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Herzbesetzer (German Edition)

Herzbesetzer (German Edition)

Titel: Herzbesetzer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.A. Wegberg
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ist bei ihm.«
    Ich schalte bereits meinen PC aus. »Ich komm sofort«, erkläre ich. Ohne Verzögerung marschiere ich zu meiner Chefin und teile ihr mit, dass ich gehen muss – ein familiärer Notfall. Sie guckt ziemlich zickig, aber ich habe überhaupt keine Zeit, mich darum zu kümmern. Im Gehen ziehe ich meine Jacke über. Dank Lichthupe, Rechtsüberholen und Kamikazerasen durch geschlossene Ortschaften fahre ich achtundvierzig Minuten später auf den Parkplatz der Ruppiner Kliniken und bin bereit, jedem das Genick zu brechen, der mich nicht unverzüglich zu Anoki vorlässt.
    Er ist auf der Unfallstation, und meine Mutter sitzt an seinem Bett – sie arbeitet hier im Krankenhaus in der Verwaltung. Ich beuge mich über ihn und mustere ihn gründlich. Er lächelt mich schwach an, seine Haut ist grauweiß, und auf seiner Stirn sind mehrere Lagen Mull mit Pflaster befestigt.
    »Ich war gleich nach der Schule auf der Skaterbahn«, sagt Anoki. »Die Halfpipe war vereist. Hab ich nicht gesehen. Das Board ist auf einmal voll unter mir weggesaust wie ’n Stück Seife.«
    Meine Mutter ergänzt: »Ich hab einen Anruf bekommen, dass er da neben diesem hohen Podest am Boden gelegen und sich nicht mehr gerührt hat. Irgendwelche anderen Jugendlichen haben ihn gefunden und den Krankenwagen gerufen. Aber es ist wohl zum Glück nur eine schwere Gehirnerschütterung und eine Platzwunde, sagt der Arzt, die haben sie direkt geklammert«, fügt sie mit sichtbarer Erleichterung hinzu. Auch ich spüre, wie allmählich wieder Blut durch meine Adern fließt.
    Da Anoki sehr ruhebedürftig wirkt, begleite ich meine Mutter zurück zu ihrem Arbeitsplatz. »Er müsste beim Skaten einen Helm anziehen«, finde ich. »Aber das wird er wahrscheinlich nicht machen, weil es uncool ist.«
    Meine Mutter nickt zustimmend; offenbar hat sie auch schon ihre Erfahrungen mit seinem Eigensinn gemacht. »Wusstest du eigentlich, dass er raucht?«, fragt sie mich dann. Ihr vorwurfsvoller Unterton deutet darauf hin, dass diese Frage rhetorisch ist, und sie hört sich an, als leide Anoki an einer schier unaussprechlich peinlichen sexuellen Verirrung oder so.
    »Na ja, wer tut das nicht in dem Alter?«, antworte ich geschickt ausweichend. »Da experimentiert man doch ein bisschen rum.«
    »Ja, aber er hat sogar in seinem Zimmer geraucht!«, empört sich meine Mutter. »Ich hab ihn schon drei Mal erwischt, und jedes Mal hab ich ihm klipp und klar gesagt, dass es das bei uns nicht gibt – aber er hört einfach nicht!«
    Ich unterdrücke ein Grinsen und sage: »Tatsächlich? Das ist ja ein starkes Stück.«

 
 
32
    Bis zu den einwöchigen Winterferien ist Anoki krankgeschrieben. Das bedeutet, dass er zu Hause im Bett oder auf dem Sofa liegen muss und sich kringelig langweilt. Er bombardiert mich mit Anrufen, selbst während der Arbeitszeit: »Kann ich während der Ferien zu dir kommen?« Diese Frage wiederholt er mit penetranter Hartnäckigkeit, und jedes Mal lasse ich mir eine andere Antwort einfallen. Ich fange an mit »Da musst du erst mal Mama und Papa fragen«, dann kommt »Was sagt denn das Jugendamt dazu?«, gefolgt von »Ich bin doch den ganzen Tag nicht zu Hause, was willst du denn bei mir«, und schließlich versuche ich es noch mit »Ich würde dir eine Woche in einem Jugendcamp spendieren, wenn du willst«. Aber Anoki will nur eins: zu mir. Auch wenn meine niedrigsten Triebe, also alle unterhalb meiner Gürtellinie, die Idee hervorragend finden und sich bereits sabbernd die Hände reiben, so protestiert doch mein Verstand ganz energisch. Ich kann mich einfach nicht genügend um Anoki kümmern, wenn ich den ganzen Tag arbeiten muss, und ihn zehn Stunden täglich allein zu lassen, noch dazu mitten in der großen bösen Hauptstadt – das kann auf keinen Fall gut gehen.
    »Erinnerst du dich noch an dein Wochenende bei mir?«, frage ich ihn boshaft. »Da bin ich nur mal kurz eingeschlafen, und schon hast du einen Rucksack und eine Flasche hochprozentigen Alkohol geklaut, einfach so, ratzfatz. Jetzt müssen wir das Ganze bloß noch potenzieren: Wenn das deine Ausbeute von, sagen wir mal, einer Stunde war – wie viel Scheiß würdest du dann in einer Woche anstellen? Das ist eine schöne Matheaufgabe für dich. Du darfst den Taschenrechner benutzen.«
    Ich höre Anoki tief durchatmen. »Du bist so ein Arschloch«, flüstert er aus tiefstem Herzen.
    Aber dann fügt er hinzu: »Mann, das war doch nur ’n Ausrutscher! Ich hab mich geändert, echt! Ich

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