Herzblut 02 - Stärker als der Tod
ich mir das mistige Essen schmecken lassen, bis meine Mutter rausging, um sich einen Löffel für ihr mitgebrachtes Essen zu holen.
Sobald sie draußen war, zischte ich Bethany zu: „Schnell, rette mich! Iss das, bevor sie zurückkommt.“
Bethany betrachtete stirnrunzelnd das Tablett. „Wieso das denn?“
„Weil es wie Hundesch… äh, Kacke schmeckt und ich mir das Gemecker nicht anhören will, wenn ich es nicht esse.“
Sie lachte laut. „Ach, aber mich willst du mit dem Fraß quälen? Vergiss es.“
„Och, komm schon, Bethany! Hast du denn kein Mitleid?“ Mit meinem treuesten Hundeblick legte ich meine gesunde Hand auf meinen Gips.
Sie ignorierte mein Flehen einfach und packte ihre Sachen. „Tut mir leid, aber ich muss nach Hause, sonst macht sich meine Mutter Sorgen. Sie wusste, dass ich dich besuchen wollte, aber sie hat sicher nicht gedacht, dass es so lange dauert.“
Mom hatte die Tür offen stehen lassen. Als sie zurückkam, hallte das energische Klackern ihrer Absätze vom Flur herein.
„Bethany, bitte!“ Ich streckte ihr die Schüssel mit dem Sahnemais entgegen. „Wirf das Zeug wenigstens weg.“
Erst biss sie sich auf die Unterlippe, dann nahm sie mir schließlich die Schüssel ab und kippte das Zeug in den Mülleimer unter der Spüle. Gerade stellte sie die Schüssel wieder auf das Essenstablett, als Mom hereinkam.
„Hier, bitte, schön mit Salz und Pfeffer, wie du es wolltest“, sagte Bethany mit strahlendem Lächeln.
„Wenn Männer krank oder verletzt sind, benehmen sie sich wirklich wie kleine Kinder“, meinte Mom.
„Na, ich geh jetzt lieber. Sehen wir uns morgen?“, fragte Bethany mich.
Ich nickte und strich die wabbelige Soße vom Truthahnfleisch, während Mom mir die Kissen aufschütteln wollte.
„Lieb, dass du gekommen bist“, bedankte sich Mom bei Bethany. Dann versuchte sie weiter, es mir bequemer zu machen, obwohl es hoffnungslos war.
Hinter Moms Rücken formte Bethany lautlos mit den Lippen: „McDonald’s?“ und malte mit einem Finger zwei Bögen in die Luft. Ich nickte hektisch.
Als ich mich vorbeugen musste, damit Mom mir noch ein Kissen in den Rücken stopfen konnte, reckte ich den Kopf an ihr vorbei und antwortete auf die gleiche Art: „Big Mac!“
Bethany reckte beide Daumen in die Höhe. Dann schlüpfte sie hinaus.
Als Bethany am nächsten Tag zurückkam, wusste ich nicht, ob ich mich mehr über sie oder über die Tüte von McDonald’s freute, die sie aus ihrer Sporttasche zog.
„Oh Mann, du bist ein Engel“, nuschelte ich mit einem Riesenbissen Burger im Mund.
Sie lachte, als mir Salat auf das Krankenhaushemd fiel.
Ich schlang das Essen hinunter und versprach danach, es zu bezahlen, sobald meine Knastwärter mir mein Portemonnaie zurückgegeben hatten. Sie versteckte den Müll in ihrer Sporttasche, und wir fingen mit den Hausaufgaben von heute an.
Als Mom mich später besuchen kam, schnupperte sie stirnrunzelnd. „Rieche ich da etwa Fast Food?“
Bethany hielt sich mit einem verlegenen Lächeln eine Hand vor den Mund. „Oh, tut mir leid, Mrs Coleman. Das war ich. Ich musste aufstoßen.“
Ich tat, als müsse ich niesen, um mein Lachen zu überspielen.
„Hier, Schatz.“ Mom griff nach den Papiertüchern auf dem Nachttisch. „Unterdrück das Niesen nicht, sonst bekommst du eine Nebenhöhlenentzündung.“
Mom hielt mir ein Papiertuch vor die Nase. Als ich es anstarrte, schüttelte sie es. „Schnaub.“
„Mutter“, grummelte ich mit zusammengebissenen Zähnen. Meine Wangen wurden heiß.
„Ich gehe mal lieber“, sagte Bethany atemlos. Sie wurde rot. Fastwäre sie vor Lachen geplatzt. „Bis morgen, Tristan.“
Während ich mir von Mami die Nase putzen ließ, hallte Bethanys Kichern über den Flur.
Die nächsten Tage liefen genauso ab, aber zum Glück spielte meine Mutter nicht noch mal die Glucke. Bethanys Besuche mauserten sich schnell zum Höhepunkt des Tages. Vor allem, weil sie für mich Essen hereinschmuggelte, aber auch, weil sie nett war. Früher hatte ich mich nie richtig mit ihr unterhalten; wenn sie beim Training der Charmers rübergekommen war, hatte ich die Gespräche kurz gehalten, weil ich Savannah nicht eifersüchtig machen wollte. Und in der Schule mussten wir immer zusehen, dass wir in den nächsten Kurs kamen.
Manchmal zog sie mich damit auf, dass ich ein Muttersöhnchen sei, aber abgesehen davon war Bethany wirklich witzig. Sie traute sich auch, mir einen Tritt zu geben, wenn ich beim Lernen faul wurde und
Weitere Kostenlose Bücher