Herzblut - Gegen alle Regeln (German Edition)
Wiedersehen nach langer Zeit. Im Gegenteil,ich wusste wieder, warum ich nicht mehr die eifrige Tochter spielen wollte und monatelang nicht mit ihm gesprochen hatte.
Ich setzte mich ihm gegenüber. Nachdem ich ein Getränk bestellt hatte, fragte mein Vater so leise, dass ich ihn nur mit Mühe verstand: „Kannst du mich hören?“
Um diese Zeit war das Restaurant nicht gut besucht. Die meisten Mittagsgäste würden erst gegen zwölf kommen, nur in einer Nische an der Rückwand saß ein Pärchen. Trotzdem benahm Dad sich so, als wären die Tische um uns von neugierigen Lauschern umringt statt von leeren Stühlen.
Wenn er so geheimnisvoll tun wollte, konnte ich mitspielen. Vielleicht bekam ich ja so die Antworten, die ich brauchte. „Ja, ich höre dich. Gerade so“, flüsterte ich.
„Gut. Sprich genauso leise weiter.“ Er holte einen schwarz-silbernen Flachmann aus der Innentasche seiner Jacke.
„Hast du dir etwa was zu trinken mitgebracht?“ Stirnrunzelnd musterte ich den Flachmann, während mein Vater nach einem leeren Weinglas auf unserem Tisch griff.
Scheinbar unbeteiligt schenkte er langsam dunkelroten Wein ein.
Ich seufzte ungeduldig. Als ein Duft aus der Küche herüberwehte, lief mir das Wasser im Mund zusammen. Ach ja, ich hatte morgens nicht gefrühstückt. Gestern Abend hatte ich auch nichts gegessen. Na ja, auf jeden Fall würde ich bestellen, was die Köche gerade zubereiteten. Mein Magen grummelte schon.
Dad schob mir das Glas zu. „Magst du den Geruch?“
Was? „Du weißt doch, dass ich viel zu jung bin, um Wein zu trinken.“
„Ich habe nie behauptet, dass das Wein ist.“
Mein Herz setzte einen Schlag aus. „Was …“ Ich starrte auf die dunkelrote Flüssigkeit. „Oh.“ Er war ein Vampir. Natürlich. Das war … Blut. „Es riecht irgendwie komisch.“ Aber es roch … gut. Wie eklig!
„Du meinst, es riecht nicht wie das Blut von Tristan Coleman.“
Ich erstarrte. Er wusste Bescheid. Ach du Schande.
Ich heftete den Blick auf den Tisch zwischen uns, und meine Gedanken überschlugen sich. Eigentlich hatte ich gehofft, über meineletzten Veränderungen zu sprechen, statt über die Beziehung zu Tristan. So viel dazu.
Dad zog eine dunkle Augenbraue hoch und lehnte sich zurück. „Erzähl mir, was gestern Abend passiert ist.“
„Es klingt, als hättest du schon davon gehört. Haben dich die anderen Ratsspitzel angerufen?“
„Ja, sie haben dem Rat Bericht erstattet. Aber ich würde gerne deine Version hören. Ihr habt viel Zeit miteinander verbracht? Allein?“
Ich musste mich entscheiden: Entweder ich log, oder ich sagte die Wahrheit. Und langsam hatte ich es wirklich satt zu lügen. Nach langem Zögern nickte ich.
„Du magst diesen Jungen.“ Das war keine Frage. Mein Gesicht hatte mich längst verraten.
„Es tut mir leid. Ich weiß, dass ich das nicht sollte. Ich habe wirklich versucht, ihn nicht zu mögen. Und ich habe auch schon versucht, Schluss zu machen. Aber es ist … es ist schwerer, als ich gedacht hätte.“
„Ich weiß, wie das ist. Mit deiner Mutter ging es mir nicht anders.“
Sein verständnisvoller Unterton überraschte mich. Ich konnte mich nicht bremsen: Hoffnung flackerte in mir auf. Ich klammerte mich an der Tischkante fest. „Wäre es denn so schlimm, wenn ich weiter mit ihm zusammen wäre? Wenn ich schwöre, dass ich nie dem Clann beitrete?“
„Sie könnten dich trotzdem durch ihn manipulieren, damit du ihnen hilfst.“
Ich schloss die Augen und ließ die Schultern hängen.
„Außerdem bist du eine ständige Gefahr für ihn. Jedes Mal, wenn ihr zusammen seid, wenn ihr euch küsst …“
„Küsst?“ Ich riss die Augen auf.
Er nickte. „Weißt du nicht mehr? Auch du stammst von einem Inkubus ab. Wir können Energie durch einen Kuss aufnehmen.“
Am liebsten hätte ich mir vor die Stirn geschlagen. Das hatte ich völlig vergessen. Jedes Mal, wenn ich Tristan geküsst und gedacht hatte, es sei nur ein Witz, dass ihm schwindlig war …
„Und dann ist da noch der kleine Vorfall von gestern Abend“, fuhr er fort.
Panik stieg in mir auf. Um sie abzuwehren, schloss ich die Augen. Entsetzen packte mich. „Der Blutdurst.“ Ich brauchte es gar nicht mehr abzustreiten. Es hatte mich wirklich erwischt. „Zwingt der Rat mich jetzt, zu dir zu ziehen?“
Ich dachte, er würde wütend sein, als ich endlich den Mut fand, ihn anzusehen. Stattdessen hatte er einen Mundwinkel hochgezogen, fast, als würde er lächeln. „So wie du es sagst,
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