Herzen aus Gold: Roman (German Edition)
Ereignis laut Walker stattfinden sollte, geriet Jacks Entschluss ins Wanken. Hinzu kam, dass er die nächsten beiden Tage nicht arbeiten musste und somit viel zu viel Zeit und Gelegenheit hatte, an das glückliche Paar zu denken.
Es war kaum noch etwas zu trinken im Haus. Jack war sich sicher, dass Kanakammal Gangai mit einer Strafe, die schlimmer war als der Tod, gedroht haben musste, da dieser seine Alkoholvorräte nur auf ausdrückliche Anweisung und dann auch nur höchst widerwillig auffüllte.
»Gangai! Hast du mir Gin besorgt?«
»Das … das mache ich morgen, Sir.«
»Nein, das machst du jetzt gleich. Fahr nach Robertsonpet hinunter und hol mir eine Flasche Gin und eine Flasche Scotch . Und wag es ja nicht, mir mit irgendwelchen Ausreden zu kommen.« Er zog ein Bündel Banknoten aus seiner Tasche. »Hier. Der Rest ist für dich. Kauf dir eine Flasche Arrak.«
Gangai lächelte und sauste mit dem Fahrrad davon. Kurz darauf kam Kanakammal mit einem Teller Zwiebel- bhajis ins Zimmer.
»Soll ich Ihnen vielleicht Ihr Abendessen heute etwas früher bringen, Mr. Bryant?«
»Nein, danke. Ich denke, ich werde zuerst noch einen Spaziergang machen.«
»Sie sollten den Hügel hinaufgehen, Sir, falls Sie noch nicht dort waren. Von da oben hat man einen wunderbaren Blick.«
Jack lächelte insgeheim. Er bewunderte sie für ihre Hartnäckigkeit. Wie Gangai hatte auch sie ihn den ganzen Tag über beobachtet, hatte auf ein Zeichen gewartet, dass er von seinem Kurs abwich. Sie wusste, dass nun der Augenblick gekommen war, und hoffte wahrscheinlich, ihn davon abhalten zu können, an diesem Nachmittag auch nur in die Nähe der St.-Michael-Kirche zu kommen.
»Ich werde nicht lange weg sein«, sagte er freundlich und nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette. Sie beobachtete, wie er den Rauch ausblies. Er versuchte, sich unter ihrem forschenden Blick nicht allzu unwohl zu fühlen.
»Ich durchschaue dich, Elizabeth. Ich weiß genau, was du willst … aber du kannst mich leider nicht vor mir selbst retten. Das kann niemand.« Jack warf die Zigarette zu Boden und trat sie mit seinem Stiefel aus.
Er sah sie wieder an. »Warum bist du eigentlich noch nicht verheiratet?« Als sie ihm keine Antwort gab, schüttelte er den Kopf. »Die Männer hier müssen verrückt sein, sich nicht für eine Frau wie dich zu interessieren.«
»Ich bin nicht auf das Interesse eines Mannes angewiesen, Sir.«
Er lachte wehmütig. »Ja, das weiß ich. Aber ich habe das als Kompliment gemeint. Du bist wirklich außergewöhnlich. Ned hat recht. Ich habe deine Anwesenheit als zu selbstverständlich genommen. Also lass mich dir jetzt, bevor ich zu betrunken bin, sagen, dass ich wirklich froh bin, dich wieder hier zu haben.«
»Ich bin ebenfalls froh, Sir. Ich arbeite nicht gern im Geschäft meines Vaters.«
»Warum denn nicht?«
»Die Leute sprechen dort immer sehr herablassend mit mir. Vor allem die Mischlinge. Für sie werde ich immer nur ein Dienstmädchen sein.«
Jack lachte leise in sich hinein. »Du magst die Anglo-Inderinnen nicht?«
»Ich mag die Menschen nicht, die glauben, sie seien etwas Besseres als ich. Mein Blut ist rot, genau wie das ihre. Vor neun Monaten hat man begonnen, im hiesigen Krankenhaus eine Blutbank anzulegen. Mein Vater war der Erste, der Blut gespendet hat, und ich stand gleich hinter ihm in der Schlange. Ich bin mir sicher, dass jeder gern das Blut einer Inderin nim mt, wenn sein Sohn oder seine Tochter dringend eine Transfusion braucht.« Ihre Stimme klang leise und kontrolliert, aber er spürte, wie zornig sie war.
»Und deshalb willst du in keinem Geschäft arbeiten?«
»Vielleicht habe ich ja irgendwann mein eigenes, Sir. Dann wird mich niemand mehr herablassend behandeln.« Sie wandte sich zum Gehen. »Ich werde jetzt Ihr Essen zubereiten.«
Als sie verschwunden war, versuchte Jack, die Hand hinter den Kopf zu legen, aber seine Schulter erlaubte ihm das nicht. Er dachte wieder an die Zeit auf der Veranda in Bangalore, als Iris einen Weg gefunden hatte, ihm all seine Schmerzen zu nehmen.
Iris.
Heute würde sie also heiraten. Schon heute Abend würde sie in Neds Bett liegen. Bei diesem Gedanken biss er die Zähne zusammen. Er stellte sich vor, wie die ganze Familie geschäftig herumeilte, den Blumenschmuck für die Kirche bestellte und den Empfang, der zweifellos in der Oorgaum Hall stattfinden würde, vorbereitete. Wo würden die beiden ihre Flitterwochen verbringen? Was konnte Ned sich leisten?
Jack wäre
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