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Herzbesetzer (German Edition)

Herzbesetzer (German Edition)

Titel: Herzbesetzer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.A. Wegberg
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Hinter jeder Kurve wächst meine Angst, ihn stöhnend, blutend oder leblos am Boden liegen zu sehen. Außerdem fällt mir jetzt auf, wie uneben der Asphalt ist: überall holprige Querrinnen, Schlaglöcher und so weiter. Es ist ausgeschlossen, dass Anoki heil unten ankommt.
    Ich mache mir die größten Vorwürfe. Ich hätte ihn festhalten müssen! Ihn gewaltsam am Arm packen und ihm die Inliner wegnehmen! Wieso war ich so verdammt schwach? Falls ich ihn jemals lebend wiedersehe, wird er mich kennenlernen! Ab jetzt gilt nur noch eiserne Härte! Unter solchen Überlegungen stolpere ich halb blind vor Verzweiflung und schwitzend den Teufelsberg hinunter, der seinen Namen offensichtlich aus gutem Grund trägt. Irgendwann bin ich da, wo mein Fahrrad geduldig auf mich wartet – nur von Anoki ist nichts zu sehen. Mein Magen zieht sich auf Erbsengröße zusammen. Wo ist er? Mein erster Gedanke ist, dass er irgendwo unterwegs von der Piste abgekommen und im Gestrüpp gelandet sein könnte, und ich bin einfach an ihm vorbeigerannt. Also kehre ich trotz meiner pfeifenden Lunge um und renne den Berg wieder hoch. Auf halber Höhe bleibe ich stehen, denn ich habe solche Seitenstiche und mein Atem geht so schmerzhaft, dass ich tot umfalle, wenn ich nur einen einzigen weiteren Schritt mache. Ich krümme mich, der Schweiß läuft mir in die Augen, und ich bin unendlich verzweifelt. Wenn ich könnte, würde ich Anokis Namen brüllen wie Marlon Brando in Endstation Sehnsucht, aber aus meinem Mund kommt nur ein zischendes Keuchen.
    Ich gönne mir ungefähr zehn Sekunden Pause, dann schleppe ich mich weiter den Hang hoch, immer mit den Blicken das Buschwerk links und rechts des Weges abtastend. Ich taumele wie ein Betrunkener, aber ich bin zu erschöpft, als dass es mir peinlich wäre, nicht mal als mir von oben zwei hübsche Mädchen entgegenkommen, die mich anstarren und zu kichern beginnen, sobald sie an mir vorbei sind. Als ich den Gipfel sehen kann, bleibe ich stehen. Was soll ich jetzt machen? Meine Hoffnung sinkt im selben Maße, wie meine Verzweiflung wächst. Hab ich Anoki noch mal übersehen? Wer weiß, wie weit es ihn aus der Kurve geschleudert hat … Er muss ja ein Mordstempo draufgehabt haben … Womöglich liegt er viele Meter vom Weg entfernt verletzt, verblutend, verröchelnd in einem Brombeerstrauch … Vielleicht hat er mich vorbeigehen sehen und mit letzter Kraft versucht, meinen Namen zu rufen, aber nur ein ersterbendes Wispern hervorgebracht …
    Abermals mache ich kehrt und gehe wieder runter, diesmal ziemlich langsam – zum einen, weil ich noch mal in aller Gründlichkeit den Wegrand absuchen will, zum anderen, weil meine Beine sich anfühlen wie Kopfkissen und alle paar Sekunden wegknicken. Ab und zu bleibe ich stehen, um zu lauschen, aber mein Atem geht so laut und keuchend, dass ich einen schwachen Hilferuf oder ein leises Wimmern nicht hören könnte. Am schrecklichsten sind die Bilder in meinem Kopf, die ich einfach nicht unterdrücken kann. Meine Fantasie schreckt vor nichts zurück, von abgetrennten Gliedmaßen bis zu einem vollkommen zerfleischten Gesicht. Ich meine, ich hab keine Ahnung, wie ein Inlineunfallopfer so aussieht – bei der Geschwindigkeit ist alles möglich, oder? Und was mir da übers Gesicht läuft, könnten ebenso gut Tränen sein wie Schweiß. Als ich zum zweiten Mal bei meinem Fahrrad ankomme, gebe ich die Hoffnung auf. Ich öffne das Schloss und weiß nicht, was ich als Nächstes machen soll, aber meine Überlegungen gehen in Richtung Polizei, Feuerwehr und dergleichen. Da springt mich von hinten etwas Großes, Schweres an, schreit: »Huh!« und kichert belustigt, als ich vor Schreck gegen den Baum pralle, an dem ich mein Rad festgekettet hatte. Ich kämpfe um mein Gleichgewicht, dann schnelle ich herum und verpasse dem Großen, Schweren einen Fausthieb in den Magen.
    »Du Arschloch!«, schreie ich. »Du blöder idiotischer Trottel! Wo warst du!?«
    Anoki, der unter der Wucht meines Schlages in die Knie gegangen ist, richtet sich langsam wieder auf. Wenigstens kichert er nicht mehr. Im Gegenteil: Er sieht ziemlich angepisst aus. Na, das ist ja wohl das Mindeste. Ich überlege, ob ich ihm noch eine verpassen soll – wenn ich nur nicht so erschöpft wäre.
    »Scheiße«, ächzt Anoki, »was ist denn los? Ich dachte, du kommst gar nicht mehr!«
    »Ich war doch schon hier!«, brülle ich wütend. »Und du warst nirgendwo zu sehen! Also bin ich wieder hoch, bis ganz oben! Und wieder

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