Herzen aus Gold: Roman (German Edition)
Männer lachten, vor allem Ned, für den die Welt plötzlich wieder in Ordnung zu sein schien.
Das Leben ist schön, sagte er sich später in dieser Nacht, nachdem Flora ihn ausgiebig bemuttert hatte und er unter einem sich sanft in einer leichten Brise blähenden Moskitonetz in einem großen Himmelbett lag. Die Beine des Bettes standen in wassergefüllten Schüsseln, um Insekten fernzuhalten, die Fensterläden waren weit geöffnet. Der Wind trug den köstlichen Duft einer Blume ins Zimmer, die, wie Flora erklärt hatte, »Königin der Nacht« hieß.
Ihr Duft erinnerte ihn an jene Nacht, in der sich seine Mutter umgebracht hatte, aber Ned war entschlossen, sich seine hoffnungsvolle Stimmung durch nichts und niemanden verderben zu lassen.
21
»Hat Harold dir von dem Anruf erzählt, den er heute Morgen erhalten hat, Ned?«, fragte Flora.
»Vielen Dank, Sabu«, sagte Ned, als der Hausdiener ihm dampfend heißen Tee in seine Porzellantasse nachschenkte. Sie saßen auf der hinteren Veranda mit Blick auf den Garten, wo Flora stets ihr Frühstück einzunehmen pflegte. »Nein, er hat kein Wort gesagt.«
»Ach, dieser Mann!«, sagte sie, scheinbar verärgert. »Sabu, ist der Herr schon gegangen?«
»Schon vor einiger Zeit, Madam.«
Flora sah Ned entschuldigend an. »Vermutlich hast du schon bemerkt, dass Harold gern einen Morgenspaziergang macht.« Sie hörten die Haustür zuschlagen. »Ah, da kommt er gerade wieder.«
Walker trat auf die Veranda, wobei er leise vor sich hin schimpfte, dass der Verkehr in Bangalore immer schlimmer werde. »Man kann kaum noch die Straße überqueren, ohne befürchten zu müssen, von einer Jatka überfahren zu werden, dabei dachte ich, die Rikschas wären schon schlimm genug. Und heute Morgen habe ich auf der Straße noch dazu nicht weniger als zehn Automobile gezählt«, murrte er. »Ist noch Tee da, Sabu?«
»Jawohl, Sir«, sagte der Diener und eilte davon, um eine frische Kanne aufzusetzen.
»Guten Morgen, Ned«, sagte Harold.
»Guten Morgen, Sir. Bevor Sie mich fragen: Ich habe geschlafen wie ein Baby. Ich glaube, so gut wie in den letzten drei Nächten habe ich schon seit Jahren nicht mehr geschlafen.«
»Das ist die kühle Luft von Bangalore, mein Sohn. Ein weiterer Grund, hierzubleiben. Ich bestehe außerdem darauf, dass du endlich damit aufhörst, mich ›Sir‹ zu nennen. Das tut nur mein Personal.«
Ned dankte ihm mit einem Lächeln.
»Harold, erzähl ihm doch von dem Anruf«, schalt ihn Flora sanft.
»Das wollte ich doch gerade tun, Flora.«
»Dann tu’s doch endlich, Menschenskind«, sagte sie.
Ned gewöhnte sich allmählich an ihren Singsang beim Sprechen und dass sie immer »Pah« oder »Menschenskind« hinzufügte, wenn sie jemanden tadeln wollte.
Harold wandte sich seufzend an Ned. »Ich bin mir nicht sicher, ob es ein Segen ist, dass wir eines dieser neumodischen Telefone besitzen, oder ob ich mich darüber beklagen soll, dass ich plötzlich so erreichbar bin. Aber wie dem auch sei, wir haben heute Morgen einen Anruf bekommen, und dabei ging es um dich.«
Ned stellte seine Tasse hin. »War es Dr. Grenfell? Bell geht es doch gut, oder?«
»Bestens, soweit ich weiß, mein Sohn. Nein, der Anrufer war nicht Dr. Grenfell. Aber er ist ebenfalls Arzt. Sein Name ist Brent.«
»Dr. Brent?« Ned wurde plötzlich übel. »Aus Rangun?«
»Genau der«, sagte Walker und sah erfreut aus. »Er schien sehr froh darüber zu sein, dich gefunden zu haben. Er sagte mir, er folge jetzt schon seit ein paar Monaten deiner Spur.«
»Ned, mein Lieber. Du siehst plötzlich so blass aus«, sagte Flora und runzelte die Stirn.
Neds neu gewonnenes Wohlbehagen löste sich auf der Stelle in Luft auf. Er bekam einen Schweißausbruch und hatte das Gefühl, als drücke ihm jemand die Kehle zu.
»Ned?«, fragte Flora noch einmal und setzte ihre Tasse ab. »Ist mit dir alles in Ordnung, mein Sohn?«
Er riss sich zusammen. »Ja, äh, ja. Entschuldigung«, stotterte er. »Ich glaube, allein Brents Namen zu hören, hat eine Menge schlimmer Erinnerungen in mir geweckt.«
»Natürlich«, sagte Flora und warf ihrem Mann einen tadelnden Blick zu. »Es tut uns sehr leid. Wie taktlos von uns!«
»Das ist nicht Ihre Schuld, Mrs. Walker.«
»O doch. Und nenn mich einfach Flora, Ned. Ich denke, wir brauchen jetzt nicht mehr so förmlich zu sein.«
Ned glaubte, ein leises »Danke« gemurmelt zu haben. Seine Gedanken rasten. »Was hat Dr. Brent gesagt?«, fragte er in einem so beiläufigen
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