Herz in Gefahr (German Edition)
Nähe vor ihnen. Robin stand an der Schiffswand und klammerte sich mit beiden Händen an die Reling, um nicht von Bord gespült zu werden. Doch mit dem Bruch des Segelmastes war nun jede Hoffnung für das Schiff verloren, die sichere Küste wieder erreichen zu können. Das Meer mit seiner geheimnisvollen, mächtigen Kraft hatte es in seinen Bann gezogen. Manövrierunfähig taumelte es auf den Wellen herum, beugte sich nach links, weit und immer weiter der brüllenden See entgegen, die ihren dunkelblauen Schlund gierig danach aufriss. Robin sah sich um. Die Matrosen und die anderen Männer klammerten sich so gut sie irgend konnten an der Schiffswand oder an den übrigen Masten fest. Die Kogge wird untergehen!, dachte er. Wie viel Zeit haben wir noch?
Welle um Welle überflutete das Deck, drang ins Innere des Schiffes und trieb die Frauen und Kinder zurück nach oben. Ein jeder kämpfte verzweifelt und verbissen um sein Leben. Niemand achtete auf die Befehle der anderen, jeder dachte nur an sich und daran, wie er sich retten konnte.
Robin ließ die Reling los, die sich weiter und weiter dem tobenden Meer näherte und versuchte, gegen die Naturgewalten ankämpfend, auf die andere, höhere Seite des Schiffes zu gelangen.
Auf Händen und Knien robbte er über das glitschige Schiffsdeck, krampfhaft nach jedem Gegenstand greifend, der Halt versprach. Zentimeter für Zentimeter kämpfte er sich näher an den Mast. Eine neue Welle kam. Die Woge schlug über ihm zusammen. Mühsam gelangte Robin nach oben und schüttelte das Wasser von sich wie ein Hund. Seine Kleider klebten ihm am Leibe, aus den langen, dunklen Haaren floss das Wasser über sein Gesicht, drang ihm salzig brennend in Nase, Mund und Augen. Er streckte die Hand aus, wollte nach dem rettenden Mast greifen – doch in diesem Moment fühlte er einen Stiefeltritt gegen seine Rippen donnern, der ihn zur Seite warf. Er knallte auf den Rücken, lag da wie ein Käfer, und erblickte über sich das hämisch grinsende Gesicht von Sir Matthew Warthorpe.
»Habe ich dich endlich erwischt, du Laus!«, schrie Warthorpe gegen den Sturm an, doch so, dass Robin ihn gut verstehen konnte. »Diesmal musst du sterben. Deine Stunde ist gekommen.«
Matthew zog sein Schwert aus der Scheide und hieb nach dem wehrlos am Boden liegenden Bloomfield. Doch Robin hatte trotz der schweren Kleider nichts von seiner Schnelligkeit und Wendigkeit eingebüßt. Blitzschnell warf er sich herum, griff nach Warthorpes Beinen und zog ihm mit einem kräftigen Ruck die Füße weg, sodass dieser mit dem Rücken zuerst lang auf die Schiffsplanken schlug. Eine erneute Welle kam ihm zu Hilfe. Während das Wasser über die Liegenden hinwegströmte, gelang es Robin, Warthorpes Kopf auf die Planken zu drücken. Er bekam den Arm, der das Schwert hielt, zu fassen. Sie lagen übereinander, kämpften verbissen um das Schwert. Warthorpe hielt die Waffe so fest in der Hand, dass seine Fingerknöchel spitz und weiß hervortraten. Robin hatte Warthorpes Handgelenk umklammert, stemmte sich mit aller Kraft dagegen, versuchte, die Hand niederzuzwingen. Millimeterweise näherte sich Matthews Hand dem Boden. Noch einmal bot Robin alle seine Kräfte auf und zwang Warthorpes Hand endlich auf das Deck. Hart schlugen die Fingerknochen auf den Planken auf.
Eine neue Welle kam, rauschte über die beiden hinweg. Robin nutzte den Moment, den Matthew brauchte, um das Wasser, das ihm in den Schlund gedrungen war, auszuspucken. Mit aller Kraft hob er Warthorpes Hand, riss sie hoch und knallte sie erneut auf das Deck. Mit einem Schmerzenslaut ließ Matthew das Schwert fahren. Die nächste Welle kam und schleuderte die Waffe weit von den beiden Kämpfenden weg. Sie versuchten, auf die Füße zu kommen, denn die Meeresmassen hatten das Deck unterdessen knietief unter sich begraben.
Der Sturm heulte auf, Donner krachte, Blitze zuckten, und der Hagel hatte sich in einen kräftigen Regen verwandelt, der in wahren Sturzbächen vom Himmel strömte. Die Kämpfenden hielten sich umschlungen, und ein außenstehender Beobachter hätte nicht zu sagen gewusst, ob sie miteinander rangen oder sich gegenseitig stützten.
Matthew kam als Erster wieder auf die Beine. Seine Wunde am Arm hatte erneut zu bluten begonnen und die Schmerzen ließen ihn aufstöhnen. Ein winziger Moment der Unaufmerksamkeit hatte genügt, um auch Robin hochkommen zu lassen. Erst jetzt sah dieser den blutdurchtränkten Verband. Er packte Matthew an den Aufschlägen seines
Weitere Kostenlose Bücher