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Herzen aus Asche

Herzen aus Asche

Titel: Herzen aus Asche
Autoren: Narcia Kensing
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sei.
    »Amelie, du hast mein Geschenk noch nicht ausg epackt.« Ida hielt ein rechteckiges, schwer anmutendes Paket in Blümchenpapier hoch, das stark an ein Buch erinnerte. Amelie schenkte ihr ein entschuldigendes Lächeln.
    »Ja, das tut mir leid.« Sie stieg über Thores stämm ige Beine hinweg und setzte sich zwischen die Zwillinge Anna und Ida auf das schmale Metallbett, über dessen Kopfende ein riesiger Kunstdruck mit dem Portrait der Mona Lisa prangte. Ida legte ihr das Paket in den Schoß. Amelie öffnete die Klebestreifen und wickelte einen dicken Wälzer aus dem bunten Blumenpapier. Es handelte sich um eine gebundene Ausgabe von Die italienische Renaissance , ein fast tausend Seiten starker Bildband.
    »Du interessierst dich doch für diese Epoche, oder?« Anna sah sie zugleich erwartungsvoll und ängstlich an, als fürchtete sie, etwas Falsches getan zu haben.
    »Ja, sehr. Dankeschön.« Amelie umarmte ihre beiden Freundinnen kurz und legte das Buch zu den anderen Geschenken neben ihr Bett. Sie liebte Kunst, und das Buch würde sie für ihr Studium gut gebrauchen können. Dennoch erschien es ihr als Geburtstagsgeschenk ein wenig unpersönlich. Künftig würde sie Anna und Ida nur noch sehr selten sehen, denn die beiden planten, in den Norden Schwedens zu ziehen.
    Es klopfte, und augenblicklich erstarben alle Gespr äche. Einen Atemzug später erschien ein blonder Schopf und das grinsende runde Gesicht von Marie in der Tür. Amelie hatte die Türklingel nicht gehört und war für den Moment ein wenig verwirrt.
    »Überraschung!« Der Rest von Maries gedrungenem Körper schob sich ins Zimmer. Sie trug einen flachen rechteckigen Gegenstand unter dem Arm, der in braunes Papier eingeschlagen war und an ein Tablett erinnerte.
    Amelie stand vom Bett auf und umarmte Marie. »Schön, dass du da bist.«
    Marie lehnte den undefinierbaren Gegenstand an den Tisch und begrüßte nacheinander die anderen Gäste, die sie, abgesehen von Ida und Anna, alle kannte. Besonders mit Jarik und Sara hatte Marie schon des Öfteren Bekanntschaft gemacht, weil die beiden bei Amelie beinahe täglich ein und aus gingen.
    »Ist deine Mutter auch mitgekommen?«, erkundigte Amelie sich und bot Marie den Platz zwischen den Zwi llingen auf dem Bett an. Sie ließ sich mit einem Ächzen darauf fallen. Sie zählte nicht zu den Schlankesten, dementsprechend schwerfällig wirkten ihre Bewegungen. Ida und Anna rückten ein wenig beiseite.
    »Ja, sie ist im Wohnzimmer und tratscht mit deiner Mutter. Du weißt ja, wie die beiden sind.« Marie verdre hte kurz die Augen, doch ihr darauf folgendes verschmitztes Lächeln nahm der Geste die Schärfe.
    »Möchtest du ein Stück Kuchen? Es sind noch zwei übrig.« Amelie deutete auf den Kuchente ller mit dem kläglichen Rest der Mokkatorte.
    »Nein, danke. Ich habe schon gegessen. Außerdem tut das meiner Leibesfülle nicht gerade gut.« Sie klop fte sich mit einem Grinsen auf den Bauch. Marie schämte sich nicht für ihr Äußeres, was Amelie sehr bewunderte. Ein wenig mehr Selbstbewusstsein hätte ihr selbst auch gut getan.
    »Pack das Geschenk aus. Deswegen bin ich doch extra noch so spät hergekommen. Mama und ich haben es re stauriert, wir sind gerade erst damit fertig geworden. Ich hoffe, dass es dir gefällt.« Maries Augen leuchteten erwartungsvoll, und auch Amelie packte die Neugier.
    »Jetzt bin ich aber auch gespannt wie ein Flitzeb ogen.« Sara sprang von Mikaels Schoß auf, als hätte sie eine Biene gestochen. »Darf ich es dir angeben? Uff, ist das schwer.« Sie nahm das Paket und streckte es Amelie entgegen, die das Corpus Delicti an sich nahm und sich damit neben Jarik auf dem Teppich niederließ. Es wog tatsächlich einige Kilos.
    Alle Augen richteten sich gebannt auf Amelies Hände, als sie das braune Packpapier herunterzog. Bis auf den Sänger, der ihnen inbrünstig einen Elektropopsong aus den Boxen der Kompaktanlage entgegenschmetterte, blieb es still in ihrem Zimmer.
    Amelie zog den Rest des Papiers ab und benötigte einen Atemzug lang, den Gegenstand zu identifizieren. Es handelte sich um ein Holzbrett, etwa siebzig mal fünfzig Zentimeter groß, dessen Oberfläche mit allerhand Schnitzereien verziert war. In der Mitte befand sich in geschwungenen Lettern ein in drei Reihen angeordnetes Alphabet, darunter die Zahlen von eins bis neun. In den Ecken prangten Bilder von Sonne und Mond. Das Holz duftete nach frischer Lasur.
    »Da müsste noch etwas im Papier sein«, kommentie rte
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