Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Herz in Not

Titel: Herz in Not Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Brendan
Vom Netzwerk:
obwohl etwas in Richards Mienenspiel sie beunruhigte.
    Victoria war völlig durcheinander. Sie zögerte zu gehen - es gab so viel, was sie von David wissen wollte. Hatte er tatsächlich um ihre Hand angehalten ... war er nicht im Ausland gewesen? Verstohlen beobachtete sie ihn. Er tat interessiert, so als ob er wirklich die exotische Blume bewundere. Doch er war schweigsam. Langsam drehte er den Kopf, und für einen winzigen Moment trafen sich ihre Blicke. Er verlangte nach ihr - so sehr, dass Victoria befürchtete, er verlöre die Kontrolle über sich. Als ob er ihre Befürchtungen zerstreuen wollte, lächelte David amüsiert - und schaute zu dem goldenen Käfig hoch. Victoria folgte seinem Blick. Der Hänfling war fort.
    Schweigsam hatten David und Richard den Rückweg zum Beauchamp Place zurückgelegt. In Davids Arbeitszimmer schenkten sie sich als Erstes einen Cognac ein.
    Richard versetzte dem Kamingitter einen zornigen Fußtritt. „Heute Abend habe ich die größte Niederlage meines Lebens erlebt - und das gleich zwei Mal.“
    David, der es sich auf dem Brokatsofa bequem gemacht hatte, legte den Kopf zurück und erkundigte sich desinteressiert: „Willst du ihn fordern?“
    „Anfänger hat sie mich genannt“, schimpfte Richard. „Ich! Ein Anfänger! Die kleine ...“Er schwieg nachdenklich.
    Schmunzelnd griff David nach seiner Zigarre. „Hab ich dich nicht vor den Blairs gewarnt? Hab ich nicht gesagt, du würdest dich langweilen und es bereuen?“
    „Langweilen? Bereuen? Beleidigt hat sie mich ... die Göre mit der scharfen Zunge und ... den unbeschreiblich goldenen Augen. Davor hast du mich nicht gewarnt.“
    „Wie sollte ich wissen, dass sie dich mag?“ entschuldigte sich David zweideutig. Lachend zog er seine goldene Taschenuhr hervor. „Es ist noch nicht Mitternacht. Mrs. Crawford wird dich mit Freuden wieder aufrichten. Bestimmt wirst du sie mit deinem Temperament beeindrucken.“
    Richard ging zur Tür. „Kommst du mit?“
    David nahm die Beine vom Sofa, setzte sich auf und massierte sich mit einer Hand den Nacken. Dann drückte er die Zigarre aus, schüttete den restlichen Cognac hinunter, stand auf und ... verharrte bewegungslos. Wieder massierte er sich den Nacken und fluchte leise.
    Langsam kam Richard zurück. Er sah den Freund mitleidig an. „Heirate sie. Du reagierst schon ganz wie ein Ehemann ...“
    Gereizt schritt David von einem Ende zum anderen durch das Zimmer, dann blieb er am Fenster stehen. Ärgerlich betrachtete er eine Weile den Vollmond, dann sah er hinunter auf den leeren Platz. „Geh!“ befahl er schließlich.
    „Glaubst du wirklich, dass sie mich mag?“ fragte Richard skeptisch.
    „Auf jeden Fall“, beteuerte David grinsend, ohne den Blick abzuwenden. Das leise Klicken der Tür verriet ihm, dass der Freund seinen Wunsch nach Alleinsein respektiert hatte. Richard verstand ihn - besser als jeder andere.
    David dachte an seine Eltern und seine Kindheit. Früh hatte er gelernt, seine Gefühle zu verbergen. Liebe und Aufmerksamkeit hatte er selten bekommen. Seit Daniel Harts Beerdigung quälten ihn Gewissensbisse. Victoria sollte nicht von Dritten über seinen ausschweifenden Lebenswandel erfahren, über Geschichten, die sowieso von Mal zu Mal bunter wurden. Er bereute, und wären sie im Gewächshaus nicht gestört worden, so hätte er bestimmt begonnen, Victoria dies zu erklären.
    Abrupt wandte er sich vom Fenster ab. Richard hat Recht, fluchte er im Stillen. Ich benehme mich wie ein Narr. Es gibt nichts zu bereuen. Nein, er hatte nicht die Absicht, seinen Lebenswandel zu erklären, zu ändern oder gar sich dafür zu entschuldigen. Nein, er wollte sich nicht wieder so verletzen lassen wie vor sieben Jahren. Damals hatte Victoria geschworen, ihn zu lieben - aber sie hatte nicht warten können.
    Es war ein Fehler gewesen, zu den Blairs zu gehen, und erst recht dumm, Victoria zu küssen. Hatte er sich nicht geschworen, sich nicht von ihren Tränen rühren zu lassen? Sie nicht anzurühren ... bis sie hier in London in einem seiner Häuser wohnte ... und er gewisse Rechte besaß? Aber nein, er war der Versuchung erlegen, hatte sich trotz seiner dreißig Jahre wie ein dummer Junge benommen - wie damals, als er sich das erste ... und einzige Mal im Leben verliebt hatte.
    Er ging zur Anrichte und goss sich einen Cognac ein. Mit einem Zug kippte er ihn hinunter. Zufrieden streckte er sich auf dem Sofa aus und beschloss, am Wochenende keinesfalls zu den Worthingtons zu gehen.

Weitere Kostenlose Bücher