Herz aus Glas (German Edition)
darüber. »Kein Wunder«, murmelte ich und beendete meine Apfel-Schälaktion. Das Messer klirrte leise, als ich es auf dem Tellerrand ablegte.
»Was genau hat er getan?«, fragte Taylor.
Ich überlegte kurz und begann bei den fiesen Reaktionen der anderen Jungs und der Art, wie David diese über sich hatte ergehen lassen. Dann erzählte ich Taylor von unserem kleinen Streit und wie David am Ende in den Pool gehechtet war. Ich zögerte einen kleinen Moment und beschrieb ihr auch noch seine kleine Todeseinlage.
»Er hat was?« Ihr fielen fast die Augen aus dem Kopf.
»Er hat so getan, als sei er tot. Hat mit dem Gesicht im Wasser getrieben, bis Henry zu ihm in den Pool gesprungen ist.« Es auszusprechen, machte die ganze Sache noch ein wenig schockierender, fand ich.
»Tja.« Taylor überlegte. »Ich könnte mir vorstellen, dass er gern wissen würde, wie es sich anfühlt, wenn man ertrinkt.«
»Das ist Quatsch, Taylor, und das weißt du genauso gut wie ich!« Davids Stimme erklang wieder einmal so unvermittelt, dass mir vor Schreck mein Stück Kiwi aus der Hand fiel. Ich hatte ihn nicht reinkommen hören, und Taylors Reaktion nach zu urteilen, sie ebenso wenig.
Mit einem Ruck drehte sie sich zu ihm um. »Ach ja, David?« Ihre Stimme war ganz liebenswürdig, aber ich konnte ihr ansehen, dass sie wütend war.
David trat an die Anrichte und nahm sich eine Tasse Kaffee. Mit ihr in der Hand verließ er das Speisezimmer ohne ein weiteres Wort. Die Tür fiel leise hinter ihm ins Schloss. Mich hatte er keines einzigen Blickes gewürdigt.
Ich atmete einmal tief durch.
»Gib ihm Zeit!«, bat Taylor.
Ich nickte. »Das versuche ich ja die ganze Zeit.«
Zu meiner Überraschung legte sie mir eine Hand auf den Unterarm. Ihre Finger waren sehr warm. »Er fühlt sich schuldig an Charlies Tod.«
Wie oft hatte ich das jetzt schon gehört? »Aber warum? Sie wollten heiraten. Charlie hatte keinen Grund, sich umzubringen.«
»Ich glaube, es ist irgendwas passiert. Auf der Klippe, meine ich. Kurz bevor Charlie gesprungen ist. Vielleicht haben sie sich gestritten, das würde jedenfalls erklären, warum er sich so sonderbar benimmt.«
Ich war nicht bereit, diese Version der Geschichte zu glauben. Meine Gedanken wanderten zu der Abbruchkante der Klippe, auf der ich schon selbst gestanden hatte. »Was, wenn es wirklich einfach nur ein Unfall war?«, flüsterte ich.
»Dann würde David sich nicht so benehmen.« Die Worte kamen völlig ruhig und selbstverständlich aus Taylors Mund und mir wurde klar, dass sie recht hatte. Es musste einen Grund für Davids sonderbares, selbstquälerisches Verhalten geben. Selbst meine Freundin Miley, die David überhaupt nicht kannte, hatte das ja schon vermutet.
Nachdenklich nickte ich.
»Du magst ihn, nicht wahr?« Taylors Worte waren weniger eine Frage als eine Feststellung und ich musste mir eingestehen, dass sie vermutlich recht hatte.
Mochte ich David wirklich? Er tat mir leid, ja. Aber darüber hinaus war da noch mehr, oder? Ich wehrte mich gegen diesen Gedanken, weil er die ganze Situation nur noch komplizierter machte. »Ja«, gab ich trotzdem leise zu.
In ihrer Ecke richtete Grace den Blick auf mich, aber natürlich mischte sie sich nicht ein.
»Erzählst du mir, was du von Charlie gehalten hast?«, fragte ich Taylor.
Sie zuckte die Achseln. Ihr Joghurt war inzwischen leer und sie stand auf, um sich eine Scheibe Toast und ein Stück Käse zu holen. Als sie wieder auf ihrem Platz saß, sagte sie: »Ich habe sie nur zweimal kurz getroffen, aber sie war jemand, der die Menschen auf Anhieb verzaubern konnte.« Sie senkte den Blick auf ihren Teller und kurz hatte ich den Eindruck, dass sie ihre Lippen fest aufeinanderpresste. Gleich darauf wechselte sie das Thema.
»Weißt du, dass heute Abend ein Dinner geplant ist?«, fragte sie mich.
Ich schüttelte den Kopf.
»Jason hat zwei Lektorinnen aus seinem Verlag eingeladen, die deinen Vater noch nicht kennen. Und es kommen zwei seiner Bestsellerautoren. Jason hat mich gebeten, dir zu sagen, dass Abendgarderobe erwünscht ist.«
Ich rümpfte die Nase. »Abendgarderobe?« Na klasse! Und das, wo das mit Abstand Eleganteste, was ich dabeihatte, mein geblümter Rock war. Wo zum Teufel sollte ich jetzt so schnell ein Cocktailkleid herbekommen?
Taylor erkannte mein Problem auf den ersten Blick. »Keine Sorge!«, beruhigte sie mich. »Mein Badeanzug hat dir gepasst. Unter meinen Kleidern finden wir bestimmt auch was, das dir gefällt.«
Ich
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