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Herzen aus Gold: Roman (German Edition)

Herzen aus Gold: Roman (German Edition)

Titel: Herzen aus Gold: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona McIntosh
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besser.
    »Wie lange habe ich …«
    »Es ist jetzt Montagnachmittag.«
    Fast zwei Tage. Meine Arbeit!, dachte er.
    Sie schien seine Gedanken zu lesen. »Dr. Walker hat mit Ihrem Chef gesprochen. Er lässt Ihnen ausrichten, dass Sie sich zwei Wochen freinehmen sollen – das steht Ihnen ohnehin zu.«
    »Walker?«
    »Wir mussten einen Arzt rufen.«
    »Wie schlimm ist es?«
    »Sie sind mit dem Kopf aufgeschlagen und haben eine Gehirnerschütterung. Außerdem haben Sie sich die gesamte Seite aufgeschürft. Sie muss regelmäßig verbunden werden.«
    »Mein Arm tut auch weh.«
    »Das ist nur die alte Wunde.«
    Jack nickte. Er hasste sich, hasste die Welt und hasste vor a llem Kanakammal, weil sie ihm vergab, obwohl er diese Gnade nicht verdient hatte. Er versank in eine immer düsterere Stimmung, während die Tage quälend langsam verstrichen und die Nächte noch unerträglicher waren.
    Kanakammal döste von Zeit zu Zeit auf der anderen Seite des Zimmers. Zwischendurch verschwand sie immer wieder eine Zeit lang, und dann zogen köstliche Essensdüfte in sein Zimmer. Obwohl Jack das nur höchst ungern zugab, so war er sich doch bewusst, dass seine Genesung ohne Kanakammal nicht so schnell vorangeschritten wäre.
    Harold Walker schickte einen Arzt, der ihn täglich untersuchte. Der junge Mediziner erklärte, er sei auf dem Weg der Besserung, und empfahl ihm viel Ruhe, viel Wasser, etwas S onne und mäßige Bewegung. Nach einer Woche war Jack wi eder auf den Beinen. Er sprach nur wenig, befolgte jedoch genau die ärztlichen Ratschläge, um möglichst schnell wieder vollständig zu genesen. Jeden Tag verbrachte er eine Stunde an seinem Schreibtisch. Es gelang ihm, die ersten Arbeiten an seinem Laden und seinem Haus auf den Weg zu bringen. Er hatte beschlossen, dass er eine Gemischtwarenhandlung eröffnen würde, die er aufgrund ihrer Lage auf der Kuppe des Hügels »Funnel’s« nennen wollte.
    Er hatte eine Methode gefunden, seinen Kopf völlig leer werden zu lassen: Er versuchte, einfach nicht daran zu denken, was seine Kollegen von seiner Trunkenheitsfahrt und dem anschließenden Unfall hielten – und vor allem verbannte er jeden Gedanken an Ned oder Iris aus seinem Kopf. Und wenn sich dennoch einer in sein Bewusstsein zu schleichen drohte, lenkte er sich damit ab, dass er Solitär spielte oder irgendwelche anderen Arbeiten erledigte. Er tat alles, um sich von diesem unsäglichen Samstagabend abzulenken, vor allem aber tat er alles, um die Erinnerung an seinen Nachmittag mit Iris in dem leer stehenden Haus in Bangalore auszulöschen.
    Natürlich war es ihm nicht möglich, sich völlig von der Welt abzuschotten. Ein paar Tage später machte Harold Walker einen Hausbesuch bei ihm, da der junge Arzt, der ihn bislang betreut hatte, zu einem Unfall gerufen worden war. Walker verhielt sich Jack gegenüber sachlich und distanziert. Das Einzige, worüber gesprochen wurde, waren Jacks Verletzungen.
    »Sie sind jetzt so weit hergestellt, dass Sie wieder arbeiten u nd Ihre Aufgaben im Maschinenhaus erledigen können, Jack.«
    »Vielen Dank«, erwiderte dieser.
    »Dann wünsche ich Ihnen noch einen guten Tag. Wir werden Sie nicht mehr besuchen müssen«, sagte Harold und wandte sich zum Gehen.
    Jack folgte ihm auf die Veranda hinaus, den Arm trug er sicherheitshalber noch in einer Schlinge. »Dr. Walker?«
    Der alte Mann drehte sich um.
    »Ich möchte mich für mein Verhalten entschuldigen.«
    »Ich glaube, es ist für alle das Beste, wenn wir nicht mehr von dieser Nacht sprechen. Unsere Familie wünscht sie zu vergessen.«
    »Dessen bin ich mir bewusst. Aber wie Sie sehen, kann ich sie nicht vergessen. Deshalb ist es mir ein besonderes Anliegen, dass Sie wissen, wie sehr ich mein schändliches Verhalten bereue.« Ein trostloses Lächeln huschte über sein Gesicht. »Ich bedauere es aufrichtig, Ihrer Tochter je begegnet zu sein, Sir. Sie hat ein tiefes Loch in meinem Herzen hinterlassen.« So viel hatte er gar nicht sagen wollen, aber jetzt war es nun einmal heraus.
    Walker betrachtete ihn, wie ein Wissenschaftler eine Probe betrachtet. »Jack. Vor nicht allzu langer Zeit haben Sie meinem Sohn das Leben gerettet, und meine Familie schuldet Ihnen dafür tiefen Dank. Aber ich bin nicht der Ansicht, dass meine Familie – und am allerwenigsten meine Tochter – sich verpflichtet fühlen sollte, diese Dankbarkeit fortwährend zum Ausdruck zu bringen. Was geschehen ist, ist nun einmal geschehen. Sie haben heldenhaft gehandelt, und Sie

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