Herz in Gefahr (German Edition)
Wamses und hielt ihn gepackt. Beide Männer keuchten. War es Schweiß oder war es der Regen, der ihnen über die nassen Gesichter lief?
Sie hingen keuchend aneinander, eine Handbreit nur neben dem Mast. Doch keiner der beiden ließ den anderen los, um sich am Mast festzuhalten. Zu groß war die Angst, dass der andere jede Gelegenheit nutzenwürde, um einen tödlichen Schlag auszuführen. Denn es war ein Kampf auf Leben und Tod, den Robin Bloomfield und Sir Matthew Warthorpe auf dem Deck der sinkenden Princess of Ocean miteinander ausfochten. Und während Matthew Robin wahrhaftig nach dem Leben trachtete, galten Bloomfields Gedanken einzig dem Ring mit dem blutroten Rubin, den Warthorpe noch immer an einem Finger der linken Hand trug. Ich muss dich besiegen, brauche dich lebend, denn nur so bist du mir von Nutzen, dachte er. Ich werde dich zwingen, werde alle Kraft, die noch in mir wohnt, einsetzen, um dich vor den Erzbischof von Canterbury zu bringen. Erst musst du mir helfen, meine Unschuld am Tod von Andrew Waterhouse ein für alle Mal zu beweisen, und dann soll dich der Teufel holen. Gesicht an Gesicht standen sie einander gegenüber, taxierten sich mit den Augen, in denen der Hass heller funkelte als tausend Kerzen. Ein jeder spürte den keuchenden Atem des anderen auf seinem Gesicht, sah verbissene Lippen, angespannte Muskeln. Sie rangen ohne viele Bewegungen miteinander, fixierten sich wie die Schlange das Kaninchen vor dem tödlichen Biss. Mit einem Ruck schleuderte Robin plötzlich den Widersacher mit der verletzten Schulter gegen den Mast. Matthew heulte auf, und für einen Augenblick schwanden ihm die Sinne. Er taumelte, ruderte haltsuchend mit den Armen, seine Hände griffen ins Leere, verfehlten den rettenden Mast. Eine neue Welle, um ein vielfaches größer und gewaltiger als alle vorherigen, brauste heran, drang über das Deck, knickte den Mast wie einen dürren Ast und spülte alles über Bord, was keinen Halt gefunden hatte. Robin, der in letzter Sekunde eine Strickleiter fassen konnte, geriet unter Wasser, kämpfte sich spuckend und hustend wieder nach oben, sah, wie die Welle den haltlosen Kontrahenten ergriff und ihn über Bord spülte. Ein verzweifelter, ungläubiger Schrei war alles, wasvon Sir Matthew Warthorpe auf dem Deck der Princess of Ocean zurückblieb.
Neben Robin brach ein Teil der hölzernen Schiffswand los, schlitterte auf den Wassermassen über Deck. Robin griff danach, hielt sich daran fest, wurde mitsamt den losen Planken über die Reling hinaus auf die offene, brüllende See geschleudert. Die Wellen fingen ihn auf, wiegten ihn stürmisch, schleuderten ihn hin und her, ließen ihn tanzen wie eine Marionette. Krampfhaft hielt sich Robin an den Planken fest, versuchte, den Oberkörper hochzustemmen, sich auf das Holz zu stützen und sich ganz hinaufzuziehen. Endlich hatte er es geschafft. Erschöpft lag er auf den Planken, den Blick auf die rettende Küste gerichtet, und rang gierig nach Luft. Plötzlich erblickte er nur wenige Meter vor sich einen Kopf, der kurz aus den wogenden Meeresmassen auftauchte und sogleich wieder in die Tiefe gerissen wurde. Erneut kam der Kopf über Wasser, spuckte, hustete verzweifelt, ehe die Wellen ihn abermals packten und nach unten drückten. Robin ruderte auf seinen Holzplanken mit allen Kräften, die ihm nach dem Kampf gegen Matthew und die Naturgewalten noch geblieben waren, auf den Menschen zu, mit dem das Meer sein grausames Spiel trieb. Noch einmal tauchte der Kopf auf, hing leblos nach vorn, hustete nicht mehr, spuckte nicht mehr. Es schien, als hätte das Meer soeben wieder einmal ein Opfer gefordert und wäre dabei, dieses in seine unendlichen Tiefen zu entführen. Robin blickte aufmerksam hin. Da, nur einen Fuß entfernt leuchtete ein weißes Hemd unter der Meeresoberfläche auf, versank, wurde blasser und blasser, kam erneut nach oben, tauchte aus den Fluten auf, sank erneut hinab. Robin hechtete mit einem Sprung von seiner Holzplanke in die tobenden Wellen, wurde gepackt und unter Wasser gedrückt. Er drehte sich um sich selbst wie ein Kreisel, seine Arme ruderten suchendumher. Ein Stück Stoff glitt durch seine offenen Finger. Robin fasste danach, bekam es zu halten, zog es näher heran. Er umschlang die leblose Gestalt, die hilflos unter den Wogen trieb, zog sie nach oben, prustete, sog gierig Luft in seine Lungen. Mit den Beinen ruderte er verzweifelt, um nicht unterzugehen. Die Hände packten den Kopf des Ertrinkenden, zogen ihn an
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