Herz im Zwiespalt (German Edition)
zweischneidiger Stahl und sein Gesicht war eine Maske des Zorns.
Hure, dröhnte es in seinem Kopf, und seine Hände ballten sich so fest zu Fäusten, dass seine Knöchel weiß hervortraten. Verdammt, er hatte geahnt, dass sie sich nicht gerade durch Keuschheit auszeichnete. Schließlich war er nicht so überheblich zu glauben, dass sie nur in seinen Armen erbebte. Dazu besaß sie einfach zu viel leidenschaftliches Feuer. Dass er ihre zügellosen Ausschweifungen jedoch mit eigenen Augen sehen musste, war beinahe mehr, als er ertragen konnte. George schalt sich einen verfluchten Narren. Er war ihr heute Abend gefolgt, um sich bei ihr für sein ungebührliches Verhalten vom Nachmittag zu entschuldigen. Er konnte ihre Tränen einfach nicht vergessen. Seit Stunden schon plagten ihn ihretwegen Gewissensbisse. Er war tatsächlich ein Narr.
Unfähig, noch länger mit anzusehen, wie Lizz sich schamlos in den Armen dieses Taugenichts räkelte, wandte er sich ab und verschwand in der Nacht.
»Was für eine stürmische Begrüßung«, meinte David lächelnd und drückte sie sanft.
»Ich habe mir ja solche Sorgen um dich gemacht«, gestand Lizz ehrlich und schaute zu ihm auf. »Weshalb hat deine Rückkehr denn so lange gedauert? Die Gerüchte über deine Rache an den Engländern sind bereits gestern bei uns eingetroffen.«
Wie ein Lauffeuer hatte sich herumgesprochen, dass die Rache des schwarzen Ritters ganz England erschüttert hatte. Man sagte, Henry sei am Morgen nach dem schändlichen Überfall auf Canonbie mit einem Präsent überrascht worden, das ihm die Zornesröte ins Gesicht getrieben habe. Der schwarze Ritter hatte ihm ein Fuhrwerk mit den getöteten Leibern der englischen Krieger geschickt – allerdings ohne deren Köpfe. Dazu hatte der König ein Schreiben erhalten, in dem der schwarze Ritter ihm seine besten Grüße und eine enorm hohe Lösegeldforderung zukommen ließ. Obwohl der Gedanke Lizz nicht gerade behagte, dass der Mann, den sie liebte, Leuten kaltblütig die Köpfe abtrennte, musste sie ihm doch ihre Anerkennung zollen. Es war ein überaus gerissener Schachzug gewesen. Engländer waren mindestens ebenso abergläubisch wie Schotten. Sie glaubten, dass die Seelen der Verstorbenen nur Frieden finden konnten, wenn Kopf und Rumpf gemeinsam dem Erdreich übergeben wurden. Falls sich Henry also weigern sollte, das Lösegeld für die fehlenden Köpfe zu bezahlen, schaffte er sich erbitterte Feinde in den eigenen Reihen. Einen solchen Verstoß gegen die Kirche würde ihm niemand verzeihen. Als Lizzys Vater davon gehört hatte, hatte er sich vor Begeisterung auf die Schenkel geschlagen und verkündet: »Henry wird blutenden Herzens bezahlen. Dieser Bastard wird es sich beim nächsten Mal zweimal überlegen, ob es sich wirklich lohnt, die schottische Grenze zu überqueren, wenn er jedes Mal für den Wiederaufbau der zerstörten Dörfer selbst aufkommen muss.«
»Ich kam so schnell zurück, wie ich konnte«, erklärte David sanft und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. »Ah, wie sehr habe ich dich vermisst, meine Liebste. Keine Minute ist vergangen, ohne dass ich in Gedanken bei dir gewesen bin.«
Lizz errötete vor Freude über dieses unerwartete Kompliment. »Wirklich?«
Er nickte lächelnd, doch plötzlich wirkte sein Gesicht ausgesprochen ernst. Seine Augen fixierten Lizz mit solcher Intensität, dass sie unweigerlich den Atem anhielt. Sie war sich sicher, dass er sie gleich küssen würde, hoffte es von ganzem Herzen, damit er ihre nagenden Schuldgefühle und ihre Ängste gänzlich ausräumen konnte. Stattdessen sank David vor ihr auf ein Knie und fasste nach ihrer Hand. Leidenschaftlich presste er seine Lippen in ihre Handfläche. Lizzys Herz hämmerte plötzlich wie wild. »Elizabeth, ich kann meine Gefühle nicht länger leugnen«, stieß er leidenschaftlich hervor. »Ich liebe dich seit unserer ersten Begegnung. Jede Nacht liege ich wach und sehne mich nach deiner Nähe. Ich weiß, ich versprach, dir den Hof zu machen. Dich in den nächsten drei Monaten so heißblütig zu umwerben, wie es dir auch zusteht, doch ich kann nicht länger warten. Werde meine Frau, Elizabeth. Lass mich diese Qualen der Einsamkeit nicht länger erleiden.«
Unfähig, sich zu bewegen oder auch nur einen klaren Gedanken zu fassen, starrte Lizz in sein hübsches Gesicht. David war alles, was sie sich jemals erträumt hatte. Er war mutig und selbstlos, wie sein Doppelleben als schwarzer Ritter nur allzu deutlich bewies.
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