Herzen aus Asche
stolzierte voran durch die Tür zum Café, Mikael und Amelie fol gten ihr.
Das Café Ångström lag in einer ruh igen Seitenstraße in einem Altbau, dessen Türen so niedrig waren, dass Mikael sich ducken musste. Der Innenraum war klein und übersichtlich, es gab nur sechs runde Tische mit jeweils vier Stühlen, die sich vor einem Tresen aus glatt poliertem Eichenholz erstreckten. Der Stil der gesamten Einrichtung ließ sich dem Jugendstil zuordnen, es dominierten geschwungene Formen und gläserne Einsätze in den Tischen und Schränken. Das Interieur zeichnete sich durch überreiche, verschlungene Ornamente und gusseiserne Beschläge aus. Amelie liebte die Atmosphäre, es erinnerte sie an das Antiquitätengeschäft ihrer Mutter.
Sie nahmen an einem Tisch unter dem Fenster Platz, machten es sich auf den gepolsterten Stühlen bequem und bestellten bei einer zierlichen blonden Kellnerin eine Kanne Kaffee. Mindestens einmal pro Woche kamen Sara und Amelie hierher, um einen Cappuccino zu trinken und zu plaudern. Für gewöhnlich war das Café gut besucht, aber an einem Montag Mittag in den Semesterferien verirrten sich nicht viele Leute in die Innenstadt von Uppsala, und schon gar nicht in eine ruhige Seitenstraße. Es war ein warmer Sommertag, und die meisten Studenten nutzten das gute Wetter für einen Ausflug ins Umland.
»Hast du heute frei, Mikael? Oder wie kommst du d azu, Sara Montags auf ein Picknick einzuladen?« Amelie nahm einen Schluck aus der fürchterlich kleinen Kaffeetasse mit Goldrand, die einer Puppenstube hätte entstammen können.
»Ich habe mir für ein paar Tage Urlaub genommen. Momentan ist nicht viel los in der Werkstatt.«
»Meine Eltern waren gar nicht begeistert davon«, sagte Sara. »Immerhin fängt bald das neue Semester an. Ich habe bislang noch nicht viel Zeit mit den Vorbereitungen verbracht, was meinen Vater zur Weißglut bringt. Er hätte es eh lieber gesehen, wenn ich Jura studiert hätte. Hast du schon zu lernen angefangen, Amelie? Vor allem Latein jagt mir einen Schauder über den Rücken. Professor Hedskog soll sehr streng sein, zumindest, wenn man dem Gerede der älteren Studenten glauben kann.«
Amelies Herz machte einen Sprung. Daran hatte sie noch gar nicht gedacht ... Sie hatte in den letzten W ochen so viel Zeit mit ihrem Umzug verbracht, dass sie beinahe vergessen hatte, dass das neue Semester in wenigen Wochen begann. Ihre Bücher lagen noch immer unberührt auf dem Boden irgendeiner Umzugskiste. »Um ehrlich zu sein - nein. Ich habe genug Sorgen mit der Auflösung der alten Wohnung gehabt.«
»Ach ja, ich hätte den alten Bau in Länna fast vergessen.« Mikael leerte seine Puppenstubentasse in einem Zug und goss sich neuen Kaffee nach. »Echt gespenstisch. Ich hätte dir nie zugetraut, ganz allein dort einzuziehen.«
»Es ist kein alter Bau , sondern eine Villa im Stil der Renaissance. Eigentlich eine erstklassige Umgebung, um Kunstgeschichte zu studieren.« Amelie ersparte sich den Kommentar, dass die Umschreibung gespenstisch mehr als passend war. Zwar war seit dem Vorfall vor drei Tagen kein anderes Möbelstück mehr zu Asche zerfallen, aber die fehlende Kleiderschranktür jagte Amelie ein ums andere Mal eine Gänsehaut über den Rücken, wenn sie ihr Schlafzimmer betrat. Sie hatte Leifs Wunsch entsprechend mit niemandem darüber gesprochen, auch hatte er sich seitdem in der Villa nicht mehr blicken lassen. Die Ereignisse verblassten bereits wie ein schlechter Traum.
»Ich würde dich wahnsinnig gerne mal dort besuchen«, sagte Sara.
»Ich darf keinen Besuch empfangen.«
»Das kann dir dein Vermieter doch gar nicht verbieten.«
Amelie zuckte die Achseln. Gerne hätte sie Leifs Wunsch nach Heimlic hkeit respektiert, aber es fiel ihr immer schwerer, sich passende Ausreden zurecht zu legen.
»Oder habt ihr etwas zu verheimlichen?« Sara zwi nkerte ihr zu. Ihr Blick sprach mehr als tausend Worte. »Ist dieser Herr Eriksson vielleicht doch mehr als nur ein freundlicher Gönner?«
Amelie fühlte sich in die Ecke g edrängt. »Nein, da ist wirklich nichts«, blaffte sie harscher als beabsichtigt.
»Nun beruhig dich mal wieder, ich hätte es dir doch gegönnt.« Sara schüttelte mitleidig den Kopf, was Am elies Zorn nur noch schürte. Bevor sie noch etwas sagen konnte, unterbrach sie das Klingeln ihres Handys. Sie zog es aus der Tasche und sah auf das Display. Jarik.
»Ja, hallo?«
»Seid ihr zufällig in der Stadt? Mikaels Auto parkt hinter dem Kaufhaus«, sagte
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