Herzblut 02 - Stärker als der Tod
aber er machte mir Platz. „Ruf mich an, wenn ich dich abholen soll.“
„Ist gut. Danke, Dad.“ Natürlich hatte ich nicht vor, ihn anzurufen. Nicht heute. Ich würde den Clann nicht die Oberhand gewinnenlassen. Nicht jetzt, wo ich auch zaubern konnte und dazu noch ein schickes neues Auto hatte.
Sonntagmorgen hatten wir ein neues Auto ausgesucht. Na ja, für mich war es neu. Mom war von der silbernen Corvette Stingray, Baujahr 1971, nicht begeistert gewesen, als ich ihr über Skype davon erzählt hatte. Ihr gefiel nicht, wie schnell der Wagen fuhr und dass die Karosserie aus Fiberglas statt aus Stahl bestand. Aber als ich beim Autohändler diese schimmernden geschwungenen Formen entdeckt hatte, wollte ich dieses Auto unbedingt haben. Dabei waren mir Autos normalerweise vollkommen egal.
Um Mom zu beruhigen, hatte Dad einen Überrollkäfig einbauen lassen und der Werkstatt eine irrsinnige Summe gezahlt, damit das Auto heute Morgen fertig vor der Tür stand. Außerdem hatte er eine neue Stereoanlage einbauen lassen, an die ich gar nicht gedacht hatte. Jetzt konnte ich meinen MP3-Player anschließen und unterwegs meine Lieblingsmusik hören.
Heute Morgen zum ersten Mal mit meinem neuen Auto zur Schule zu fahren gab mir einen echten Kick. Ich musste mich richtig zusammenreißen, um nicht das Gaspedal voll durchzutreten und den Motor röhren zu lassen. Ich hielt mich nur deshalb an das vorgeschriebene Schneckentempo, weil ich zwar ganz zuversichtlich getan hatte, mich aber wirklich nicht auf die Schule freute. Dad hatte ganz sicher recht: Die Clann-Kids würden heute die Pest sein.
Als ich vor der JHS auf meinem üblichen Platz parkte, musste ich mich regelrecht zwingen, auszusteigen und mich von meinem Auto zu trennen. Das würde ein langer Tag werden.
Wenigstens konnte ich mich darauf freuen, mit meinem schicken neuen Schlitten nach Hause zu fahren.
Falls ich den Tag überlebte.
28. KAPITEL
Tristan
S avannah kam doch in die Schule. Ich war so sauer, dass es mir schwerfiel, meine Gedanken vor ihr zu verbergen. Offenbar wollte sie einfach nicht sehen, in welcher Gefahr sie sich befand. Und wenn ich jetzt etwas sagte, würde sie nur noch dickköpfiger reagieren. Also lehnte ich mich zurück und versuchte gar nicht zu denken, während es in meinem Magen grollte. Jetzt konnten wir nur beten, dass die Zauber, die ich vorhin verteilt hatte, auch wirklich wirkten.
Den ersten Test mussten meine Schutzzauber am Ende der Englischstunde bestehen. Kurz vor dem Klingeln bekamen Savannah und ich eine Gänsehaut. Schmerzhafte Stiche überzogen meine Arme. Irgendwo in der Schule zauberte jemand.
Savannah atmete scharf durch die Nase ein und sah mich fragend an.
Ich bin’s dieses Mal nicht , erklärte ich stumm.
Eine zweite schmerzhafte Welle traf mich kurz, aber heftig. Was zum Teufel war da draußen los?
Ihr Blick huschte zu den kleinen Fenstern gegenüber. Sie saßen so hoch in der Wand, dass man nur den Himmel sehen konnte. Savannah runzelte besorgt die Stirn und packte schnell ihre Sachen zusammen.
Als es klingelte, sprang sie wie immer als Erste auf. Ich schob gemütlich meine Zettel in mein Heft und trödelte absichtlich. Ich wollte ihr heute mit etwas Abstand folgen und aufpassen, dass sie auf dem Hauptflur nicht von einem Talisman verletzt wurde.
Aber so weit kam sie gar nicht.
Die Zickenzwillinge warteten in der Nische, von der die benachbarten Englischräume abgingen. Sie nutzten den Engpass, um alle vorbeizulassen, bis auf Savannah.
„Du“, zischte Vanessa, sobald sie Savannah sah.
Sie hob beide Hände und streckte die Handflächen nach vorn. Es sah aus, als wären sie mit roter Farbe bemalt. „Du warst diejenige,die das gemacht hat!“
„Sie soll das wegmachen“, jammerte ihre Schwester hinter ihr und rieb sich hektisch die roten Hände.
Ein kurzer Blick in ihre Gedanken zeigte mir, dass die Zwillinge sich eine neue Boshaftigkeit ausgedacht hatten. In der zweiten Stunde hatten sie sich zur Toilette abgemeldet, sich mit Dylan auf dem Parkplatz getroffen und versucht, mit Magie Farbe auf Savs Auto zu schmieren. Daher waren wahrscheinlich die beiden Energiespitzen gekommen, die Sav und ich gerade gespürt hatten. Aber irgendwie war ihr Zauber nach hinten losgegangen, und jetzt klebte die rote Farbe an ihren Händen.
Dass Vanessa glaubte, Savannah habe ihr Auto geschützt, war nur der übliche Verfolgungswahn des Clanns. Was ich nicht begriff, war, warum die Zwillinge nicht wenigstens schlau genug
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