Herz nach Maß (German Edition)
Anschließend wusch er das wenige Geschirr ab und stellte es zum Trocknen in das Abtropfgitter.
Am Nachmittag hatte er einen kleinen Auftrag zu erledigen: ein paar abschließende Feinarbeiten an einer Glasveranda, die er an einem Haus unweit von Wills angebaut hatte. Dann stand das Wochenende bevor.
Als er sich eine zweite Tasse Kaffee einschenkte, kam ihm ein unliebsamer Gedanke in den Sinn. Was, wenn du auf seinen Anruf wartest, der aber niemals kommt? Wirst du dir diese zweite Chance entgehen lassen, genauso wie du dir die erste hast entgehen lassen?
Darauf wusste er keine Antwort.
Kapitel 6
»Jack, Sie erledigen exzellente Arbeit. Ihre Frau kann sich glücklich schätzen, so einen handwerklich begabten Mann zu haben.« Mandy Williams, eine attraktive Frau Ende vierzig mit perfekt blondierten Haaren, großen blauen Augen und etwas zu viel Make-up und Schmuck, klackerte auf ihren enorm hohen Riemchensandalen auf Jack zu.
Der breite Ehering aus Platin und der riesige Diamant an ihrem Ringfinger ließen wenig Raum für Zweifel, was ihren Familienstand betraf. Allerdings hielt sie das nicht davon ab, mit Jack zu flirten – oder es zumindest zu versuchen –, seit er hergekommen war, um die Stuckleisten in ihrer neuen Glasveranda fertig anzubringen.
Über die Jahre hatte er sich daran gewöhnt, dass Frauen ihn anmachten, und er hatte sie immer erfolgreich abgewimmelt, für gewöhnlich mit einem Verweis auf seine Frau. Dieses Mal hatte er keine Ehefrau erwähnt, aber da sie sich bereits eine ausgemalt hatte, würde er sie nicht korrigieren.
Er stand auf der mittleren Sprosse einer Leiter und benutzte eine Nagelpistole, um einen Abschnitt der verzierten Stuckleiste zu sichern, die sie ausgesucht hatte. Ihre erste Wahl, die er persönlich bevorzugt hatte, hatte er bereits wieder abgenommen. Es war schließlich ihr Geld und wenn sie es dafür verwenden wollte, ihn Stuckleisten anbringen und wieder abnehmen zu lassen, war das ihre Entscheidung.
Sie trat direkt hinter ihn und stand nun so dicht bei ihm, dass er ihr Parfüm riechen konnte. »Glauben Sie, sie wird zulassen, dass ich Sie mir ausleihe, Jack? Nur für kurze Zeit? Hmm?« Ihre Stimme klang dunkel und sinnlich, der Tonfall war gleichzeitig zweideutig und zuversichtlich.
Er lächelte in sich hinein und fragte sich, wie viele Handwerker sie in all den Jahren schon verführt hatte, während ihr Ehemann unterwegs war und das großzügige Einkommen verdiente, das nötig war, um diese Vorstadtvilla zu unterhalten.
Sie rückte näher, ihre chirurgisch vergrößerten Brüste pressten sich hart von hinten gegen seine Beine. Er war überrascht – darüber, wie wenig ihn ihre Verführungsversuche rührten. Er zwar ziemlich sicher, dass er von der Leiter heruntersteigen und sie direkt hier in die Arme nehmen könnte, falls er wollte. Er könnte ihr in ihr Schlafzimmer folgen, in ihr King-Size-Bett fallen und sie ficken, wenn er wollte.
Allerdings verspürte er nicht das geringste Verlangen danach. Was er wirklich tun wollte, war, diesen Auftrag zu Ende bringen und sein Handy auf Nachrichten zu überprüfen. Er hatte es versehentlich im Wagen vergessen und es nicht bemerkt, bis er schon voll bei der Arbeit gewesen war.
Vielleicht würde er Will selbst anrufen. Und sich für seinen dummen, betrunkenen Monolog von gestern Nacht entschuldigen. Zunächst musste er jedoch diesen Annäherungsversuch abwehren.
»Meine Frau ist verdammt eifersüchtig.« Er drehte sich um, um auf Mrs. Williams herunterzulächeln. »Ich denke, Mr. Williams geht es bei Ihnen ähnlich.«
»Sag ruhig Mandy zu mir.« Unter langen, geschwungenen Wimpern blinzelte sie zu ihm hoch, während sie mit der Spitze ihrer Zunge anzüglich über ihre volle Unterlippe fuhr. »Und nein, es kümmert ihn nicht, was ich tue, wenn er nicht in der Nähe ist. Wir haben eine… Abmachung.«
Jack schoss den letzten Nagel in die Ecke der Stuckleiste und kletterte von der Leiter, wodurch er Mrs. Williams zwang, einen Schritt zurückzutreten. Er beschloss, so zu tun, als hätte er sie nicht gehört.
»Das sollte reichen. Der Raum ist damit fertig.« Demonstrativ schaute er auf seine Armbanduhr. »Entschuldigen Sie die Eile, aber ich habe noch einen Auftrag, den ich –«
Mandy griff nach seinem nackten Unterarm. »Geh nicht. Bitte.«
Die Sehnsucht in ihrem Gesicht, die Einsamkeit, war so offensichtlich, dass Jack spürte, wie er rot wurde. Nicht seinetwegen, sondern um ihretwillen. Sie kannte ihn kaum. Vor dem
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