Herzblut 02 - Stärker als der Tod
verändert. Dafür habe ich eine tolle Aussicht aus meinem Zimmer, und es ist ungefähr viermal so groß wie mein altes. Jetzt habenwir endlich genug Platz, wenn ihr bei mir übernachten wollt.“
Lächelnd sah ich sie an. Ich dachte, wenigstens darüber würden sie sich freuen. Stattdessen beschäftigten sie sich plötzlich intensiv mit ihrem Essen oder räumten ihren Müll zusammen.
Mein neues Zuhause machte ihnen Angst, obwohl sie es noch nicht mal betreten hatten.
Ich dachte daran, wo sie wohnten, an Carries Backsteinhaus am See und Annes tadelloses modernes Stadthaus am Buckner Park. Sogar Michelles Haus war wegen ihrer vielen kleinen Brüder und Schwestern nicht immer aufgeräumt, aber ziemlich neu.
Und jetzt glaubten sie, sie würden sich eine Bleivergiftung holen, wenn sie mich mal besuchten.
Ich klaubte einen Chip von meinem Schoß auf und kaute stumm darauf herum. Dann spürte ich es – meine Nackenhärchen sträubten sich, als würde mich jemand anstarren.
Langsam wandte ich den Kopf.
Tristan.
Mein Magen zog sich zusammen. Würde er herüberkommen und wieder mit mir über Dinge streiten, die ich nicht ändern konnte? Würde er mir vor den Clann-Leuten eine Szene machen?
Aber er saß nur da und starrte verkniffen herüber. Seine Augen schimmerten dunkelgrün, wie immer, wenn er wütend oder aufgebracht war.
Vielleicht begriff er endlich, in welcher Lage wir uns befanden.
Vom Kopf her wusste ich, dass ich erleichtert sein sollte.
Trotzdem wollte ich so sehr weinen, dass es wehtat.
Tristan
Ich kämpfte um mein altes Selbstbewusstsein, das mir sagte, ich hätte recht, ich würde den Vampirrat und meine Eltern schon irgendwie umstimmen. Aber meine Eltern wollten nicht mal darüber reden mit mir. Meine Mutter hatte sogar gedroht, mir die Autoschlüssel wegzunehmen und mir Hausarrest zu geben, wenn ich auch nur ein Mal Savannahs Namen in ihrer Gegenwart aussprach.Und an den Vampirrat kam ich nicht heran.
Als ich am Freitagabend in der Aula der Highschool saß, um mir die Frühlingsshow der Charmers anzusehen, war mir klar, dass es nur eine Lösung gab.
Ich musste ein Vampir werden.
Ich konnte weder den Clann noch den Rat dazu bringen, die Regeln zu ändern. Aber wenn ich ein Vampir wurde, wäre Savannah keine Gefahr mehr für mich. Dann würden sie uns in Ruhe lassen.
Savannah würde mich auf keinen Fall selbst verwandeln, nicht mal, wenn ich sie dazu bringen würde, die Kontrolle über ihren Blutdurst zu verlieren. Sie glaubte an das Märchen, dass Vampirblut uns Nachfahren umbrachte. Also musste ich einen Vampir dazu überreden. Aber wen? Ich kannte nur einen Vampir: ihren Vater. Und wie sollte ich Mr Colbert davon überzeugen, dass er mich verwandeln sollte? Ich wusste nicht mal, wo sie wohnten.
Allerdings kannte ich jemanden, der vielleicht ihre neue Adresse hatte. Und dieser Jemand stand im Telefonbuch. Ich stahl mich aus der Aula, um sie anzurufen. Zum Glück meldete sie sich.
„Hallo, Michelle, hier ist Tristan Coleman …“
Als Antwort kam ein lautes Quietschen, und ich riss mir das Handy vom Ohr. Was war das denn?
„Michelle? Bist du noch dran?“, fragte ich. Vielleicht hatte ihr Telefon den Geist aufgegeben.
„Ja! Ich bin hier“, hauchte sie.
Okay. „Ich weiß, normalerweise würde ich dich nicht einfach anrufen, aber könntest du mir einen riesigen Gefallen tun? Hast du Savannahs neue Adresse? Ich muss mit ihrem Vater reden.“
„Ist schon gut.“ Ihre Stimme wurde mit jedem Wort höher. „Ich fand schon immer, dass ihr ein perfektes Paar wärt.“
Da waren wir uns einig.
„Sie haben das alte Spukhaus an den Bahngleisen gekauft, gegenüber von der Tomato Bowl. Das grün-weiße viktorianische Haus, kennst du das?“
„Ja. Ich weiß, welches du meinst.“ Inzwischen war ich schon an der Rampe angekommen und lief zum Parkplatz hinunter. „Danke, Michelle.“
„Weißt du, Savannah war diese Woche echt traurig. Alle sagen, es wäre, weil ihr heimlich zusammen wart und euch getrennt habt, aber sie will nicht darüber reden. Hast du mit ihr Schluss gemacht?“
„Nein. Genau genommen war es umgekehrt.“
Schweigen. Schließlich sagte sie: „Tja, ich hoffe, ihr vertragt euch wieder.“
„Ich arbeite jedenfalls daran.“
„Viel Glück!“
Nachdem ich mich bedankt hatte, beendete ich das Gespräch und stieg in meinen Pick-up. Auf dem Weg durch die Stadt überlegte ich, wie ich wohl ihren Vater dazu überreden konnte, mich zu verwandeln, wenn ich es nicht einmal
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