Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition)
Voraussetzung für die Durchführung des Medikamententests sein muss, dass alle Probanden einen Defi haben, falls das Medikament sich als nicht wirksam genug herausstellt. Jetzt hat aber doch der Baur gesagt …«
»… dass er während der Tests kein solches Gerät eingepflanzt bekommen hatte. Und die verstorbene Frau Burlitz auch nicht«, vollendete Kluftinger seinen Satz. »Respekt, Eugen. Das heißt, wir sollten beim Professor Uhl in Oberstaufen mal schnellstens nachfragen, wie es dazu kommen konnte, oder?«
Gerade mal eine Viertelstunde später hatten sie genau das getan – und eine weitere Unregelmäßigkeit aufgedeckt: In Oberstaufen waren weder ein Vinzent Baur noch eine Frau Burlitz jemals als Patienten der Testreihe registriert worden. Es existierten schlichtweg keine Unterlagen über sie.
Auf die Frage, ob er sich vorstellen könne, dass Doktor Steiner neben den offiziellen Versuchen unter der Hand weitere, private Tests durchgeführt haben könnte, hatte der ärztliche Leiter am Telefon ausweichend geantwortet: Man stecke schließlich in niemandem drin, und er sei zu lange im Geschäft, als dass er noch für einen Kollegen unbesehen die Hand ins Feuer legen würde. Zudem sei der Test allein Steiners Sache gewesen. Es sei zwar unwahrscheinlich, aber dennoch theoretisch möglich, dass sich der Kollege auf irgendeine Art und Weise zusätzliche Mengen an Medikamenten beschafft oder echte Medikamentendosen gegen Placebo-Gaben ausgetauscht haben könnte. All dies sei immerhin schon vorgekommen bei vergleichbaren Untersuchungen. Habe er zumindest gehört. Es war deutlich: Uhl hatte kein Interesse daran, seinen Ruf für den Leumund eines ermordeten Kollegen aufs Spiel zu setzen.
»Ich schau jetzt noch mal die Unterlagen von Steiner durch«, kündigte Strobl an. »Da waren auch so handgeschriebene Patientenlisten dabei. Auf einer war auch der Baur drauf, mein ich. Wenn wir die mit den offiziellen Listen aus Oberstaufen vergleichen, dann könnten wir einen ziemlich interessanten Personenkreis bekommen. Wir haben übrigens den Sohn vom Baur ein bissle durchleuchtet: Der ist bis jetzt in keiner Weise irgendwie aufgefallen. Ich glaub nicht, dass wir da weiterkommen.«
Kluftinger erzählte Strobl noch von der Vernehmung von Frau Burlitz, die ähnlich wenig ergeben hatte, als sich die Tür öffnete und Richard Maier hereinstürmte: »Treffer! Wir haben eine Werkstatt gefunden, die kürzlich eine Ölwanne repariert hat. Und das Auto könnte auf die Beschreibung passen.«
Kluftinger blickte die beiden Kollegen zufrieden an. Seine Motivationsoffensive hatte sich ausgezahlt. »Ihr seid ja voller Tatendrang. Dann fahren wir mal zu der Werkstatt.«
»Jetzt wirst du aber schauen! Der Ort, an den wir fahren, müsste dir eigentlich noch ziemlich bekannt vorkommen«, tönte Richard Maier, als er den Dienstwagen kurz darauf durch die Kemptener Altstadt lenkte. »Ist so eine kleine freie Werkstatt. Der Inhaber hat sich erst gewunden, dann aber eingeräumt, dass er bei einem älteren Opel Astra eine neue Ölwanne eingebaut hat.«
Je näher sie der Sankt-Mang-Brücke kamen, desto klarer wurde Kluftinger, wohin sie da gerade unterwegs waren. Er bekam ein mulmiges Gefühl, als Maier tatsächlich auf den Hof der heruntergekommenen Werkstatt an der Iller einbog: Einer seiner letzten Fälle hatte hier begonnen – man hatte eine ältere Frau umgebracht, die Tat jedoch erst später bemerkt, da der Hausarzt zunächst einen natürlichen Herztod diagnostiziert hatte. Herztod. Damals war dieses Wort nur irgendeine Diagnose für irgendeinen Menschen gewesen, nun löste es Beklemmungen in ihm aus.
»Heu, hat der Zahn nach dem Tod seiner Frau alles verkauft?« Kluftinger deutete auf das neue Firmenschild über dem Werkstatttor. Er hatte nicht weiter verfolgt, was nach Abschluss des Falles aus dem Firmengelände geworden war, sein Weg führte ihn nur selten in diese Gegend.
»Schaut so aus«, sagte Maier nickend. »Auto Hipp«, las er laut, »da müssen wir hin!«
In der Werkstatt erwartete sie bereits der neue Inhaber, ein stämmiger, bärtiger Mann um die fünfzig, der vom Aussehen auch ohne weiteres als Alphirt durchgegangen wäre.
»Hipp, Herbert«, stellte er sich vor. »Ihr könnt aber Hippe zu mir sagen, das machen alle.«
»Wir bleiben vielleicht besser beim Hipp fürs Erste. Mein Name ist Kluftinger, der Kollege Maier, mit dem haben Sie ja gerade schon telefoniert. Also, jetzt erzählen Sie mal.«
»Mei,
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