Herz ist Trumpf
Stellung würde das nicht zulassen.“
„Das ist doch Unsinn, Robitaille“, spottete Guilford. „Ich habe gesehen, wie sie sich jede Nacht im Club schmückt, funkelnd wie eine Königin. All diese Diamanten und Saphire hat sie nicht von ihrem Papa im Pfarrhaus bekommen.“
Robitaille rümpfte verächtlich die Nase. „Sie sind alle unecht, Euer Gnaden. Es sind gute Strasssteine aus Paris, aber trotzdem Strasssteine.“
Guilford runzelte zweifelnd die Stirn. Für ihn sah echter oder unechter Schmuck ziemlich gleich aus, doch er glaubte an den Wert guter Qualität und an den Preis dafür. „Weshalb zum Teufel sollte sie Strasssteine tragen, obwohl sie sich echten Schmuck leisten kann?“
„Wohltätigkeit, Euer Gnaden“, klärte Robitaille ihn auf. „Sie möchte nichts für sich selbst – genau wie übrigens ihre Schwestern. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie viele Juwelen wir den Damen von Penny House schon überbracht haben und wieder zurückgeschickt bekamen.“
„Aber sie waren nicht von mir“ , entgegnete Guilford mit unerschütterlichem Selbstvertrauen. „Miss Penny und ich sind immer hervorragend miteinander ausgekommen. Sie werden sehen: Dieses Armband wird sie behalten.“
Der Juwelier machte eine alles andere als überzeugte Miene. „Wie Sie wünschen, Euer Gnaden“, sagte er mit einer ehrerbietigen Verbeugung. „Vielen Dank für Ihren Auftrag, Euer Gnaden. Ich werde das Armband unverzüglich an Miss Amariah Penny überbringen lassen.“
„Gut.“ Guilford wandte sich zum Gehen und erkannte verwundert, dass er gerade, wenn auch stillschweigend, eine weitere Wette mit Robitaille eingegangen war: dass das Rubinarmband, das er ausgesucht hatte, das erste Geschmeide war, das Miss Amariah Penny annehmen und an ihrem Handgelenk zur Schau stellen würde.
Leises Klappern von Geschirr weckte Amariah, dann hörte sie die zögernde Stimme ihrer Zofe Deborah.
„Guten Morgen.“ Die junge Bedienstete stellte das Frühstückstablett für ihre Herrin auf dem Tisch am Fußende des Bettes ab. „Miss Penny? Sind Sie wach?“
Amariah drehte sich auf die Seite, schob sich das Haar aus der Stirn und sah blinzelnd auf die kleine Messinguhr auf ihrem Nachttisch. Sie hatte das Gefühl, höchstens eine halbe Stunde geschlafen zu haben. Deborah war bestimmt zu früh gekommen, es konnte unmöglich Zeit sein aufzustehen.
„Wie spät ist es?“, wollte sie schlaftrunken wissen.
„Halb eins, Miss“, antwortete die Zofe entschuldigend. „Sicher sind Sie noch gar nicht ausgeschlafen nach der Hochzeit und allem, aber Mr. Pratt sagte, Sie würden ihm den Kopf abreißen, wenn er Sie nicht wecken lässt.“
„Da hat Pratt recht.“ Es war höchste Zeit, sich zu erheben. Irgendwie brachte Amariah die Willenskraft auf, sich aufzusetzen. Deborah zog die Vorhänge auf, sodass die strahlende Mittagssonne hereinflutete. Stöhnend ließ Amariah sich wieder zurückfallen und legte einen Arm über die Augen.
„Verzeihung, Miss, aber nach einer schönen Tasse Tee wird es Ihnen schon viel besser gehen.“ Deborah goss den dampfenden Tee in eine kleine Porzellantasse und tat Zucker und Zitrone hinein. „Ihr Lieblingspekoe, Miss.“
„Danke, Deborah.“ Das mit Irisblüten bemalte Teeservice ihrer Mutter war eines der wenigen Dinge, das die Schwestern von zu Hause mitgenommen hatten, und für Amariah bedeutete es eine tröstliche Erinnerung an ihre längst vergangene Kindheit in Sussex, wenn sie das zarte Porzellan jeden Morgen benutzte.
Die Zofe griff hinter ihren Rücken, um die Kissen aufzuschütteln. „Sehen Sie, Miss, Mrs. Todd hat Ihnen die Eier genauso zubereitet, wie Miss Bethany – ich meine Lady Callaway – sie immer gemacht hat.“
Amariah lächelte freudlos. Mrs. Todd war Bethanys Stellvertreterin in der Küche und selbst eine Meisterköchin. Sie kochte die Gerichte ihrer Schwester ganz genau nach, und trotzdem war es nicht dasselbe, wenn Cassia und Bethany die Mahlzeiten nicht mit ihr teilten. Besonders das Frühstück hatten die Schwestern immer zusammen eingenommen. In ihren Nachtgewändern waren sie am Tisch erschienen und hatten gelacht und getratscht und Pläne für den Tag gemacht, ehe sie sich an die Arbeit machen mussten. Nun nahmen Bethany und Cassia ihr Frühstück mit ihren Ehegatten ein.
„Miss Penny?“ Eine Küchenmagd kam ins Zimmer geeilt. Das Mädchen war noch sehr jung und neu und sah so ängstlich aus, dass Amariah befürchtete, es würde im nächsten Moment anfangen zu
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