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Herz ist Trumpf

Herz ist Trumpf

Titel: Herz ist Trumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MIRANDA JARRETT
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ihre Stimme klang. Er vermutete, dass sie ebenso sehr mit ihrer Kleidung wie mit ihrem Stolz zu kämpfen hatte. Als sie ihm endlich erlaubte, ihr Schlafgemach zu betreten, hatte das Eis in der Schüssel bereits angefangen zu schmelzen. Sie saß in ihrem Nachtgewand auf der Bettkante und hatte sich die Tagesdecke wie einen Umhang über die Schultern gezogen. Sie war blass, und man sah ihr die Schmerzen und die Erschöpfung an.
    „Schauen Sie sich meinen Arm an! Ich werde für mindestens vier Wochen lange Handschuhe tragen müssen, wenn ich nicht will, dass alle mich anstarren.“
    „Als ich noch ein kleiner Junge war, bin ich einmal im Winter vom Pferd gefallen und habe mir den Knöchel verstaucht.“ Er zog einen kleinen Tisch zu ihr heran und stellte die Schüssel mit dem Eis darauf. „Vater und der Arzt bestanden darauf, dass ich meinen Fuß in einen Eimer voller Schnee halte. Mein Fuß wurde puterrot, und ich habe mich lauthals beschwert, weil es so kalt war, aber es half, und die Schwellung ging zurück.“
    Amariah befreite ihren Arm aus der Tagesdecke und legte ihn vorsichtig in das Eis. Sie beschwerte sich nicht, zog jedoch ein Gesicht, das verriet, dass nicht viel dazu fehlte.
    Guilford lachte leise. „Nach einer Weile fühlt es sich nicht mehr so schlimm an. Ich verspreche es.“
    „Ich nehme Sie beim Wort, Guilford.“ Sie seufzte, nicht ganz überzeugt. „Und ich verspreche Ihnen, Ihren Freunden nicht zu verraten, dass Seine Gnaden meine Kinderfrau spielen musste.“
    „Dagegen habe ich nichts einzuwenden.“ Es war seltsam und ungewohnt für ihn, sich um einen anderen Menschen zu kümmern.
    Sie verzog den Mund zu einem trockenen Lächeln. „Darf ich Sie um einen letzten Gefallen bitten?“
    „Welchen?“, fragte er eifrig. Eine ungewohnte Freude durchzuckte ihn, weil sie ihn um etwas bat. Was es auch sein mochte, er würde ihr jeden Gefallen tun.
    Sie betrachtete wieder ihren Arm, und das ihr Lächeln wurde ganz reizend verlegen. „Wenn Sie es nicht möchten, verstehe ich das vollkommen, aber … würden Sie bitte mein Haar für mich ausbürsten?“
    „Oh, meine Liebe, natürlich.“ Er rollte die Hemdsärmel auf. „Das ist kein Gefallen, sondern ein Vergnügen.“
    Sie beobachtete ihn zweifelnd. „Wenn Sie erst einmal damit angefangen haben, sagen Sie das vielleicht nicht mehr. Mein Haar verheddert sich in Windeseile. Wenn ich es abends nicht ausbürste, ist es am nächsten Morgen völlig verknotet.“
    Er nahm die Schildpatt-Bürste von ihrem Toilettentisch und setzte sich hinter sie. „Sagen Sie mir Bescheid, wenn es ziept, ja?“
    Ihre Schultern versteiften sich unmerklich. Offenbar vertraute sie ihm nicht ganz. „Sie werden erst die restlichen Nadeln herausziehen müssen.“
    „Ich erinnere mich, dass ich einmal meinen Schwestern und meiner Mutter zugesehen habe, wie ihr Haar für einen Ball frisiert wurde. Es war in der Saison, als meine älteste Schwester Frances debütierte“, erzählte er, während er in den dicken, wirren Locken nach den Nadeln suchte. „Ich kann nicht älter als acht oder neun gewesen sein. Mutter hatte extra einen mondänen Friseur zu uns bestellt, einen Italiener namens Fortebello, und am Ende bekamen sie alle hohe, pilzförmige, gepuderte Frisuren, die mit riesigen Schleifen und falschen Perlenschnüren verziert wurden. Sie waren entzückt, doch ich fand, dass ihre Köpfe aussahen wie Pusteblumen, und das habe ich meinen Schwestern auch gesagt.“
    Sie lachte und entspannte sich. „Das war nicht nett von Ihnen.“
    „Nun, es stimmte aber“, erwiderte er. „Ich glaube, das ist die letzte Nadel.“ Vorsichtig begann er zu bürsten, und zu seiner Erleichterung lösten sich die Knoten. Ihr Haar leuchtete im Kerzenschein wie Feuer. Er hatte jedes Zeitgefühl verloren, konnte jedoch hören, dass noch Hufgeklapper, Kutschengerumpel und sogar Stimmen von der Straße heraufdrangen.
    „Sie haben mir erst ein einziges Mal von Ihrer Jugend erzählt“, sagte sie versonnen, „und nun, in der letzten Viertelstunde, gleich zweimal.“
    „Das liegt wohl daran, dass es nichts sonderlich Interessantes darüber zu berichten gibt“, meinte er leichthin. „Ich hatte eine schöne, sorglose Kindheit, aber für andere ist so etwas wahrscheinlich höchst langweilig.“
    „Ich höre gerne davon.“ Ihre Stimme klang heiser und schläfrig. „Und ich finde es ganz und gar nicht langweilig.“
    Er konnte spüren, wie die Anspannung von ihr wich, während er weiter mit der

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