Herzen aus Asche
Marie.
Amelie schüttelte es, und tatsächlich fiel ihr ein her zförmiges flaches Stück Holz von der Größe ihrer Hand vor die Füße.
»Das ist ein Witchboard und ein Plektrum«, sagte Jarik völlig emotionslos. »Ich wusste gar nicht, dass du dich für diesen esoterischen Kram interessierst.«
»Tut sie auch nicht«, antwortete Thore, noch bevor Amelie den Mund öffnen konnte. »Dazu ist sie viel zu feige.«
»Halt den Mund.« Amelie warf ihm einen mahnenden Blick zu. »Ich denke nicht, dass Marie und ihre Mutter es mir geschenkt haben, um Geister zu beschwören. Es sieht ziemlich alt aus.«
»Ist es auch. Wir haben es einem Trödler abg ekauft.« Marie ließ sich von der Bettkante auf den Boden sinken und rutschte neben Amelie. Auch Sara hielt nichts mehr auf ihrem Stuhl. Sie strich ehrfürchtig über das Holz, als handelte es sich um einen wertvollen Schatz. Mikael lehnte sich lässig zurück und schüttelte leicht den Kopf, als könnte er nicht fassen, dass sich die Mädchen von einem Brett hinreißen ließen.
»Der Verkäufer sagte, es stamme aus dem vorlet zten Jahrhundert. Deine Mutter konnte das Alter nicht genau bestimmen, aber sie hielt es für denkbar. Ich weiß, wie sehr du alte Dinge liebst, und das Teil ist zusätzlich noch von künstlerischem Wert.« Maries Augen leuchteten, und auch auf Amelies Gesicht machte sich ein immer breiter werdendes Grinsen breit.
»Es ist wirklich wunderschön.«
Sara nahm das Plektrum vom Teppich und drehte es in der Hand. »Was haltet ihr davon, wenn wir es ausprobieren?«
»Du glaubst doch nicht im Ernst daran, oder?« Amelie knuffte ihre Freundin freundschaftlich in die Seite.
»Sara, das ist wirklich lächerlich«, meldete Mikael sich zu Wort. »Du bist eine erwachsene Frau und möchtest Kinderspiele machen?«
»Es ist doch bloß ein Spaß. Natürlich glaube ich nicht daran!«
»O Mann, wo bin ich denn hier gelandet? Im Kinde rgarten?« Thore strich sich durch das krause Haar und lehnte den Kopf zurück an die Schrankwand in seinem Rücken.
»Das könnte doch lustig werden«, sagte Jarik und set zte sich ebenfalls auf den Teppich. »Was sagt ihr dazu?«, fragte er an die Zwillinge gewandt.
»Nein, wir sehen lieber dabei zu.« Ida lächelte unb eholfen. Es hätte Amelie sehr gewundert, wenn die beiden schüchternen Mädchen sich dazu hätten hinreißen lassen. Sie selbst hielt es für albern, aber sie hatte mit Sara schon weitaus kindischere Dinge angestellt.
»Meinetwegen können wir es probieren. Aber w ehe, einer von euch bewegt das Teil, um jemand anderen zu beleidigen. Und ich möchte keine Kratzer im Holz,
okay?« Amelie wandte den Blick in die Runde. »Wer möchte mitmachen?«
Bis auf Mikael, Thore und die Zwillinge stimmten alle zu, das Witchboard zu testen. Amelie hoffte, dass Sara danach endlich Ruhe geben würde. Sara, Marie, Jarik und Amelie setzt en sich im Kreis um das Brett. Sara bestand darauf, dass Amelie den Dimmer herunterregelte, obwohl sie nicht glaubte, dass Geister lichtscheu waren. Nachdem sie die CD aus der Anlage genommen hatte, legte jeder von ihnen einen Finger auf das Plektrum, das sie in der Mitte des Brettes platzierten.
Es erwies sich als schwieriges Unterfangen, in einer Gruppe aus acht Personen, von denen die Hälfte nicht über den nötigen Ernst verfügte, eine Séance abzuha lten. Thore quatschte dauernd dazwischen, Mikael seufzte fortwährend und Sara brach ständig in Gekicher aus. Marie fielen zudem nur lächerliche Fragen ein, die sie der Geisterwelt stellen konnten. Falls es paranormale Wesen gab, hätten sie ihnen spätestens bei der Frage nach dem Gewinner der aktuellen Staffel der Talentshow den Rücken gekehrt. Amelie bezweifelte, dass Geister Privatfernsehen empfingen.
Zwei Mal bewegte Jarik das Plektrum so offensich tlich, dass Amelie ihm einen Klaps auf den Hinterkopf verpasste. Nachdem Sara ihre Lachanfälle unter Kontrolle gebracht hatte, fanden alle endlich die Ruhe, wortlos darauf zu warten, dass ein vermeintlicher Geist mit ihnen sprach. Amelie wusste natürlich, dass sich das Plektrum nur deshalb bewegte, weil allein die Vorstellung daran das motorische Zentrum im Gehirn reizte, was wiederum zu einer unbewussten Muskelkontraktion führte. Sie hatte darüber vor Jahren einen Artikel in einem Lifestylemagazin gelesen. Dennoch konnte einem ein Witchboard manchmal interessante Hinweise geben, die im Unterbewusstsein des Fragenden ansonsten keine Beachtung gefunden hätten.
Nach nur wenigen
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