Herzen aus Gold: Roman (German Edition)
und drehte sich zu seinem Gast um, der neben der Anrichte stand und inständig hoffte, dass man ihn einfach übersehen würde.
Ned schluckte und straffte die Schultern. »Genau wie Sie sagen. Er war sehr übergewichtig, und er hat heftig geschwitzt, aber er schien sich nicht unwohl zu fühlen. Krank hat er auf mich jedenfalls nicht gewirkt.« Er wusste, dass er das Ganze nicht weiter ausschmücken sollte, also brach er abrupt ab.
»Wie lange war er hier, Mr. Sinclair?«, fragte Guha.
Ned runzelte die Stirn und versuchte, nicht allzu nervös zu erscheinen. »Nicht lange. Höchstens eine Viertelstunde.«
»Und worüber haben Sie gesprochen, Sir, wenn ich fragen darf?«
»Über nichts Wichtiges. Dr. Brent wollte mir nur einen kurzen Besuch abstatten, nachdem er gehört hatte, dass ich jetzt hier lebe.«
»Warum wollte er das, Sir?«
Ned spürte, wie seine Wangen brannten, und hoffte verzweifelt, dass sein roter Kopf in der matten Beleuchtung im Raum nicht auffiel. »Er wollte wissen, was mit den persönlichen Dingen meiner Familie, die wir in Rangun zurückgelassen haben, geschehen soll.«
»Ich verstehe. Warum haben Sie diese Dinge zurückgelassen?«
Walker unterbrach den Officer und warf ihm einen tadelnden Blick zu. »Der Junge hat unter äußerst tragischen Umständen beide Eltern verloren. Dr. Brent war so freundlich, Ned und seiner Schwester Kost und Unterkunft in seinem Waisenhaus zu geben, bevor die beiden nach Indien kamen.«
»Und warum haben Sie das Waisenhaus verlassen?«, hakte Guha nach.
»Meine Schwester und ich haben es vorgezogen, nicht als Waisen in einem Heim zu leben, Officer Guha. Außerdem wollten wir auf keinen Fall voneinander getrennt werden. Deswegen kamen wir als blinde Passagiere nach Indien, obwohl wir davon ausgingen, für die Passage bezahlt zu haben.« Ned war klar, wie fadenscheinig seine Geschichte klang.
»Sie haben Dr. Brent nach seinem Besuch heute Nachmittag nicht mehr gesehen?«
Ned schüttelte stumm den Kopf und nahm einen Schluck von seinem Sherry. Officer Guha schlug ihm vor, sich einen Moment Zeit zu lassen, um seine Gedanken zu ordnen, doch es war die laute und stürmische Ankunft von Flora Walker, die ihn schließlich rettete.
»Harold, ist das wahr?«, fragte sie entsetzt. »Und, Ned, im Flur wartet ein Jack Bryant auf dich. Ah, da ist er ja. Kommen Sie doch herein, Mr. Bryant.«
Ned richtete sich auf. »Hallo, Jack«, sagte er, als Jack das Wohnzimmer betrat, das ihm mit einem Mal völlig überfüllt vorkam.
Jack nickte Guha zu, dann wandte er sich an seine Gastgeber. »Dr. Walker, verzeihen Sie bitte die Störung, aber ich dachte mir, dass Ned durchaus ein wenig Unterstützung brauchen könnte, wenn er von Dr. Brents Tod erfährt. Das muss ein ziemlicher Schock für ihn sein.«
»Vielen Dank, dass du gekommen bist, Jack«, bedankte sich Walker. »Das Ganze ist eine überaus bedauerliche Angelegenheit. Officer Guha, darf ich Ihnen meine Frau, Mrs. Walker, vorstellen. Mr. Bryant kennen Sie ja offensichtlich schon.«
»Bitte verzeihen Sie mir, dass ich Sie so spät noch störe, Mrs. Walker, und dass ich Ihnen eine so schlimme Nachricht überbringe.«
»Ich habe gehört, es war ein Unfall«, sagte Flora. »Unser Diener Sabu ist gewissermaßen das Auge und das Ohr dieses Haushalts.«
»Ah, darf ich dann später auch mit ihm sprechen?«, fragte Guha.
Ned hätte am liebsten laut »Nein!« gebrüllt. Er sah, wie Jack blass wurde. Aber natürlich stimmten die Walkers der Bitte zu.
»Ruf ihn doch herein, mein Schatz«, sagte Walker. »Einen Sherry, Jack?«
Jack schüttelte den Kopf und stellte sich neben Ned.
Guha verbeugte sich. »Ich bitte Sie, Dr. Walker. Ich möchte Sie wirklich nicht weiter belästigen. Sie waren schon viel zu großzügig. Ich werde mit Sabu in einem anderen Raum sprechen.«
Ein warnender Blick von Jack sagte Ned, dass er die Nerven behalten solle.
»Ich werde Sie zu ihm bringen«, erbot sich Ned. »Hier entlang, bitte.« Jack folgte ihnen.
Sie trafen Sabu im Salon an, wo er sich gerade leise mit der ayah unterhielt, die das Geschirr abräumte.
»Sabu«, begann Ned zögernd, »das hier ist Inspektor Guha. Er möchte dir ein paar Fragen zum Verlauf dieses Nachmittags stellen. Es geht um den tödlichen Unfall von Dr. Brent heute Abend.«
Der Polizeibeamte lächelte Ned höflich an. Ned entging es jedoch nicht, dass er keineswegs erfreut darüber war, dass er Sabu mitgeteilt hatte, worum es ging. Guha fing an, sich in schnellem Tamil
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