Herzen aus Gold: Roman (German Edition)
um Jack Bryant.«
Ned sah, wie sie langsam ihren Tee hinunterschluckte und dann vorsichtig ihre Tasse abstellte. Sie leckte sich über die Lippen. »Ja?«
»Er hat geheiratet.«
Sie starrte ihn an, als würde er plötzlich Arabisch sprechen.
»Er hat geheiratet? Wen? Eine Anglo-Inderin?«, fragte sie leise. »Das glaube ich einfach nicht.«
»Nein«, erwiderte er, erleichtert, endlich über die Neuigkeit sprechen zu können, die er jetzt schon seit Tagen mit sich herumtrug. »Niemand von deiner Sippschaft«, sagte er, eine Bezeichnung, die durchaus liebevoll gemeint war.
»Aber in KGF gibt es doch gar keine ledigen Engländerinnen.«
»Ich glaube, mich zu erinnern, dass die Familie der Braut ursprünglich aus Tumkur stammt.«
Iris sah ihn an, als wolle er sie auf den Arm nehmen. »Soviel ich weiß, ist das ein staubiges, kleines Dorf! Du musst dich irren. Ned, jetzt rück schon damit raus, wer es ist.«
»Es ist Kanakammal.«
Sie starrte ihn an, dann blinzelte sie ein paar Mal verständnislos. »Willst du damit etwa sagen, dass Jack Bryant sein Dienstmädchen geheiratet hat?«
»Nun, jedenfalls ist sie jetzt ganz offiziell Mrs. Elizabeth Bryant.«
»Diese Hexe!«
»Iris, bitte …«
»Ach, Ned, komm schon. Warum sollte er ein Dorfmädchen heiraten? Das ist einfach lächerlich! Das kann doch gar nicht mit rechten Dingen zugegangen sein. Es ist schlicht und einfach …«
»Hör auf damit«, bat er sie.
Sie schluckte ihre Worte hinunter.
»Kanakammal hat sehr glücklich ausgesehen.«
»Natürlich hat sie das! Das ist doch kein Wunder!«, fauchte sie.
Ned legte das Besteck auf seinen Teller und stand auf. »Was Jack Bryant tut, ist allein seine Sache. Und nur fürs Protokoll: Ich bin der Meinung, dass du, was seine frisch angetraute Ehefrau angeht, höchst unfreundlich und ungerecht reagierst. Ich bin überzeugt, sie liebt ihn. Außerdem scheint sie ihn zu verstehen. Vielleicht erwidert er ihre Liebe ja sogar, Iris.«
»Ich habe einmal mit ihr geredet, Ned. Sie war sehr unhöflich zu mir. Offensichtlich hat sie es darauf angelegt, ihn zu umgarnen, denn sie hat eine sehr hohe Meinung von sich … «
»Ganz gleich, welche Geschichte auch dahinterstecken mag, Iris, sie geht uns nichts an. Wir sehen uns dann heute Abend.« Er gab ihr einen flüchtigen Kuss, enttäuscht und zugleich verärgert darüber, dass allein die Erwähnung von Jacks Namen zu Streit zwischen ihnen führte.
Iris eilte ihm hinterher. »Ned, warte!«
»Nein. Ich will kein weiteres Wort mehr über Jack hören«, sagte er ungehalten.
»Es geht nicht um Jack. Es geht um uns.«
»Um uns?«
»Sei bitte nicht böse. Ich habe dir nämlich auch etwas zu sagen.«
Er sah sie verwirrt an. »Also gut. Tut mir leid. Dann sag mir, was du sagen willst.«
Sie holte tief Luft, dann lächelte sie. »Wir bekommen ein Baby, Ned.«
Er war sich nicht sicher, ob er richtig gehört hatte, wie sein Gesichtsausdruck mehr als deutlich zeigte.
»Ja. Ein Sinclair-Baby.«
Ned ging zu ihr, warf instinktiv einen Blick auf ihren Bauch und sah ihr dann in die Augen. »So schnell?«
»Ich komme aus einer sehr fruchtbaren Familie.«
»Bist du dir sicher?«
Sie nickte selbstgefällig, und er lächelte glücklich.
»Ein Baby«, murmelte er. »Mein Sohn!«
»Unser Baby. Und es ist durchaus möglich, dass es eine Tochter wird.«
Ned küsste sie. Seine schlechte Laune war verflogen. Er strahlte vor Begeisterung. »Ich werde es von allen Dächern rufen.«
Sie packte ihn am Arm. »Untersteh dich! Wir müssen noch warten. Abgesehen davon sollten es Mum und Dad zuerst erfahren.«
Er küsste sie noch einmal und umarmte sie. »Ich liebe dich, Iris. Es tut mir leid, dass ich vorhin so ungehalten war. Das ist die beste Nachricht, die ich mir vorstellen kann.«
Sie lachte. »Geh jetzt zur Arbeit. Und konzentrier dich.«
Er warf ihr einen Kuss zu, dann ging er, wobei er zuerst einen Hüpfer und dann einen großen Sprung machte, wohl wissend, dass sie ihn beobachtete.
Iris drehte sich, noch immer lächelnd, um und lehnte sich gegen die Tür. Ihr Herz hämmerte wie wild. Sie legte eine Hand auf ihren Bauch.
»Verzeih mir, mein Liebling«, flüsterte sie ihrem Kind zu, dann spürte sie wieder die inzwischen vertraute Übelkeit und rannte ins Badezimmer.
Das Schicksal wollte es, dass sich die beiden Frauen noch an diesem Tag begegneten. Kanakammal war auf dem Weg zum Krankenhaus, da sie gerade die Nachricht erhalten hatte, dass eine ihrer jüngeren Schwestern von
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