Herz in Gefahr (German Edition)
schütze auch Euch! Lebt wohl, mein Freund!«
Der Rittmeister verschwand und wenig später erschien Pater Gregor mit dem gesalbten Öl und einem Krug Ale im Verlies. »Ihr habt nach mir geschickt, meine Tochter«, sagte er und seine Worte klangen warm und wohl wollend. Der Geistliche hatte den Prozess genau verfolgt, und ihm war klar geworden, dass Margaret das Opfer von Sir Matthew Warthorpes Intrige geworden war. Nein, sie ist keine Hexe, hatte er erkannt. Doch warum hasste Warthorpe die Kinderfrau so? Unendliches Mitleid und eine leise Reue hatten ihn befallen. Ich habe mich an ihr schuldig gemacht, dachte er. Einer Unschuldigen habe ich meine Hilfe verweigert, und Gott wird mich dafür strafen. Er war sehr froh, dass Margaret nach ihm geschickt hatte. Er würde ihr helfen, ihr beistehen, so gut er es konnte.
»Ja, Pater, denn mit mir geht es zu Ende. Ich möchte die Beichte ablegen, bevor der Herr mich zu sich ruft«, erwiderte Margaret.
»So sprich, Tochter. Ich höre dir zu. Doch vorher will ich dir meinen Segen spenden und dir die Sterbesakramente erteilen.« Pater Gregor stellte sich vor Margaret und begann mit leiser Stimme in fehlerlosem Latein die Verse des Psalm 31 zu sprechen. Als er damit fertig war, beugte er sich zu Margaret hinunter und reichte ihr das Kruzifix, damit sie es küssen konnte.
»Pater, ich habe Schuld auf mich geladen. Große Schuld, und sie hat letztendlich Andrew das Leben gekostet«, begann Margaret.
»Wir alle sind nicht frei von Schuld, meine Tochter. Doch sprich weiter. Hast du ihn verhext, wie die Richter behaupten?«
»Nein, ich bin keine Hexe. Ich kann nicht zaubern, denn sonst läge ich nicht hier.« Der Geistliche nickte. Dann sagte er: »Ich weiß, meine Tochter.«
Margaret hielt erschöpft inne und bat um einen Schluck aus dem Krug, den der Pater mitgebracht hatte. Nachdem sie sich gestärkt hatte, sprach sie leise und stockend, so als fiele es ihr schwer, über die Geschehnisse aus längst vergangener Zeit zu sprechen. »Ich war jung, Pater, gerade 19 Jahre alt und blind vor Liebe. Der Mann, dem ich mein Herz geschenkt hatte, war ein Lügner und Heuchler, doch das habe ich erst später erfahren. Er gab sich mir gegenüber als Bote des Königs aus. Für ihn stahl ich eine Phiole aus der Truhe meiner Lehrmeisterin, einer bekannten Heilerin, nicht ahnend, dass sie Gift enthielt. Als der vermeintliche Bote aus meinen Händen die Phiole empfangen hatte, verschwand er plötzlich. Aus Liebe zu ihm machte ich mich auf die Suche und fand ihn schließlich in Canterbury, wo er einen zweiten Liebesbeweis von mir forderte. Er bat mich, den Inhalt der Phiole in die Rubinezweier Ringe einzubringen, die sich glichen wie ein Ei dem Anderen. Eine Begründung nannte er mir nicht, so oft ich ihn auch danach fragte. Ich tat, wie er mir geheißen, schließlich versprach er mir, mich danach zu heiraten! Ich hatte Angst, denn inzwischen wusste ich, dass die Phiole mit dem Gift des Fingerhutes gefüllt war. Mit Hilfe eines alten Goldschmiedes brachte ich trotzdem das Gift in die Rubine ein. Doch das schlechte Gewissen ließ mir keine Ruhe. Also setzte ich mich am nächsten Tag noch einmal an die Arbeit und versah die Ringe mit je einer Schließe, die sich an der Unterseite der Schmucksteine befindet. Der eine Ring entfaltet seine todbringende Wirkung nur, wenn man ihn an der rechten Hand trägt, der andere, wenn man ihn links auf einen Finger steckt. Ich dachte, so die mörderische Gefahr, jemanden mit Hilfe dieser Ringe vom Leben zum Tode zu befördern, wenigstens um die Hälfte zu verringern. Ich hatte wenig Zeit, mein Geliebter drängte, sonst hätte ich vielleicht das Gift noch austauschen können. Nachdem ich die Ringe dem vermeintlichen Boten ausgehändigt hatte, fand ich keine Ruhe mehr.«
»Warum habt Ihr Euch nicht einem Geistlichen anvertraut?«, fragte Pater Gregor dazwischen.
»Weil ich dann meinen Geliebten, der mir mehr wert war als das eigene Leben, ans Messer geliefert hätte. Ich suchte verzweifelt nach einer anderen Möglichkeit und forschte nach dem Besitzer der Ringe. Nach langem Suchen hatte ich ihn endlich gefunden. Mein Geliebter, von dem ich nun wusste, dass er meine Gefühle für eine böswillige und mörderische Intrige missbraucht hatte, war der jüngere Bruder des Earls of Clifford. Er hatte vor, seinen Bruder umzubringen, um nach dem Tode des Vaters die Erbfolge antreten zu können. Zu diesem Zwecke wollte er ihm als vorgebliches Zeichen seiner brüderlichen
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