Herzen aus Gold: Roman (German Edition)
Drähten.
»Wenn wir dieses Chaos hier entfernen, werden sie die Leitungen in kürzester Zeit irgendwo anders anzapfen«, sagte Verne.
»Ja, das glaube ich auch.« Ned sah sich um, froh, dass er etwas hatte, was ihn beschäftigte. Er hasste Jack, aber in dem Moment, als er die beiden zusammen gesehen hatte, hatte er Iris sogar noch mehr gehasst. Sie trug einen kleinen Sinclair unter dem Herzen, sie waren erst seit Kurzem verheiratet, und schon hatte sie sich wieder in Jacks Arme geworfen.
Diese Worte wollten ihm einfach nicht mehr aus dem Sinn gehen. Das Flüstern in seinem Kopf hatte sich nicht zum Schweigen bringen lassen, seit er sich hinter das Lenkrad des Wagens gesetzt hatte. Es verhöhnte ihn, weil er Iris vertraut hatte, weil er geglaubt hatte, sie sei so schnell von ihm schwanger geworden.
Er schloss kurz die Augen, um die Dämonen zu vertreiben. »Ich habe mir schon Gedanken gemacht«, sagte er zu Verne. »Wie wäre es, wenn wir die Spannung verändern? Dann würde sich auch die Frequenz ändern, und keiner der Dorfbewohner würde etwas mit dem Strom anfangen können. Am Bestimmungsort könnten wir die Spannung dann rücktransformieren.«
Der alte Mann kratzte sich am Kopf, dann sah er Ned an. Langsam breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus. »Das ist genial. Und dabei so einfach. Es überrascht mich, dass wir so lange gebraucht haben, um darauf zu kommen.«
Ned hätte eigentlich in Hochstimmung sein sollen – das war wirklich eine verdammt gute Idee –, aber alles, was er fühlte, war eine so große innere Leere, dass er befürchtete, sich nie wieder über irgendetwas freuen zu können. Es gelang ihm jedoch, den richtigen Ton von Verantwortlichkeit vorzutäuschen. »Einfachheit ist der Schlüssel. Was auch immer es kosten mag, ich glaube, wir sollten etwas unternehmen. Schließlich stehen Menschenleben auf dem Spiel.«
»Einverstanden. Sie sollten einen entsprechenden Bericht schreiben.«
»Ich würde es vorziehen, wenn Sie den Bericht schreiben würden. Ich kann mich schließlich kaum selbst loben.« Ned wusste, dass er viel zu bescheiden klang.
»Gut. Aber Ihr Name wird in dem Bericht stehen. Sie haben sich die Anerkennung verdient.«
»Ich brauche keine Anerkennung.«
»Aber das ist wichtig, junger Mann. Wir brauchen junge Leute wie Sie, die frische Ideen haben.«
Ned nickte trübsinnig.
»Ist alles in Ordnung?«, fragte Verne besorgt.
Ned seufzte. »Ich mache mir Gedanken, weil das hier so gefährlich ist. Lassen Sie es uns so schnell wie möglich abmontieren.«
Sein Kollege machte unwillkürlich einen Schritt zurück. »Nein, ich glaube nicht, dass das unsere Aufgabe ist.«
»Nun, irgendjemand muss es aber tun.«
»Ich rühre diese Drähte nicht an. Und Sie sollten es auch nicht tun. Ich weiß, dass Sie sich auskennen, aber es ist trotzdem zu gefährlich. Sehen Sie sich nur dieses Gewirr an. Es ist nicht zu erkennen, was unter Strom steht und was nicht. Wir sollten das Spezialteam rufen und das Ganze sorgfältig besprechen, bevor hier irgendjemand etwas anfasst.«
»Ein Team von Spezialisten? Ich bin Spezialist, Verne. Ich bin ausgebildeter Elektriker und durchaus in der Lage, das allein hinzukriegen.«
»Es wird schon bald dunkel, Ned. Das hier sollte man bei Tageslicht angehen … es sei denn, Sie wollen sterben, wenn Sie in der Dunkelheit an der Hochspannungsleitung herumhantieren.«
Wer würde mich schon vermissen?, dachte Ned düster. Verne blickte wartend zu Ned hinauf, der nach wie vor auf der Leiter stand. »Hören Sie«, sagte er zu seinem älteren Kollegen, »ich kann nicht verantworten, jetzt einfach zu gehen. Ich könnte es mir nie verzeihen, wenn hier ein Kind ums Leben kommt und ich das hätte verhindern können. Holen Sie bitte meine Ausrüstung aus dem Wagen. Ich werde sehen, ob ich das Ganze wenigstens absichern kann, bis morgen das Team kommt.«
Das schien Verne zu beruhigen, denn er drehte sich um und ging langsam zum Wagen, wobei er vor sich hin murmelte, dass es keine Medaillen für Mut am Arbeitsplatz gäbe.
Ned sah ihm nach. Als sein Kollege zwischen den Tamarinden verschwunden war, kehrten seine Gedanken wieder zu seinen Problemen zurück, die ihm plötzlich absolut unüberwindlich schienen. Brents Geist war von den Toten zurückgekehrt, und Ned sah für sich keinen Ausweg mehr aus dieser Situation. Auch wenn Jack an einer Lösung arbeitete, würde er ihm nicht mehr helfen können. Jack hatte schon beim letzten Mal für ihn gelogen, aber
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