Herz nach Maß (German Edition)
dass sich etwas zwischen uns entwickeln könnte, Jack. Etwas, von dem ich bis jetzt nur zu träumen gewagt habe. Dass du heute hierher gekommen bist, gibt mir Hoffnung. Möglicherweise ist das unangebracht. Und wenn es so sein sollte, verzeih mir bitte. Das Letzte, was ich möchte, ist, dass du dich meinetwegen unwohl fühlst. In der kurzen Zeit, die wir uns kennen, habe ich deine Freundschaft zu schätzen gelernt. Sie bedeutet mir mehr als ein One-Night-Stand. Sehr viel mehr.«
Er faltete die Hände auf der Tischplatte und versuchte ein Lächeln. »Okay. Du bist dran.« Der Ball war auf Jacks Seite des Spielfelds. Nun wartete er darauf, ob Jack ihn zurückspielen würde.
Langsam nickte Jack, als ob er seine Worte abwägen würde, bevor er sie aussprach. Er hob seine Kaffeetasse und nahm einen Schluck.
Als er sie wieder absetzte, sagte er: »Ich muss gestehen, dass ich eine Menge darüber nachgedacht habe, was letzte Nacht zwischen uns passiert ist. Du musst wissen, seit Emma gestorben ist, habe ich mich niemandem gegenüber so geöffnet wie dir. Ich weiß nicht mal genau, warum. Ich nehme an, zuerst habe ich getrauert. Wir sind zusammen aufgewachsen, Emma und ich. Sie war alles, was ich kannte.
Dann habe ich mich einfach daran gewöhnt, allein zu sein. Ich bin nie besonders gesellig gewesen. Ich meine, ich mag Menschen, meistens. Aber gib mir einen guten Holzklotz und eine Drechselbank und ich fühle mich pudelwohl, wenn ich etwas in meiner Werkstatt baue. Es war leichter, sich zu verstecken. Freunde, die nur das Beste im Sinn hatten, wegdriften zu lassen, nachdem ich sie oft genug abgewiesen hatte.
Wieder mit der Arbeit anzufangen, hat mir gut getan. Nicht nur finanziell«, grinste er und fuhr fort: »sondern weil es mich dazu zwang, mich der Welt zu stellen. Es verlangte von mir, unter Leute zu gehen oder wenigstens auf täglicher Basis mit ein paar Vertretern der menschlichen Rasse zu sprechen. Aber trotzdem hatte ich keinen wirklichen Draht zu meinem Umfeld. Na klar, ich habe mit ihnen geredet, aber ganz sicher habe ich außerhalb der Grenzen eines Arbeitsalltags nie Freundschaften geschlossen.
Dann bist du aufgekreuzt. Sehr an meiner Arbeit interessiert, sehr an...« – er hielt inne und errötete – »... an mir interessiert. Ich meine, anfangs hab ich dich ernst genommen. Ich dachte, dass du wirklich etwas über die Geschichte der Zinndecken in dieser Gegend wissen willst.«
Will wollte protestieren, dass er tatsächlich interessiert gewesen war, aber Jack hob eine Hand und schnitt ihm damit das Wort ab.
»Hey, schon okay. Du musst mir nichts vormachen. Ich vermute, genau das hat uns bis hierher geführt. Obwohl es bei mir eine Weile gedauert hat. Eigentlich habe ich seit letzter Nacht sehr viel darüber nachgedacht. Ich glaube, was zwischen uns passiert ist, ist Folgendes – und korrigier mich, wenn ich falsch liegen sollte.«
Will beugte sich vor. Das war's. Jack würde auf seine ihm eigene freundliche, ausschweifende, liebenswürdige Art dankend ablehnen und Will bliebe dann nichts anderes übrig, als seine Entscheidung zu respektieren. Er zwang sich dazu, ruhig zu bleiben, und versuchte, nicht irgendwelche voreiligen Schlüsse zu ziehen.
»Letzte Nacht hast du mir mit so vielen Worten gesagt, dass du…« Er unterbrach sich und ließ ein kleines, verlegenes Lachen erklingen. »Tut mir leid, ich kenne die richtigen Worte für so was zwischen Männern nicht, also sieh es mir nach. Ich kenne nicht einmal die Worte, die Erwachsene für so was verwenden. Es ist schon so lange her, dass ich zu haben gewesen bin. Falls ich das überhaupt jemals richtig war. Also sage ich es einfach so gut ich kann: Letzte Nacht hast du zugegeben, dass du auf mich stehst. Und ich habe versucht, dir zu antworten, dass es mir genauso geht.«
Will starrte ihn an. Sein Herz begann, heftig zu hämmern.
Jack sah betreten drein, versuchte es jedoch noch mal. »Ich meine, ich« – seine Stimme senkte sich beinahe zu einem Flüstern – »stehe auch auf dich.«
Will spürte, wie ein Lachen in ihm aufkam und drohte, herauszuplatzen. Er zwang es hinunter, da er sich bewusst war, dass Jack seine Worte sehr ernst meinte und obendrein sehr verlegen über das war, was er gesagt hatte. Das Letzte, was er gebrauchen konnte, war, dass Will über ihn lachte.
Trotzdem war es schwer, nicht zu lächeln. Seine Wortwahl war so anders, so süß wie in der Junior Highschool. Er stand auf ihn? Sie teilten die gegenseitige Anziehung? War
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