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Herzen aus Gold: Roman (German Edition)

Herzen aus Gold: Roman (German Edition)

Titel: Herzen aus Gold: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona McIntosh
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eine tiefe, alles erstickende Stille, die sogar schon draußen zu spüren war. Gangai fing sie bereits auf der Veranda ab, einen Finger auf die Lippen gelegt.
    Sie sprachen rasch auf Tamil miteinander.
    »Trinkt er wieder?«
    »Alles, was er finden kann. Ich habe deine Schwestern und deinen Bruder zu meiner Familie geschickt.«
    Sie nickte. »Danke.«
    »Ich glaube, er weint.«
    Kanakammal hatte vieles erwartet, aber nicht das. Sie zeigte jedoch nicht, wie erschrocken sie tatsächlich war, als sie Gangai zum Dank die Hände drückte und ihm zunickte.
    Sie fand Jack in einer Ecke des Wohnzimmers, wo er zusammengekauert auf dem Boden saß. Er hielt ein zerfleddertes Stück Papier in der Hand. Um ihn herum standen und lagen Flaschen jeder Art. Kanakammal wusste, dass ihr Mann seit Wochen keinen Alkohol mehr angerührt hatte, und davon hatte alles profitiert – seine Gesundheit, sein Privatleben, seine Arbeit.
    Die Arbeit! Sie warf einen Blick auf die Uhr. Er würde doch bald seine Schicht antreten müssen!
    »Elizabeth«, murmelte er. Seine Augen waren gerötet, und sein Gesicht sah vor Kummer fast gespenstisch aus.
    »Ich bin hier«, sagte sie leise. »Wie kann ich dir helfen?«
    »Er ist gegangen.«
    »Wer ist gegangen, Jack?«
    »Ich konnte mich nicht von ihm verabschieden. Ich konnte ihm nicht einmal danken. Ich habe ihm nie gesagt, wie sehr ich ihn liebe.«
    Sie ging auf Zehenspitzen zu ihm und hockte sich neben ihn. »Wen hast du verloren?«, fragte sie und streichelte ihm Haare und Rücken. Das, was sie sah, war tiefe Trauer, kein Zorn.
    »Meinen Vater«, antwortete er tonlos. »Mit vierundfünfzig. Viel zu früh. Ich hätte ihm öfter schreiben sollen. Ich hätte ihm von uns beiden schreiben sollen, von unserem Kind; er hätte nicht sterben dürfen, ohne zu wissen, dass der Name Bryant fortbesteht. Ich habe nicht einmal …«
    »Schhh«, sagte sie und legte tröstend ihre Arme um ihn. Jack schob sie weg.
    »Nein! Ich tauge nichts. Alles in meinem Leben ist ein einziger großer Fehler.«
    Kanakammal verbot sich, seine Worte auf sich zu beziehen. »Ich werde dich allein trauern lassen. Aber ich bin immer in deiner Nähe.« Sie erhob sich. Zum ersten Mal hatte sie das Gefühl, schwerer geworden zu sein. Ihr Bauch war noch immer flach und straff, tief in ihrem Körper spürte sie jedoch feine Veränderungen; eine Reife in ihrem Inneren, eine Empfindlichkeit in ihren Brüsten.
    »Ich werde Gangai mit einer Nachricht zur Top-Reef-Mine schicken, dass du heute nicht zur Arbeit kommst.«
    »Nein!«
    »Du kannst so nicht arbeiten.«
    »Sag mir nicht, was ich kann und was nicht.«
    Sie seufzte und verließ das Zimmer. Es hatte nicht den geringsten Sinn zu versuchen, mit ihm zu diskutieren, wenn er sich in diesem Zustand befand. Dennoch drehte sie sich im Türrahmen noch einmal um. »Ich werde dir Kaffee machen. Du musst nüchtern werden, bevor du deine Schicht antrittst.«
    »Lass mich in Ruhe«, knurrte er, und das tat sie dann auch.
    Irgendwann verließ er das Haus. Sie hörte ihn nicht gehen, aber Gangai kam hereingerannt, um ihr zu sagen, dass er mit dem Motorrad weggefahren sei.
    »Hatte er seine Arbeitskleidung an?«
    Gangai schüttelte den Kopf.
    »Hat er gesagt, wohin er fährt?«
    »Nach Andersonpet.«
    Sie seufzte. Es gab nur einen einzigen Grund, der ihren Mann nach Andersonpet führte, und das war die dortige Kneipe, wo er sich mit dem farblosen, geruchlosen, scheußlichen Arrak betrinken konnte, der schon das Verderben so manchen Dorfbewohners gewesen war.
    Als Jack schließlich zurückkam, war seine Hose zerrissen, sein Bein blutete, und in seinen Augen leuchtete ein seltsames Feuer, das Kanakammal noch nie zuvor gesehen hatte. Sie hielt Abstand zu ihm. Aus Erfahrung wusste sie, dass er in diesem Zustand zu bösen Worten und dem aberwitzigsten Verhalten neigte, wenngleich er sie niemals schlagen würde.
    »Kann ich dir irgendetwas bringen?«, fragte sie, als er seine Kleidung auszog. Sie warf einen Blick auf sein nacktes Bein und sah einen langen, tiefen Schnitt.
    »Ich muss nüchtern werden«, sagte er.
    Sie ging in die Küche, machte Kaffee und briet ein paar chapatis . Wenn er einen vollen Magen hatte, würde er möglicherweise einfach einschlafen. Als er sich an den Tisch setzte, h atte er nasse Haare und war frisch rasiert – offensichtlich hatte er sich dabei mehrmals geschnitten –, außerdem trug er bereits seine Arbeitskleidung. Sein Blick flackerte unstet. Seine Augen waren rot gerändert.

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