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Herz in Gefahr (German Edition)

Herz in Gefahr (German Edition)

Titel: Herz in Gefahr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Thorne
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gebracht. Er saß ab, ging zu dem Jungen und beugte sich über ihn. Andrew, von dem rasenden Schmerz in der Brust halb wahnsinnig und unfähig zu sprechen, sah über sich nur die Wipfel der Bäume, den strahlend blauen Himmel und das wutverzerrte Gesicht eines Mannes, dem die Zornesröte auf denWangen brannte. Eine gewaltige Ader trat auf seiner Stirn dick und blau hervor. Obwohl die jähzornige, rote Fratze den Jungen entfernt an irgendjemanden erinnerte, hätte er nicht zu sagen gewusst, wer der Mann war. Mit aller Kraft holte der Fremde nun aus und versetzte dem am Boden liegenden Knaben einen solch gewaltigen Schlag mit dem Handrücken, dass der kleine Kopf wie ein Ball zur Seite geschleudert wurde. Das letzte, was Andrew wahrnahm, bevor eine sengende Hitze seinen schmalen Körper durchglühte, war das Aufblitzen eines Ringes mit blutrotem Stein und die Worte des Mannes, der unbeherrscht schrie: »Wegen dir verfluchtem Wicht habe ich den Hirsch verloren!« Dann versank er in eine tiefe Bewusstlosigkeit. Doch den Reiter kümmerte das Schicksal des verwundeten Kindes nicht. Genauso schnell, wie er abgestiegen war, erklomm er sein Ross wieder, ließ es die Peitsche spüren und verschwand eilig im Dunkel des Waldes.
    Helen und Margaret hatten die wütenden Rufe des Reiters und das Getöse des flüchtenden Tieres vernommen. Schnell erhoben sie sich vom Boden und blickten in die Richtung, aus der der Lärm erklang.
    »Andrew!«, schrie Helen mit markerschütternder Stimme. Sie raffte ihre Röcke und rannte, ungeachtet der Zweige und Äste, die ihr ins Gesicht und an die bloßen Beine schlugen, auf die Waldlichtung zu. Auch Margaret hatte das Messer und die Pflanzen achtlos fallen gelassen und folgte Helen, so schnell sie konnte. Doch die Frauen waren zu weit entfernt, um den Gang des Geschehens beeinflussen oder gar stoppen zu können. Im Laufen sahen sie den mächtigen Hengst hoch aufsteigen, hörten den dumpfen Schlag, als der gewaltige Huf die Brust des kleinen Jungen traf und ihn niederschmetterte.
    Helen rannte, als ginge es um ihr Leben. »Andrew,Andrew!«, rief sie immer wieder verzweifelt. Doch der Junge, der mit dem Hinterkopf zuerst auf dem Waldboden aufgeschlagen war, schien sie nicht zu hören. Bewegungslos lag er da, mit dem Gesicht nach oben, eine Hand auf die schmerzende Brust gepresst. Hinter sich hörte Helen den stoßweisen Atem der alten Kinderfrau, vor sich sah sie, wie der Fremde mit der großen Kapuze sich über den Jungen beugte und ihm mit aller Kraft ins Gesicht schlug.
    »Nein, nicht!«, schrie Helen flehend. Plötzlich brach ein Sonnenfinger durch die Bäume und fing sich auf der Hand des Mannes, die zum Schlag ausholte. Die beiden Frauen sahen, wie ein blutroter Stein, der einen Ring schmückte, aufloderte wie das Höllenfeuer. Im selben Moment verrutschte die Kapuze von der Stirn des Mannes und gab für einen kurzen Moment den Blick auf dunkles, wirres Haar frei, ohne jedoch das Gesicht des Reiters zu erkennen zu geben.
    »Andrew! Andrew!« Helens gellender Schrei war inzwischen in ein verzweifeltes Schluchzen übergegangen. Hilflos sah sie, noch immer laufend, zu, wie der Reiter auf seinem gewaltigen Pferd das Weite suchte. Jetzt trennte sie nur noch der Bach von der kleinen Lichtung. Helen sprang, strauchelte, stürzte zu Boden, raffte sich wieder auf, ohne sich um den stechenden Schmerz in ihrem linken Fuß zu kümmern, und erreichte endlich atemlos ihren kleinen Bruder, der mit geschlossenen Augen auf dem saftigen Moos lag und aussah, als ob er schliefe. Mit fliegenden Händen strich sie dem leblosen Kind über sein blasses, blutleeres Gesicht. Sie barg seinen Kopf in ihrem Schoß, während ihr die Tränen über die Wangen flössen, und schlug ihm mit der flachen Hand mehrmals leicht ins Gesicht.
    »Andrew, wach auf! Sieh mich an! Mach die Augen auf!«, flehte sie mit vor Angst erstickter Stimme. »Hörst du mich? Komm zu dir, bitte. Bitte!«
    Inzwischen hatte auch Margaret den Unglücksort erreicht. Sie warf einen kurzen Blick auf das bleiche Gesicht des kleinen Jungen. Dann hockte sie sich neben ihm auf den Boden und zog mit geübten Fingern seine Augenlider auseinander, Sie umfasste mit einer Hand behutsam das Handgelenk des Jungen, und drückte zwei Finger leicht auf seinen Puls.
    »Er lebt noch!«, sagte sie dann mit einer Stimme, die zwischen Besorgnis und Erleichterung schwankte.
    »Ihr müsst Hilfe holen. Schnell, lauft zur Burg. Lauft, so schnell Ihr könnt«, drang sie in

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