Herz dder Pflicht
fingen gleichzeitig zu rennen an, stießen zusammen, fielen zu Boden, und der Ball landete zwischen ihnen. Über diesen vergnüglichen Anblick lachte Pandora so heftig, dass ihr die Tränen kamen. Die Spieler begannen zu klatschen, und Rob forderte sie auf: „Auf geht’s, Miss Pandora, zeigen Sie es ihm.“
Nachdem Richard und Jack sich wieder erhoben hatten, nahm Richard den Ball und rief dem triumphierenden Mädchen am anderen Ende des improvisierten Spielfeldes zu: „Dafür werden Sie bezahlen, Madam.“
Als Antwort streckte sie ihm erneut die Zunge heraus, worüber die anderen Spieler noch lauter lachten.
„Jetzt bin ich an der Reihe, Pandora“, brüllte Jack. „Ich habe seine angeschnittenen Bälle satt.“ Danach war alles umgekehrt. Pandora schlug ein paar Bälle, Rob folgte, dann erneut Richard, der Rob die Wurftechnik beigebracht hatte.
Das Spiel fand ein Ende, als Mrs. Rimmington und ein Dienstmädchen herauskamen und Tabletts mit Bechern voll Limonade und Ale brachten. Die Haushälterin schaute Pandora missbilligend an und sagte: „Oh, Miss Pandora, ich hatte keine Ahnung, dass Sie auch Kricket spielen. Jetzt habe ich Ihnen gar nichts zum Durstlöschen mitgebracht.“
„Macht nichts, ich teile mit ihr“, erwiderte Richard und reichte ihr seinen Becher. „Das ist kein Ale, Miss Compton, Sie können ruhig trinken, als Entschädigung dafür, dass Sie meinen angeschnittenen Bällen trotzen mussten.“
„Nicht viele kriegen das so gut hin“, stimmte Jack zu, bevor er einen Schluck von seiner Limonade nahm. „Hast du wirklich mit dem Sohn des Vikars Kricket gespielt, Pandora, oder war das eine Erfindung von dir?“
„Ja, das habe ich“, bestätigte sie mit einem Augenzwinkern, „aber erinnert ihn nicht daran. Inzwischen ist er ein ernsthafter, würdevoller Gentleman, der möglicherweise nicht gern an seine wilde Jugendzeit zurückdenkt. Ich bin heimlich aus dem Küchenfenster geklettert, um am Spiel auf der Wiese hinter dem Pfarrhaus teilzunehmen.“
Vor Richards geistigem Auge erschien das rührende Bild eines kleinen Mädchens mit rotblonden Haaren und grünen Augen, das über den Rasen der Pfarrei rannte. Der Eindruck war so deutlich, dass er sich an dem Ale verschluckte, mit dem ihn Mrs. Rimmington inzwischen versorgt hatte. Seine Belohnung war, dass Pandora ihn sanft auf den Rücken klopfte und ihn anwies: „Holen Sie ganz tief Luft.“
Anschließend stellte sie bedauernd ihren leeren Becher auf das Tablett zurück. „Ich sollte wohl ins Haus gehen“, sagte sie. „Rice hat mir vorhin die Kontobücher gebracht. Da wir heute Nachmittag nicht ausreiten, muss ich sie wohl durchgehen.“
Richard hätte sie gern gebeten zu bleiben, unterließ es indes, weil es nicht schicklich gewesen wäre. Er sah ihr nach, wie sie vergnügt zum Haus zurückschlenderte. Ihr Verschwinden warf einen Schatten auf den strahlenden Nachmittag, und das so sehr, dass Jack ihm Tagträumen vorwarf, weil er nicht aufpasste und ein Ball von Rob, den er hätte fangen sollen, an ihm vorbeiflog.
William passte Pandora ab, als sie unbemerkt an ihm vorbei ins Haus schlüpfen wollte. „Wo bist du gewesen?“, fragte er barsch. „Ich habe dich gesucht. Roger Waters ist hier.“
„Im Park. Ich brauchte Bewegung“, improvisierte Pandora. „Und da ich nicht den Wunsch habe, Roger Waters zu begegnen, solltest du das nicht von mir verlangen.“
„Nein, nein“, beeilte sich William zu versichern. „Du musst ihn nicht treffen. Ich habe dich gesucht, um dir zu raten, dich in deinem Zimmer zu verstecken. Ich habe ihm nämlich mitgeteilt, dass du zusammen mit Tante Em Pächter besuchst.“
Pandora starrte ihn an. „Habe ich dich richtig verstanden? Ich dachte, es wäre dein größter Wunsch, dass ich ihn heirate.“
„Ich habe meine Meinung geändert“, erwiderte William verbissen. „Auch war Sir John nicht damit einverstanden.“
Seit wann haben Sir Johns Wünsche irgendeinen Einfluss auf Williams Benehmen?, fragte Pandora sich verwirrt. Am besten begab sie sich sofort nach oben, bevor er erneut seine Meinung änderte und plötzlich doch darauf bestand, dass sie Roger Waters’ Frau wurde.
Während sie die Treppe hinaufging, beschäftigte sie sich in Gedanken mit einem anderen Rätsel. Ihr Leben, das lange in einem Meer tödlicher Langeweile verlaufen war, hatte sich plötzlich verändert. Es hatte ihr Ritchie gebracht, und durch ihn hatte sich ihr eine neue Welt eröffnet und ein Weg in eine Zukunft, die
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