Herz des Himmels (German Edition)
betrogen und die Vergangenheit schmerzte fast noch mehr als dieser Augenblick, in dem sie Fye ihre Gefühle gestand.
„Ich liebe dich“, wiederholte sie kraftloser als zuvor. Sie legte eine Hand an sein Gesicht und spürte seine Wärme, seine Nähe, die ihr den Verstand raubte und sie alles andere vergessen ließ. Wie konnte das nicht der Wahrheit entsprechen?
Kaithlyn legte den Kopf auf die Knie und unterdrückte einen lauten Aufschrei. Fye hatte Recht. Wieso musste Melora es auf diese Weise erfahren? Es waren doch ihre Gefühle und nicht Kaithlyns, doch in diesem Moment fühlte sich Kaithlyn so stark mit ihr verbunden, das Meloras Ignoranz unerträglich war. Ich bin ein Claimer. Ich spüre die Gefühle von anderen, ich nehme sie über ihre Aura wahr. Ich bin ein Claimer. Verflucht. Ich hasse das. Meloras wahre Gefühle waren hinter ihrer Liebe für Fye vergraben. So weit weg und doch so klar da.
„Ich werde dir hier und heute versprechen immer da zu sein, immer, aber mehr kann ich nicht tun. Es tut mir leid“, sagte Fye ruhig und löste Meloras festen Griff.
Kaithlyn konnte gut verstehen, das dieses Lächeln ihr wahrscheinlich das Herz brach. Sie bekam eine Gänsehaut und schloss die Augen. Sie fühlte sich gefangen, aber aus einem unerfindlichen Grund konnte sie auch nicht aufhören zuzusehen. Sie lugte wieder um die Ecke. Melora saß mit zitternden und ausgestreckten Händen keuchend auf dem Boden. Ihr Gesicht glühte so heiß, dass es ein Wunder war, das ihre Tränen nicht sofort versiegten. In dem Moment, als Fye sie losließ war sie auf den Boden gesackt. Ihre Augen wurden glasig und leer.
„Melora, ich bin nicht die Person, die du am meisten liebst. Ich sage das nicht, weil ich dich verletzen will, sondern weil auch du mir wichtig bist.“
Kaithlyn hatte sie noch nie so aufgelöst gesehen. Ob Fye es wollte oder nicht, seine Worte hatten die starke Melora zerstört. Fye hielt Melora eine Hand hin.
„Unsere Wege werden sich nicht trennen. Ich hoffe, du weißt das.“
Melora sah nicht einmal hin.
„Es ist egoistisch von mir, nicht wahr? Das ich mir wünsche, dass ich alles für dich bin, dass ich deine Liebe für mich alleine will. Es ist egoistisch…“ Sie ließ ihr Gesicht in die Hände sinken. „Ich kann dir nicht einmal mehr ins Gesicht schauen, weil ich mich so schäme! Bitte, geh…“, flehte sie. Fye gehorchte. „Fye“, hörte sie Melora weiter gebrochen flüstern und dann wurde es wieder still. Die Stille bohrte sich in jede Pore von Kaithlyns Körper.
Das goldene Licht der Abenddämmerung färbte den Raum in unzählige helle Farben und die Schatten der Nacht begannen aus ihren Löchern zu kriechen. Kaithlyn hatte so lange hier gesessen, das sie Angst vor dem hatte, was geschah, wenn sie endlich aufstand. Taubheit und Schmerz würden die Folge ihrer Starre sein. Ihr linker Fuß war eingeschlafen und durch sachtes Schütteln versuchte sie das Kribbeln, was von der Zehenspitze bis zum Knie reichte, zu vertreiben. Sie fühlte sich müde und hungrig. Während sie in ihrer Trance da gesessen hatte, war sie mehr als einmal zwischendurch eingenickt. Sie hatte nicht geträumt, nein, es war viel schlimmer gewesen. Kaithlyn erinnerte sich. Es war als würde sie in eine andere Welt abtauchen, hätte durch andere Augen gesehen. Sie hatte alles so deutlich vor sich gehabt, deutlicher als in jeder Vision. Vor ihren Augen flackerten rote Augen auf, nein, es waren ihre Augen gewesen. Sie hatte alles ganz klar sehen können. Sie hatte die Luft eingeatmet, mit solcher Leidenschaft bei jedem Zug, als wäre ihr das bisher nicht vergönnt gewesen. Es hatte nass und kalt, nach frischem Regen gerochen und…nach Feuer? Sie hatte durch Garus Geist gesehen. Wo war er? Warum sah sie ihn jetzt? Seine Gefühle waren so deutlich gewesen…Hass, Zorn, Angst, Erleichterung und Eifersucht.
Als sie die Augen öffnete wusste sie, dass etwas, was ihn betraf passiert war und dass es dazu führen würde, dass sie ihn bald wiedersehen würde. Sehr bald. Das Siegel an ihrem Handgelenk ließ es sie spüren. Es schmerzte nicht oder brannte, so wie am Anfang. Es war die lebendige Verbindung, die zu ihr sprach. Ihr ins Ohr flüsterte, doch die Kombination aus Traum und dieser echten Gewissheit war etwas Neues für Kaithlyn. Etwas Beängstigendes, genauso wie ihre Fähigkeit als Claimer. Oder gehörte das dazu?
Seit ihrem Training mit Meister Razzu, das dazu geführt hatte, dass sie ihre Zauberkräfte aktiver wahrnahm,
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