Herzblut 02 - Stärker als der Tod
Moment, befand er sich in Gefahr. Und er wollte es einfach nicht einsehen.
Ich würde ihn vor sich selbst retten und es ihm beweisen.
Ich trat näher an ihn heran, stellte mich auf Zehenspitzen und schmiegte mich an ihn, wie ich es schon die ganze Zeit gewollt hatte. Stöhnend nahm er mich in die Arme und senkte den Kopf.
Ich küsste ihn, schob seine Lippen auseinander und vertiefte den sanften Kuss, bis wir die Kontrolle verloren. Seine Energie strömtein mich, die berauschende Kraft sirrte wie flüssige Blitze durch meine Adern.
Als er stöhnte, war selbst sein Atem in meinem Mund Nahrung. Ich musste gar nichts dafür tun. Um ihm Energie zu entziehen, brauchte ich ihn nur zu küssen. Es gab keinen Schalter, den ich umlegen konnte. Ich konnte den Energiestrom nicht kontrollieren. Ich war ein Fass ohne Boden, das ihm jedes Tröpfchen Lebenskraft aussaugen würde, bis nichts von ihm übrig war. Und ich konnte es nicht abstellen.
Er taumelte rückwärts gegen die Wand und zog mich mit sich. Und wir küssten uns immer noch. Er drückte die gespreizten Hände gegen meinen Rücken, während ich die weichen, widerspenstigen Locken in seinem Nacken kraulte. An der Brust spürte ich das Pochen seines Herzens, das allmählich schwächer wurde.
Ich brachte ihn um. Und ein Teil von mir wollte nicht aufhören.
Irgendwann fingen seine Knie an zu zittern. Schließlich sackten sie weg. Er rutschte an der Wand nach unten.
Erst jetzt löste ich mich keuchend von ihm und wich zurück. Es trieb mir die Tränen in die Augen, zu sehen, wie er auf dem grauen Teppichboden saß und nach Luft rang.
„Wie fühlst du dich?“, flüsterte ich.
„Wow“, hauchte er mit benommenem Blick.
Es kribbelte mir in den Fingern, ihn hochzuziehen und weiterzuküssen. „Kannst du aufstehen?“
Er lachte. Er hatte keine Ahnung, dass etwas in mir zerbrach. „Gib mir noch ein paar Minuten.“
Damit hatte er bewiesen, dass ich recht hatte. Und meine größte Angst bestätigt.
„Wieso willst du einfach nicht begreifen, wie gefährlich ich für dich bin? Wie gefährlich jeder Vampir für jeden Nachfahren ist? Du kannst nach einem einfachen Kuss nicht mal mehr aufstehen. Könntest du dich verteidigen, wenn noch ein anderer Vampir hier wäre?“
Er runzelte die Stirn und blinzelte schnell, als könnte er nicht klar sehen. Was für ein Dickkopf. Aber ich würde alles tun, um ihn zu retten. Ich musste es schaffen, auch wenn wir nicht zusammensein konnten. In einer Welt ohne ihn würde ich nicht leben können.
Ich beugte mich über ihn, bis meine Lippen fast die Stelle an seinem Hals berührten, an der sein Puls träge pochte. Sein schwacher, langsamer Herzschlag klang für mich wie ein leiser Ton, der immer wieder angeschlagen wurde. Er würde nie wissen, wie kostbar diese Musik immer für mich sein würde.
In mir stieg schmerzlich die Erinnerung auf, wie süß und gut sein Blut geschmeckt hatte, und für einen Moment war ich wie erstarrt.
Ich schob die Erinnerung beiseite. Sie war nur ein weiterer Beweis dafür, wie gefährlich ich in jeder Sekunde für ihn war.
Stattdessen küsste ich ihn zitternd auf die Wange, sog seinen frischen Duft ein und spürte ein paar kratzige Stoppeln, die er beim Rasieren übersehen hatte.
„Ich liebe dich, und ich wünschte, ich könnte ändern, was ich bin, aber das kann ich nicht. Und du auch nicht. Manchmal überwindet die Liebe nicht alle Hindernisse. Manchmal müssen wir einfach loslassen. Der Clann und der Rat wollen uns nur voreinander beschützen. Hör auf sie. Hilf mir, mein Versprechen ihnen gegenüber zu halten. Lass los.“
Lass mich gehen .
Hilf mir, dich gehen zu lassen .
Genauso gut hätte ich sagen können: Hilf mir, mir selbst das Herz herauszureißen.
5. KAPITEL
Tristan
I hr rotes Haar kitzelte mich an den Wangen, sein Lavendelduft stieg mir in die Nase und verwirrte mich noch mehr. Hatte sie überhaupt eine Ahnung, wie weit sie mich um den Verstand und die Kontrolle brachte? Wie sehr ich in der letzten Woche schon den Geruch ihres Parfums vermisst hatte? Und dass ich völlig entkräftet und wehrlos war und trotzdem glücklicher als je zuvor?
In ihrer Nähe ergab die Welt für mich einen Sinn. Ich wusste, wer ich war. Bevor ich sie getroffen hatte, war mir nicht klar gewesen, was ich im Leben erreichen wollte, außer, Profi-Footballer zu werden. Ich hatte mich treiben lassen und getan, was meine Eltern von mir erwarteten. Ich hatte mich mit anderen Mädchen getroffen. Mit vielen
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