Herz ist Trumpf
Skandal der Saison unweigerlich auf sie zukam. Zum Wohle des Clubs und um dem Klatsch keine neue Nahrung zu geben, würde sie sich sogar dazu zwingen, Guilford gegenüber höflich zu sein, wenn sie sich wiedersahen. Wenn sie all das schaffte, konnte sie ihren Ruf mit der Zeit wieder herstellen.
Nur ihr Herz war für immer gebrochen …
Amariah erkannte ihn, sobald er zur Tür hereinkam, und versteifte sich, doch sie zwang sich, weiter zu lächeln. Die anderen Gentlemen in der Halle traten beiseite, um Guilford vorbeizulassen. Ihre Mienen verrieten unverhohlene Neugier – was würde geschehen, wenn der Duke und Miss Penny aufeinandertrafen?
„Guten Abend, Euer Gnaden.“ Sie neigte den Kopf, wie sie es immer tat. „Es ist schön, dass Sie uns heute Abend beehren.“
„Du hast also den Tattle gelesen“, stellte er fest. Er war blass und wirkte so angespannt, dass sie sich wunderte, wie er überhaupt sprechen konnte. „Amariah, du musst mir glauben, dass ich nichts damit zu tun hatte.“
„Wir freuen uns sehr, Ihnen heute Abend gefülltes Moorhuhn anbieten zu können“, fuhr sie fort und konzentrierte sich auf eine Stelle links von seinem Ohr, damit sie den Schmerz in seinen Augen nicht sah, der nicht annähernd dem Schmerz gleichkam, den sie empfand.
„Du weißt, dass ich das nicht geschrieben habe“, flüsterte er gequält. „Wie könnte ich einen so gemeinen Unsinn über dich verbreiten? Ich liebe dich, Amariah.“
Sie errötete, ebenso vor Scham wie vor Zorn, während sie sich an jedes einzelne Wort des „gemeinen Unsinns“ erinnerte. Wie konnte er sich hier blicken lassen, nachdem er so abscheuliche Dinge geschrieben hatte? Wie konnte er behaupten, er würde sie lieben?
„Einige Herren im Kartenzimmer möchten heute Abend Whist spielen“, sprach sie weiter und umkrampfte ihren Fächer, damit ihre Hände nicht zitterten. „Wenn es Ihnen genehm ist, würden sie es sicher begrüßen, eine oder zwei Partien mit Ihnen zu spielen, Euer Gnaden.“
„Amariah, sieh mich an und sag mir, dass du eher diesen Verleumdungen glaubst als mir“, flüsterte er drängend. „Sieh mich an und sag mir, dass du mich nicht mehr liebst.“
Sie richtete ihren Blick auf ihn, ohne ihn wirklich zu sehen. „So gerne ich auch mit Ihnen plaudere, Euer Gnaden, ich muss Sie bitten, mich jetzt zu entschuldigen, wenn es Ihnen recht ist, da noch andere Gentlemen darauf warten, von mir begrüßt zu werden.“
„Verdammt, es ist mir nicht recht, Amariah!“
„Euer Gnaden.“ Ihre Stimme brach. Durch den Tränenschleier konnte sie ihn nur verschwommen erkennen. „Bitte, Euer Gnaden.“
„Na schön.“ Er trat zurück und verneigte sich. „Ich werde gehen. Aber es wird nicht so enden, Amariah, so nicht.“
Sie sah ihm nach, bis die Eingangstür hinter ihm ins Schloss fiel. Sie würde nicht anfangen zu weinen. Sie würde stark sein. Amariah holte tief Luft, dann noch einmal und zwang sich weiterzulächeln.
„Guten Abend, Lord Bennington“, sagte sie heiter. „Wir freuen uns so sehr, Sie heute Abend bei uns begrüßen zu dürfen!“
Westbrook drückte dem Kutscher der Mietdroschke das Geld in die Hand und ging zu Fuß in Richtung Penny House. Es war lächerlich, dass er laufen musste, aber wenn es in der Welt gerecht zuginge, würde eine der Kutschen, die vor dem Spielclub auf ihre Besitzer warteten, ihm gehören. Er würde sich neue Garderobe leisten können und Diamanten auf den Schuhschnallen tragen. Er hätte die Taschen voller Geld, und Amariah Penny würde ihn anflehen, an ihrem verdammten Hazard-Tisch Platz zu nehmen.
„Westbrook!“ Er fluchte verhalten, als er die Männerstimme aus einem der Gefährte vernahm. „Was halten Sie von einem Hazard-Spiel, Mylord?“
Johlendes Gelächter schallte durch die Straße, und er wirbelte mit erhobener Faust herum, doch sein Herausforderer war nirgends zu sehen. Westbrook fluchte noch einmal und ging weiter.
Er konnte sich nicht erinnern, jemals so viele Gentlemen vor dem Eingang von Penny House gesehen zu haben. Er hatte gehofft, den Spielclub mit der skandalösen Geschichte im Tattle zu ruinieren, aber das Gegenteil schien der Fall.
Er blieb im Schatten und wartete, bis an der Tür nicht mehr so viel los war. Als ein paar Offiziere die Treppe hinaufgingen, ergriff er seine Chance und eilte auf die weißen Stufen zum Eingang zu. Wenn Miss Penny in der Halle war, würde er sich im Beisein aller bei ihr beschweren, und sie würde sich gezwungen sehen, seinen
Weitere Kostenlose Bücher