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Herzen aus Gold: Roman (German Edition)

Herzen aus Gold: Roman (German Edition)

Titel: Herzen aus Gold: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona McIntosh
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Tiere erfüllt war. Auch wenn er nicht gerade besonders zimperlich war, so machte es ihm keinen Spaß, mit ansehen zu müssen, wie die Tiere geschlachtet wurden. Er watete durch das Blut, das in kleinen Bächen über den Weg lief.
    Dann begann er wieder zu rennen, lief blindlings weiter, wobei er kaum die Menschen wahrnahm, die er mit der Schulter anrempelte oder über deren Füße er stolperte. Der Geruch des Blutes war überwältigend, und das Brüllen der verängstigten Kreaturen und die Rufe der geschäftig umhereilenden Menschen hallten in seinen Ohren.
    Schließlich gelangte er in einen ruhigeren Teil. Dort wurde Weihrauch verkauft. Große Spiralen der getrockneten, duftgetränkten Räuchermischungen, die, einmal angezündet, stundenlang brannten, hingen wie bienenkorbähnliche Kuppeln von der Decke.
    Der Geruch kitzelte ihn in der Nase, und er musste niesen, was einen der Ladenbesitzer, an denen er vorbeirannte, in fröhliches Gelächter ausbrechen ließ. Er kam zu einem Stapel grauer Steinplatten und blieb kurz stehen, um etwas zu verschnaufen. Das junge Mädchen an diesem Stand tat so, als zerriebe es etwas auf den Platten, dann strich es sich übers Gesicht. Ned begriff. Er hatte viele der Waisen, hauptsächlich die Mädchen, thanaka benutzen sehen, eine gelblich-weiße bis goldene Paste aus gemahlener Baumrinde, die auf die Wangen aufgetragen wurde. Abgesehen von dem angenehmen Duft und der kosmetischen Wirkung hatte die Paste auch kühlende Eigenschaften und beugte einem Sonnenbrand vor.
    Ned rannte weiter. Erst der köstliche Duft verschiedenster Gewürze ließ ihn wieder innehalten. Er beugte sich nach vorn, stützte die Hände auf die Knie und rang nach Luft. Er war vollkommen durchgeschwitzt; das Hemd klebte ihm an der Haut, seine helle Hose war unangenehm klamm. Schweiß rann ihm in die Augen.
    »Sir?«, fragte plötzlich eine freundliche Stimme. »Alles in Ordnung?«
    Er hob den Kopf und sah in das besorgte Gesicht einer jungen Frau. Sie war keine Burmesin – wahrscheinlich Chinesin, ihrem glatten, hellen Teint nach zu schließen, der golden überhaucht war. Genau wie ihre Katzenaugen waren ihre Haare glänzend schwarz und zu einem langen Pferdeschwanz gebunden. Sie war sehr zierlich und kam ihm vor wie eine orientalische Porzellanpuppe.
    »Es geht mir gut«, sagte er und richtete sich auf. »Ich bin nur durstig«, gab er zu und machte dabei eine Geste, als würde er etwas trinken.
    Sie hielt die Hand hoch. »Bitte«, war alles, was sie sagte, als sie in einem Laden verschwand, der, wie Ned jetzt bemerkte, eine Art Teegeschäft war. Teeläden gab es überall in Rangun. Sie waren allseits beliebte Treffpunkte. Die junge Frau kam mit einem Becher aus feinem Porzellan wieder zurück.
    »Versuchen. Ist heiß, macht aber kühl«, drängte sie ihn und nickte ihm dabei freundlich zu. Ihr Lächeln war ebenso Balsam wie der Tee. Das Mädchen war wirklich wunderschön.
    Es war grüner Tee. Viele Menschen schworen darauf. Ned mochte ihn nicht besonders, im Augenblick aber war er zutiefst dankbar für jeden einzelnen Tropfen.
    »Vielen Dank.«
    Er blies in die helle Flüssigkeit und trank einen kleinen Schluck. Der grasartige Duft stieg ihm in die Nase, bevor der leicht bittere, erdige Geschmack seinen Gaumen kitzelte.
    »Das ist gut für Sie«, erklärte sie in stockendem Englisch.
    Wie hätte er ihr widerstehen können? Er trank den Becher aus, dann griff er in seine Tasche.
    »Nein, nein, Sir. Ein Geschenk. Alles in Ordnung jetzt?«, fragte sie noch einmal.
    »Viel besser. Vielen Dank.« Er zeigte auf sich selbst. »Ned.«
    »Li Li«, erwiderte sie. »Hallo«, fügte sie freundlich hinzu.
    Es klang so exotisch und fremd für ihn, wie sie aussah.
    »Hallo, Li Li«, sagte er zögernd.
    Sie gab ein entzückendes Kichern von sich. In dem Augenblick kam ein älterer Mann aus dem Geschäft, der auf Chinesisch etwas zu ihr sagte. Sie verbeugte sich ehrerbietig. Der Mann warf Ned einen unfreundlichen Blick zu. Ned brauchte die Sprache nicht zu sprechen, um seine Aufforderung zu verstehen. Er gab den Becher zurück.
    »Vielen Dank, Li Li. Mir geht es jetzt wieder gut.«
    Sie lächelte wieder, etwas zurückhaltender als zuvor, und verbeugte sich nun auch vor ihm. »Guten Tag, Sir«, sagte sie förmlich und entfernte sich dann.
    »Äh, zum Strand?«, fragte er in der Hoffnung auf einen letzten Augenblick mit dem wunderschönen chinesischen Mädchen, aber Li Li war schon im Laden verschwunden.
    Er ging weiter, blieb

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