Herzblut 02 - Stärker als der Tod
lieber fernsehen wollte.
Bis Freitag hatte Emily sich endlich beruhigt und schaute vorbei, um mich zu nerven. Bethany war noch da, als meine Schwester hereinkam. Emily zog kurz die Augenbrauen hoch, war aber so nett, keinen großen Aufstand wegen Bethanys Besuch zu veranstalten. Wenigstens noch nicht.
„Und, Schwesterherz, fährst du mich nächste Woche zur Physiotherapie her? Die Ärzte sagen, dass ich zwei-, dreimal die Woche kommen soll, etwa für eine Stunde. Wahrscheinlich könnte ich nachmittags Termine bekommen, wenn du willst.“ In der nächsten Woche hatten wir nachmittags frei, vormittags fanden jeweils zwei Klausuren statt. Ich sollte am Samstag entlassen werden, damit ich mitschreiben konnte.
„Geht nicht“, sagte Emily und biss genüsslich in einen Royal mit Käse. Aber ihre Foltermethode zog nicht; dank Bethany hatte ich vor einer Stunde schon einen Dreifachburger von Dairy Queen verdrückt.
„Wieso geht das nicht?“ Schließlich konnte sie nächste Woche sowieso nicht ausschlafen. Auch sie musste Klausuren schreiben und sie bestehen, um ihren Abschluss zu bekommen. Und weil ich erstin ein paar Wochen selbst fahren durfte, würde mich Emily sowieso morgens zur Schule mitnehmen.
„Weil ich nach den Klausuren zum Cheerleadertraining mit den Maidens muss. Danach fahre ich nach Tyler und trainiere auf dem Campus mit dem Team dort.“
„Das ist doch gelogen“, grummelte ich. „Das Schuljahr ist zu Ende. Wofür willst du jetzt noch trainieren?“
„Für eine Menge“, antwortete sie eingeschnappt. „Das Cheerleaderteam der Uni nimmt im Sommerlager immer an Wettbewerben teil, deswegen müssen wir so bald wie möglich mit dem Training anfangen. Die Gruppe ist gemischt, und weil ich null Erfahrung mit Stunts bei gemischten Gruppen habe, muss ich so oft wie möglich mitmachen. Und mit den Maidens muss ich diesen Monat noch trainieren, um den neuen Teamcaptain für das nächste Jahr anzulernen. Die Maidens haben sich Sally Parker ausgesucht.“
Ich schnaubte. „Damit ist das nächste Jahr für die Cheerleader wohl gelaufen.“
Jetzt musste sogar Bethany kichern, auch wenn sie sich eine Hand vor den Mund hielt.
Emily seufzte. „Ja. Ich weiß, was du meinst. Die Maidens wollten lieber süß und dumm als teuflisch und genial. Ich kann ihnen das nicht mal verübeln. Sie hatten die Wahl zwischen Sally und Vanessa Faulkner. Sonst wollte niemand.“
Ich schauderte. „Gute Wahl.“ Vanessa war so gemein, dass sie als Captain in kürzester Zeit das ganze Team vergrault hätte.
Bethany räusperte sich, um ein Kichern zu überspielen, und packte ihre Sachen ein. „Ich muss los. Viel Glück nächste Woche.“
„Danke“, antworteten Emily und ich.
„He, danke für die Nachhilfe und für … na ja, du weißt schon“, fügte ich matt hinzu. Das mitgebrachte Essen wollte ich nicht erwähnen. Emily sollte nicht noch mehr in der Hand haben, womit sie mich erpressen konnte.
Wieder zog Emily die Augenbrauen hoch.
„Gern geschehen“, winkte Bethany ab. In der Tür blieb sie stehen und drehte sich um. „He, ich könnte dich nächste Woche zur Therapie fahren. Wenn du Termine nach dem Mittagessen bekommst,könnten wir uns was zu essen holen und direkt nach der Schule herfahren.“
„Okay. Aber das Essen geht auf mich“, sagte ich. „Das ist der Deal.“
„Du verhandelst ja ganz schön hart. Also bis Montag nach der Schule.“ Bethany winkte zum Abschied und ging zum Fahrstuhl raus.
Emily räusperte sich laut.
„Was?“
„Sie macht einen netten Eindruck.“
„Ja, sie ist ganz in Ordnung.“
Emily warf eine zusammengeknüllte Serviette nach mir. Gelangweilt benutzte ich etwas Energie, um sie im Flug aufzuhalten und auf Emily zusausen zu lassen. Lachend machte sie es mir nach und hob eine Hand, um die Serviette zu stoppen.
„Ich glaube, sie mag dich.“ Auf eine Geste von ihr flog die Serviette wieder in meine Richtung.
Ich fing sie auf, ohne sie zu berühren, und ließ sie mit meiner Energie ein paarmal hüpfen. Als Antwort auf diesen Kommentar gab ich der Serviette einen kleinen Schubs, damit sie eine Runde um Emilys Kopf drehte.
Emily duckte sich und fing die Serviette zwischen ihren Händen ab. „Pass lieber auf, wenn du sie nicht auch magst.“
Eine Weile spielten wir mit der Serviette wie mit einem Basketball, ließen sie von der Decke, den Wänden und dem Fernseher abprallen und versuchten uns gegenseitig zu übertrumpfen.
„Kann ich nicht einfach mit ihr befreundet
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