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Herz aus Glas (German Edition)

Herz aus Glas (German Edition)

Titel: Herz aus Glas (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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spöttische Stimme mich aus meiner Trance. Ich blinzelte und ich sah, dass David das Gleiche tat. Beide schauten wir erst zu Boden und dann Henry an. »Miss Primrose beobachtet euch!«, sagte er. »Ihr solltet nicht ganz so offensichtlich sein.«

N achdem er von Henry noch einen weiteren Drink erhalten hatte, kehrte David zu Kimmi zurück. Jason bemerkte, dass sein Sohn etwas Härteres trank als Wein. Er runzelte missbilligend die Stirn, sagte jedoch nichts dazu. David stieß mit Kimmi an, dann hob er sein Glas und prostete seinem Vater herausfordernd zu.
    Ich fragte mich, ob sich der harte Alkohol mit seinen Tabletten vertrug. Kimmi fing an, David mit ihren beringten Händen zu betatschen, und er ließ es über sich ergehen. Ich biss die Zähne zusammen.
    »Stell dich dazu!«, riet Henry mir. »Und tu so, als hättest du Besitzansprüche auf ihn. Dann lässt sie meistens die Finger weg.«
    Ungläubig sah ich ihn an. Langsam fühlte ich mich, als sei ich in einem von Dads Romanen gelandet, ohne es bemerkt zu haben. Der Wein, den ich zum Abendessen getrunken hatte, brachte meinen Kopf zum Kreisen. Ich bat Henry um ein Glas Limonade. Als ich es in den Händen hielt, klammerte ich mich daran fest, atmete einmal tief durch und ging zu David und Kimmi hinüber.
    Ich stellte mich dicht neben ihn, sodass es für sie aussehen musste, als sei ich mehr als nur eine gute Freundin.
    Kimmi hielt mitten in einem langatmigen Vortrag inne und warf mir einen missmutigen, stirnrunzelnden Blick zu.
    David hingegen sah mich dankbar an.
    Ich schob meine Hand unter seinen Arm und hakte mich mit aller Selbstverständlichkeit und Lässigkeit, die ich aufbringen konnte, bei ihm ein. Allein diese Berührung beschleunigte meinen Herzschlag deutlich. Seine Muskeln waren verspannt, das spürte ich.
    »Miss Primrose«, brachte ich das Gespräch an mich, »stimmt es, dass Sie gerade an einem Buch über die Insel schreiben?« Mein Vater hatte mir irgendwann kürzlich davon erzählt.
    Sie wirkte genervt von meiner Unterbrechung, war aber höflich genug, die Frage zu beantworten. »Ja. Es soll eine große Romanze werden, die in der Gesellschaft der Vierzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts spielt.«
    Große Romanze hieß bei ihr, für amerikanische Verhältnisse verblüffend viel nackte Haut und beschlagene Fenster.
    »Ach, schade!«, rief ich aus. »Nicht im 19. Jahrhundert? Das interessiert mich nämlich sehr. Haben Sie schon mal was von der City of Columbus gehört?«
    Kimmi nickte und leerte ihr Glas mit einem Zug. »Natürlich«, quetschte sie hervor. »Aber ich bin nicht so lebensmüde, mich damit zu befassen.« Sie zwinkerte zweimal, dann hatte sie endlich in ihre Rolle der feurigen Liebhaberin zurückgefunden. Sie warf David einen glühenden Blick zu. »Es weiß doch jeder, dass Frauen, die sich hier auf Sorrow verlieben, nicht lange leben.«
    Die Worte purzelten aus ihrem Mund und schlagartig war es totenstill im Raum. So still, dass sogar ihr selbst auffiel, dass sie voll ins Fettnäpfchen getreten war. »Was?«, fragte sie aufsässig in die Runde und wandte sich dann demonstrativ wieder an mich. »Wenn du an Informationen über die Inselgeschichte des 19. Jahrhunderts interessiert bist«, sagte sie kühl, »dann solltest du dich an Adam wenden.«
    »Adam?«, wiederholte ich. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass sich Davids Augen bei diesem Namen geweitet hatten. Ich schaute ihn an. Ganz sachte, kaum merklich, schüttelte er den Kopf.
    »Er hat in Chilmark ein kleines Museum«, erklärte Kimberley mir.
    Ich dachte an den Prospekt, den Rachel mir am Morgen gegeben hatte. »Davon habe ich schon gehört.«
    »Adam ist Spezialist für das 19. Jahrhundert, er kann dir bestimmt mehr über dieses Schiff erzählen.«
    Während Kimmi begann, wieder über sich selbst und ihre Bücher zu sprechen, sah ich David an. In seinen Augen stand plötzlich ein eigenartig flehender Ausdruck.
    »Was?«, flüsterte ich ihm zu.
    »Geh nicht zu Adam!«, bat er, aber als ich mit hochgezogenen Augenbrauen eine Erklärung einforderte, zog er sich wieder in sein inzwischen wohlbekanntes Schweigen zurück.
    David hielt die Situation noch mehr als anderthalb Stunden lang aus. Er sprach mit Roman und mit den beiden Lektorinnen, während ich von Suzie in Beschlag genommen wurde. Aber ich bemerkte, wie er immer öfter zur Tür blickte, und wusste, er sehnte sich danach, hier endlich rauszukommen.
    »Wenn wir nichts tun«, flüsterte Henry mir zu, als er mir ein neues Glas

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