Herz des Himmels (German Edition)
ließ.
Kaithlyn seufzte. Das Klopfen an ihrer Tür ließ sie so heftig zusammen fahren, dass sie ganz plötzlich stocksteif und stumm da stand und mechanisch herein rief. Die Anwesenheit von Meister Razzu ließ sie noch unruhiger werden. Er sah sie mit seinen wässrigen Augen an und wie immer war es, als ob er sie musterte. Wie gewöhnlich trug er eines von seinen traditionellen Gewändern, die Kaithlyn immer an schrecklich hässliche Kleider erinnerten und in den knochigen Schmuck besetzen Fingern trug er eine bläuliche Schachtel.
„Guten Morgen, Miss Hayworth“, sagte er und es klang sehr Kontakt freudig. Vielleicht war dem Alten genauso langweilig wie ihr oder hatte sie etwa eine Trainingsstunde vergessen? Immerhin war es das erste Mal, seitdem sie ihn kannte, dass er außer den Trainingsräumen und dem Ruhezimmer oder seinem eigenen irgendwo auftauchte. Er ging nicht einmal zum Essen in das Speisezimmer. Die Dienstboten hatten sich schon heimlich über ihn beschwert. Kaithlyn hatte sie des Öfteren flüstern hören.
„Guten Morgen, Meister Razzu“, sagte sie, obwohl der Morgen schon lange vorbei war.
„Sie scheinen heute nicht in bester Verfassung zu sein. Sind Sie wohlauf?“, fragte er. Kaithlyn unterdrückte eine zynische Bemerkung. Warum fragte er das? Seit wann interessierte ihn das? Wieso sprach er überhaupt so viel in normalem und umgänglichem Ton?
„Alles okay, danke“, murmelte sie undeutlich.
„Ich bin gekommen, um ein Resümee aus unserem Unterricht zu ziehen und ihnen einen Eindruck ihrer Fähigkeiten zu vermitteln. Manche Leute neigen zu Selbstüberschätzung und ich will nicht der Verantwortliche sein.“
Er schien wieder der Alte zu sein, dachte sie. Selbstüberschätzung?
„Sie haben viel gelernt, in der kurzen Zeit, unter schwierigen Bedingungen, wie ich es nennen möchte.“
Es klang erfreut. Kaithlyn blinzelte. Träumte sie etwa noch? Meister Razzu faltete seine Hände zu einem dreieckigen Zeichen und verneigte sich. Kaithlyn machte es ihm aus Höflichkeit nach und kam sich mehr als albern vor.
„Sie waren eine unausgeglichene und impulsive Schülerin, Miss Hayworth und ich muss bemerken, dass die Zeit mit Ihnen nur meinen Eindruck verstärkte, dass Sie keinerlei besondere Eigenschaft zeigen würden, um ihr Talent nutzen zu können. Ihr anfängliches Wissen…davon wollen wir erst gar nicht anfangen…“ Kaithlyns Körper spannte sich noch härter an, aber nicht vor Aufregung, sondern vor ansteigender Wut. „Sie haben aber eine Gabe“, fuhr Razzu fort. „Kostbarer als Gold, wertvoller als Talent. Das was Sie ausmacht, sind der Mut und der Ehrgeiz etwas zu lernen und durchzuhalten. Diese unberechenbare Kraft ist durch ihren starken Willen geprägt und das ist etwas, was niemand erlernen kann. Sie haben die Gabe zu verändern, zu verstehen, zu überleben. Unter der richtigen Führung, werden Sie zu den Besten gehören. Ihre Zauberkräfte sind überwältigend ausgeprägt, auch wenn Sie dies vielleicht noch anders wahrnehmen. Diese Macht kombiniert mit ihrem Verstand ist eine tödliche Waffe. Vergessen Sie niemals, was das bedeutet, Miss Hayworth.“
Kaithlyn konnte ihren Ohren kaum trauen. Ihr Blick war auf Razzu geheftet und dann lächelte dieser auch noch. Er lächelte .
„Ich hoffe, ich konnte Sie vorbereiten, auf das was Sie erwarten wird. Und wie all meinen Schülern, möchte ich Ihnen etwas schenken.“
Kaithlyn wollte schon zögern, etwas einwenden, als er die blaue Schachtel öffnete und sie den Inhalt sehen konnte. Kaithlyn erkannte überrascht und gleichzeitig abgeneigt, dass es der kleine silberblaue Dolch war.
„Die Blauklinge?“
„Ja, in der Tat“, sagte der Alte. „Mir ist nicht entgangen, das Sie enorme Abscheu gegen mich hegten, von dem Moment an, da ich ihren Freund Kaine verletzte und er zusammenbrach, aber Sie sollten wissen, das dies eine echte Blauklinge ist. Damals beim Training habe ich lediglich eine Attrappe benutzt. Sie kennen die Wirkung. Sie erinnern sich, nehme ich an?“
Kaithlyn nickte verstört. „Aber, warum?“
„Eine echte Blauklinge vermag mit nur einem gezielten Stich zu töten. Diese Waffe wird Ihnen nützlich sein, das weiß ich.“
Ihr lief es eiskalt den Rücken herunter. Der Alte konnte unmöglich wissen, was sie wusste. Kaithlyn nahm die Klinge in die Hand. Sie glühte förmlich. Razzu hob den Boden der Schachtel, darunter war noch ein Fach. Er reichte ihr eine mit bunten Kristallen besetzte Lederscheide.
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