Herzblut - Gegen alle Regeln (German Edition)
klingt es, als würde die Welt untergehen.“
Ich zuckte nur mit den Schultern. Ich war einfach zu müde, zu sehr am Boden, um mir etwas Höfliches einfallen zu lassen. Für mich würde wirklich die Welt untergehen, wenn ich bei ihm wohnen müsste. Andererseits kam es mir jetzt schon vor, als sei mein Leben gelaufen. Offiziell gehörte ich zu den Ungeheuern, mit Blutdurst und allem Drum und Dran.
„Leider bin ich nicht derjenige, der das entscheidet“, fügte er hinzu. „Deshalb müssen wir bald gehen. Aber sieh mich vorher mal an.“ Er wartete, bis ich ihn verwirrt anblickte. „Savannah, du wirst jetzt das hier trinken.“ Ohne mich aus den Augen zu lassen, deutete er auf das Glas Blut vor mir.
„Äh, nein danke.“
„Savannah, du trinkst das jetzt sofort.“ Seine Stimme klang seltsam, als wollte er mich irgendwie dazu zwingen.
„Hör mal: Es tut mir leid, aber das trinke ich nicht.“ Höchstens wenn er mir die Nase zuhielt und es mir in den Rachen kippte. Mir war egal, wie viel Ärger ich bekam, ich würde kein ganzes Glas Blut trinken. So weit war es mit mir nicht. Noch nicht.
Wir starrten uns lange angespannt in die Augen. Dann lächelte er plötzlich. „Gut gemacht.“
„Wie bitte?“ Waren alle Vampire so launisch und seltsam oder nur er?
Immer noch lächelnd, nahm er das Glas und leerte es. Ich musste wegsehen, um nicht zu würgen. Es roch gut, aber deswegen musste man es trotzdem nicht in sich reinschütten, solange man noch bei Sinnen war.
Als er ausgetrunken hatte, sagte er: „Du hast den Test bestanden. Jetzt können wir gehen.“
Ein Test? Ohne Vorwarnung? Ich musste aufspringen und ihm regelrecht nachlaufen, als er zum Parkplatz ging. „He, warte mal. Was für ein Test?“
Bei seinem Auto blieb er stehen. „Um zu sehen, welche Vampirfähigkeiten du besitzt.“
„Zum Beispiel?“
„Im Moment bist du immer noch immun gegen die Fähigkeit von älteren Vampiren, den Vampirnachwuchs zu kontrollieren.“
Später konnten mich irgendwelche Vampire nach ihrer Pfeife tanzen lassen? Ich schauderte. Um mich von der Vorstellung abzulenken, fragte ich: „Worauf hast du mich gerade noch getestet?“
„Du hast das Gehör einer Vampirin, sonst hättest du mich gerade nicht verstanden. Nach dem, was die Beobachter in den Gedanken deiner Freundin Anne gelesen haben, kannst du menschliche Männer mit deinem Blick bannen. Als du im letzten Frühjahr getanzt hast, haben deine körperlichen Fähigkeiten fast denen von frisch verwandelten Vampiren entsprochen. Also solltest du bald genauso stark, schnell und beweglich wie Vampire sein. Wahrscheinlich, nachdem du zum ersten Mal getrunken hast.“
Getrunken? Mir kam es fast wieder hoch.
„Und obwohl du gestern einen Anflug von Blutdurst verspürt hast, hast du nicht die Kontrolle verloren, wie es einem neu geschaffenen Vampir passiert wäre. Die meisten hätten sich nicht so gut im Griff, nicht mal bei einem normalen Menschen mit einer Verletzung.“
„Ich werde nie Blut trinken.“ Abgesehen von gestern Abend. Das waren nur ein paar Tropfen gewesen. Die zählten nicht.
Jede menschliche Regung wich aus seinem Gesicht, und ich erkannte, wie fremd dieses Wesen war, von dem ich abstammte. „Wenn dein Blutdurst noch stärker wird, hast du vielleicht irgendwann keine andere Wahl.“
Das würden wir ja sehen. „Und was passiert jetzt? Beobachtet der Rat mich einfach weiter?“
„Ich wünschte, es wäre so einfach. Aber du stellst eine echte Gefahrfür sie dar, jetzt noch mehr als vorher. Der Rat besteht darauf, dich kennenzulernen.“
„Warum?“
„Wegen deines Blutdurstes. Wenn du ihn nicht beherrschen kannst, darfst du die Geheimnisse unserer Gesellschaft nicht gefährden. Der Rat muss dich sehen und entscheiden, was er unternehmen will.“
„Wann?“
„Jetzt. Ich bringe dich zum nächsten Flughafen und von dort ins Hauptquartier in Paris.“ Er öffnete die Fahrertür.
„Und wenn ich nicht mitkommen will?“
Reglos wie eine Statue sah er mich an. „Das wäre … nicht gut.“
Weil der Rat sonst jemanden schicken würde, um Nanna und Mom wehzutun?
Ich hätte schreien können, aber ich atmete tief ein und hielt die Luft fünf Sekunden lang an, bevor ich sie ausstieß und die Beifahrertür öffnete. „Na schön, fahren wir. Mir bleibt ja wohl nichts anderes übrig.“
„Danke.“
Auf dem Weg zum Flughafen musste ich mir Dads Handy leihen, weil ich meins zu Hause gelassen hatte. Über Google suchte ich die Nummer der
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