Herz in Gefahr (German Edition)
Margaret so sehr, dass es auch Robin und Helen bemerkten. Ihr Gesicht wurde aschfahl, sie hielt die Augen im sprachlosen Entsetzen unverwandt auf den Ring gerichtet, und ihr Mund war zu einem lautlosen Schrei geöffnet. Ihre Hände hatte sie um die Schultern von Helens kleinem Bruder gekrallt, der sich unwillig dem festen Griff zu entziehen suchte.
»Was habt Ihr? Ist Euch nicht wohl?«, fragte LordRobin die Kinderfrau und berührte sie leicht mit der beringten Hand am Ärmel. Margaret zuckte vor der Berührung zurück, als wäre sie vom Blitz getroffen, und wich einen Schritt nach hinten. »Nichts, es ist nichts«, stammelte sie und wandte sich unvermittelt ab.
Helen hatte die Szene mit höchster Verwunderung beobachtet. Noch nie hatte sie ihre Kinderfrau so außer Fassung erlebt. Es musste etwas Ungeheuerliches gewesen sein, das Margaret so sehr in Angst und Schrecken versetzt hatte. Es schien gerade so, als hätte sie im Glanz des blutroten Steines den Teufel erblickt. Helen nahm sich vor, die Kinderfrau bei nächster Gelegenheit danach zu befragen.
Inzwischen hatten sie das Kopfende der Tafel erreicht und nahmen Platz. Neben Lord Robin kam Helens Vater zu sitzen, und neben der Braut hatte der Ehrengast des heutigen Tages, der junge Earl of Clifford, dessen Vater vor wenigen Monaten in Frankreich den Tod gefunden hatte, Platz genommen. Als sich alle übrigen Gäste wieder um die Tafel versammelt hatten, verkündete der Earl of Clifford in einer feierlichen Rede die Verlobung von Lord Robin Bloomfield und Helen Waterhouse. Alle Anwesenden erhoben sich von ihren Sitzen und tranken auf das Wohl des jungen Paares. Nur Sir Matthew, der dem Wein bereits reichlich zugesprochen hatte, blieb auf seiner Bank hocken, als hätte er nichts gehört und gesehen. Mit unbewegter Miene betrachtete er die beiden Verlobten. Als Helen in seine Richtung schaute, nahm er seinen schweren Silberpokal zur Hand, trank ihn auf einen Zug aus und stellte das leere Gefäß mit einem zynischen Lächeln auf seinen Platz zurück, ohne der Braut die Ehre des Zutrinkens zu erweisen. Helen, der diese offensichtliche Unhöflichkeit das Blut in die Wangen trieb, beschloss, sich von Sir Matthew nicht den schönen Tag verderben zu lassen, und wandte den Blick von ihm ab. Nun trugendie Diener die ersten Platten mit den Speisen des zehngängigen Menüs auf. Es gab die verschiedensten Fleischsorten. Von Spanferkel, Wildbret, eingelegten Ochsenzungen, geschmortem Hammel- und Ziegenfleisch bis hin zu gebratenen Enten und Hühnern war alles geboten, was das Herz begehrte. Die Tafel bog sich bald unter den Gerichten, die während der nächsten Gänge noch um Fisch, Quarkspeisen, Käse und Obst ergänzt wurden. Dazu wurden französischer Wein, einheimisches Ale aus der burgeigenen Brauerei und ein Honigtrunk namens Met gereicht. Doch die Krönung des Festmahles war unbestritten der gebratene Schwan, eine seltene Delikatesse, die der Earl of Clifford dem jungen Paar gestiftet hatte. Den Abschluss des Festmahles bildeten erlesene Süßspeisen wie kandierte Früchte, wohlschmeckendes Konfekt und aromatische kleine Kuchen aus Ingwer, Mehl und Nüssen. Helen hatte vor Aufregung nur wenige Bissen hinunterbringen können, während Robin dem Festschmaus mit gesundem Appetit zusprach. Endlich räumten die Diener die leeren Platten ab, und bald darauf unterhielten die Gaukler und Possenreißer die Gäste mit ihren Darbietungen. Feuerschlucker traten auf, Artisten jonglierten mit Bällen und brennenden Fackeln, und ein Sänger gab seine Lieder zum Besten.
»Meint Ihr, es dauert noch lange bis zum Tanz?«, fragte Helen ihren Bräutigam und konnte sich vor Erwartung kaum auf ihrem Sitz halten. Unruhig wippte sie mit den Füßen auf und ab. Robin nahm ihre Hand in die seine und sah sie belustigt an.
»Ist es nicht an der Zeit für die vertraulichere Anrede, wie es unter Brautleuten üblich ist?«, fragte er mit leisem Spott. »Oder fürchtest du, mir damit zu nahe zu treten?«
Helen sah ertappt zu Boden, doch gleich darauf siegte ihre Schlagfertigkeit über die Scham.
»Ich werde nach dem Tanz entscheiden, ob Ihr es verdient, von mir geduzt zu werden«, erwiderte sie keck.
Lord Waterhouse, der dem Wortwechsel erheitert zugehört hatte, lachte nun lauthals.
»Mein lieber Robin, ich fürchte, ich muss Euch warnen. Helen ist eine Kratzbürste, die sich lieber die Zunge verbrennt, als sich Eurem Willen widerstandslos zu beugen. Als künftiger Ehemann werdet Ihr es nicht
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