HERZ HINTER DORNEN
sauberer Rinde ein Häufchen aus letzten Haselnüssen und verschrumpelten Brombeeren. Zwei wilde Birnen vervollständigten das Morgenmahl und über seiner Schulter baumelte verheißungsvoll der lang gestreckte Leib eines mageren Hasen. Roselynne hörte ihren Magen lautstark knurren und auch die beiden Männer vernahmen das Geräusch. Sie nahm die Früchte dankbar an.
»Ihr sorgt gut für die Braut Eures Kriegsherrn, Mac-Donald«, formulierte sie ihren Dank so, dass der Graf keinen Einspruch dagegen erheben konnte.
Der junge Schotte blinzelte verblüfft. Es hatte sich wirklich einiges geändert zwischen der Lady und seinem Anführer.
Der Verlauf des Tages bestätigte dies auch für die übrigen Männer und die Stimmung des Reisetrupps stieg wie durch ein Wunder. Vielleicht lag es auch daran, dass die Sonne an diesem Morgen über einem blank geputzten, blassblauen Himmel aufging. Sie spendete nicht mehr viel Wärme, aber schon die Trockenheit war ein Segen nach all dem Regen.
Das Land um sie herum prunkte in den schönsten Herbstfarben, und Roselynne entdeckte in der Ferne eine feine rauchige Linie aus Bergkuppen.
»Ist das Eure Heimat?«, erkundigte sie sich wissbegierig bei dem Schotten.
»Beileibe nicht«, entgegnete er entrüstet. »Das sind ja nur Hügel. Warte, bis du das Hochland siehst. Es gibt keinen Ort auf dieser Insel, wo die Luft klarer ist und der Himmel näher.«
»Steht dort Eure Burg?«
Ihre nächste Frage schien ihn in Bedrängnis zu stürzen. Es dauerte ein paar Herzschläge, bis er vorsichtig, aber ehrlich Antwort gab.
»Es ist weniger eine Burg, wie du sie aus dem Süden kennst. Unsere Clanführer leben in Wehrtürmen, die sich gut verteidigen lassen, wenn sie angegriffen werden. Rundherum liegen die Häuser und Hütten des Ortes, aber im Notfall können sich alle hinter die schützenden Mauern des Broch zurückziehen.«
Roselynne, die im Schatten des mächtigen Rosenturmes von Hawkstone aufgewachsen war, konnte sich unschwer vorstellen, wovon er sprach. Auch ihre Ahnen hatten sich einst hinter den Mauern eines Wehrturmes in Sicherheit gebracht, denn die weitläufigen Hallen und Gärten der alten römischen Villa waren im Fall eines Angriffs kaum zu verteidigen.
War es tatsächlich ein Zeichen des Schicksals, dass sie nun im Norden in einem anderen Turm leben sollte? Sie klammerte sich an diesen Gedanken wie an einen Rettungsanker. Er versprach Schutz für das Kind.
»Lasst Ihr mich dort, wenn Ihr im Frühling in den Krieg zieht?«, setzte sie ihre Fragen fort und spürte, wie der Reiter hinter ihr erstarrte.
»Was redest du da vom Krieg, Mädchen ...«
»Ich habe Ohren und Augen. Ihr tragt das Versprechen von Robert Kurzhose bei Euch. Ihr wollt Euch mit ihm verbünden, um England zu vernichten. Euer Gerede vom Frieden ist nur Lüge.«
»Du hast uns belauscht!« Es gab nur eine Erklärung für diese Anklage, und auch Robert Duncan war imstande, aus Einzelheiten ein Bild zusammenzusetzen.
»Ich war schon vor Euch im Garten.« Roselynne sah keinen Grund, etwas zu verschweigen. »Niemand geht sonst dorthin. Nicht einmal bei Tag. Seit die Königin gestorben ist, regiert dort das Unkraut.«
»Zum Donner ...«, knurrte der Graf beunruhigt. »Hast du mit jemandem über die Dinge gesprochen, die du aufgeschnappt hast?«
»Ihr habt mir keine Gelegenheit dazu gelassen«, erwiderte Roselynne wahrheitsgemäß.
Dieses. Mal beschränkte sich die Antwort ihres Entführers auf einen weiteren seiner gälischen Flüche.
Roselynne quittierte ihn mit einem kaum angedeuteten Achselzucken. »Ich bin in Eurer Gewalt. Was könnt Ihr mehr tun, um Euch meines Schweigens zu versichern? Ich habe keine Möglichkeit, Euch zu verraten.«
»Gütiger Himmel, ich habe nicht geahnt, was in dir steckt, Lady Roselynne.«
Dieses Mal verbarg Roselynne ihr Lächeln. An Ausrufe dieser Art gewöhnt, kümmerte sie sich nicht weiter um das Erstaunen des Mannes. »Was wird also aus mir, wenn Ihr in den Krieg zieht?«, kam sie wieder auf ihre ursprüngliche Frage zurück.
»Bis dahin trägst du mit Sicherheit meinen ersten Sohn und wirst im Schutze meines Clans seine Geburt erwarten«, erklärte er nach einem kurzen Zögern. »Mit Kriegshändeln hast du nichts zu schaffen.«
»Aber Ihr kämpft gegen die Männer meiner Familie. Vielleicht steht Ihr meinem Vater, meinem Schwager auf dem Schlachtfeld gegenüber. Ich will nicht, dass Ihr sie tötet.«
Die unverblümte Forderung machte ihn nur noch gereizter.
»Ich will,
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