen Glocke. Eine Glocke? Hatten sie die etwa aus der Bronze gemacht, die sie in meinen Körper gefüllt hatten? Ergab eigentlich irgendwas, das ich dachte, einen Sinn? Meine Gedanken drehten sich im Kreis. Mir war jetzt nicht mehr kalt, sondern sogar ziemlich warm. Nein, nicht nur warm, sondern geradezu heiß. Ich verspürte das Bedürfnis, mir die Klamotten vom Leib zu reißen.
    »Sie wollte springen!«, stieß David hervor. Er klang atemlos. Ich wurde gepackt und aus seinem Arm gehoben.
    »Nicht!«, wollte ich sagen, aber ich brachte nur ein unverständliches Stammeln über die Lippen.
    »Sie ist unterkühlt«, sagte Taylor. »Wir müssen sie nach oben bringen. Schnell!«
    Jemand trug mich quer durch die Halle. Jason. Er brüllte nach einem Arzt, aber eine andere, besonnenere Stimme antwortete, dass die Handynetze durch den Eissturm zusammengebrochen waren und dass auch das Festnetztelefon nicht funktionierte. David eilte neben seinem Vater her und hielt meine Hand.
    »Es wird alles wieder gut!«, versprach er, aber ich wusste nicht, was er meinte. Es war doch alles gut. Er war bei mir. Er hielt meine Hand. Mir war endlich warm. Es war alles gut.
    »Irgendjemand sollte Bob Bescheid sagen!« Jason eilte die Treppe hoch und nahm dabei zwei Schritte auf einmal. Ich hob den Kopf und glaubte, eine Gestalt in einem roten Kleid in der Ecke neben der Standuhr stehen zu sehen. Aber dann blinzelte ich und der Eindruck war fort.
    Ich wollte David davon erzählen, aber mit einem Mal hatte mich eine so allumfassende Müdigkeit erfasst, dass ich kein einziges Wort mehr herausbrachte. Meine Augen fielen zu.
    Als ich erwachte, lag ich in einem riesigen Himmelbett, dessen Stoffbahnen über mir aussahen wie schneeweiße Wolken. Mein Kopf schmerzte, meine Füße ebenfalls. Das neblige Gefühl war nicht vollständig verschwunden, aber es war ein bisschen besser geworden.
    »Schlaf!«, hörte ich Taylors Stimme sagen. »Du bist unterkühlt, aber wir haben das in den Griff gekriegt. Ich habe dir etwas zur Stärkung gegeben. Schlaf jetzt!«
    Ich wollte etwas sagen, aber meine Lippen waren plötzlich nicht mehr aus Eis, sondern aus Holz. Die unangenehme Hitze meines Körpers war einer angenehm wohligen Wärme gewichen. Ich fühlte mich schwer und vollkommen entspannt.
    Stimmen ertönten von etwas weiter weg, vermutlich vom Flur. Ich drehte den Kopf und sah, dass die Tür des Zimmers, in das sie mich verfrachtet hatten, offen stand. Ich konnte ein Stück von meinem Vater sehen. David sah ich nicht, aber ich hörte seine Stimme.
    »Du musst sie morgen so schnell wie möglich von dieser Insel schaffen, Bob«, sagte er.
    Taylors Blick wandte sich ebenfalls der Tür zu.
    »Ich verstehe das alles nicht!« Mein Vater klang geschockt. »Ich …«
    »Es ist alles meine Schuld!«, unterbrach David ihn. »Wenn Juli …« Er dämpfte die Stimme und zog Dad mit sich, sodass ich nun auch ihn nicht mehr sehen konnte.
    Müde schloss ich die Augen.
    »Ihr könnt nicht von der Insel weg!« Jasons laute Stimme übertönte das unverständliche Gemurmel von David und meinem Vater. »Sie haben es eben

Weitere Kostenlose Bücher