HERZ HINTER DORNEN
noch mehr als nur den Namen des Klosters verschwieg, in dem Roselynne angeblich lebte.
»Wenn es ihr gelingt, meine Zweifel auszuräumen, ja«, bestätigte er dennoch nach kurzem Zögern.
»Dann begebt Euch zum Kloster der Nonnen von Montivilliers. Die Äbtissin ist meine Tante Laurentine du Gard. Sie hat Roselynne bei sich aufgenommen«, erwiderte der normannische Ritter tonlos.
»Ein Kloster in der Normandie!« Der Baron fuhr sich mit der Rechten unwirsch durch die Haare. »Kein Wunder, dass wir sie in England nicht gefunden haben. Weshalb habt Ihr sie über den Kanal geschleppt?«
»Ich habe sie nicht entführt und auch nicht irgendwohin geschleppt«, verwahrte sich der Graf gegen diesen Vorwurf. »Sie bat mich, ihr zu helfen, und ich fühlte mich verpflichtet, das zu tun. Fragt sie selbst und sie wird es Euch bestätigen. Ich bin es Leid, von aller Welt für einen ruchlosen Schurken ohne Prinzipien gehalten zu werden. Ich habe Fehler gemacht, gewiss. Aber ich hatte zumindest Motive, auch wenn es die falschen waren, und ich bin bereit, die Folgen zu tragen.«
»Man könnte meinen, Ihr legt es darauf an, Euren Hals unter das Schwert des Henkers zu legen«, wunderte sich der Baron.
»Es würde die Sache verkürzen«, entgegnete d'Amonceux mit jener gefährlichen Ruhe, die den Sachsen so verwirrte. »Was habt Ihr stattdessen mit mir vor?«
»Ihr bleibt in Gewahrsam, bis Roselynne Eure Worte bestätigt hat, danach seid Ihr frei. Ich habe keine Händel mit Euch. Begebt Euch nach d'Amonceux und lasst Rufus Zeit zum Vergessen. Die Zukunft wird weisen, ob er Euch in Gnaden wieder aufnimmt.«
»Darauf hoffe ich nicht. Ich habe vor der Schlacht eine Urkunde unterzeichnet, die d'Amonceux mit allen Ländereien, Dörfern, Burgen und Befestigungen der Krone zurückgibt«, erklärte Justin kalt. »Ich nehme an, Rufus findet dieses Papier unter den Nachrichten auf seinem Schreibtisch, wenn er Zeit findet, sich damit zu beschäftigen.«
»Zum Donner, warum?« Ryan of Hythe bemerkte, dass Jacques seine Überraschung nicht teilte. Der Diener des Grafen wusste offensichtlich über diese Urkunde Bescheid. »Was habt Ihr vor?«
»Ich werde ins Heilige Land ziehen. Man braucht dort Schwerter, welche die geweihten Stätten der Christenheit verteidigen«, gab der Verletzte seine Pläne hörbar widerstrebend preis.
Mit einer Mischung aus Respekt und Verblüffung betrachtete Ryan of Hythe den Normannen, der nun die Augen schloss, als hätte er damit alles preisgegeben, was der Sache diente. Wieso hatte er Rufus nicht gesagt, dass er ihm ein Vermögen schenken wollte? »Warum tut Ihr das?«
Die Lider hoben sich noch einmal und gaben einen eisblauen Blick frei. »Es scheint mir die einzig ehrenwerte Möglichkeit, die mir bleibt. Der König hat mich einen Verräter genannt, und ich kann ihm nicht widersprechen. Ich habe für die falsche Seite die falschen Dinge getan. Es ist an der Zeit, das Richtige zu tun.«
Beeindruckt neigte der Baron den Kopf. Wie seltsam, dass er ausgerechnet in diesem Moment, da sich ihre Wege trennten, nachvollziehen konnte, was Rufus in dem Grafen gesehen hatte. Aber auch, warum sich die ahnungslose Sophia-Rose in jugendlicher Unschuld in dieses Idealbild eines Ritters verliebt hatte. d'Amonceux mochte seine Mängel haben, aber er zeigte sich als Mann, der dafür einstand und Verantwortung übernahm.
»Ruht Euch aus, bis ich zurück bin«, verabschiedete er sich von seinem Gefangenen. »Wenn Ihr Euren Weg ins Heilige Land nehmen wollt, braucht Ihr nicht nur Gottvertrauen, sondern auch eine stabile Gesundheit.«
Er verließ mit schnellen Schritten die Kammer und Justin begegnete dem Blick seines Milchbruders mit einer merkwürdigen Grimasse. »Mir scheint, Sophia-Rose de Cambremer war doch nicht so dumm und flatterhaft, wie ich geglaubt habe.«
Jacques gab einen undefinierbaren Laut von sich. Er war weder mit den Plänen seines Herrn noch mit seiner fatalistischen Sicht der Dinge einverstanden. In nächtelangen Diskussionen hatte er versucht, seinen Freund daran zu hindern, Vermögen und Lehen einfach aufzugeben. Allein, es war ihm nicht gelungen. Seit sich die Tore des Klosters von Montivilliers für immer hinter der jungen Lady Roselynne geschlossen hatten, war er nicht mehr derselbe.
22. Kapitel
Im Kreuzgang des Klosters wechselten sich Schatten und Sonnenflecken ab, und im Innenhof dazwischen flogen die Bienen zwischen den Buchsbaumrabatten von einem Kräuterbeet zum anderen. Ein emsiges Summen
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