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Herzen aus Gold: Roman (German Edition)

Herzen aus Gold: Roman (German Edition)

Titel: Herzen aus Gold: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona McIntosh
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Für mich bitte einen Scotch. Sag ihnen, sie sollen einen Chivas bringen.«
    »Der ist mir ein Begriff, Sir«, sagte Ned, der sich plötzlich an zu Hause erinnert fühlte.
    Walker machte sich auf den Weg nach drinnen, wobei er immer wieder stehen blieb, um mit einigen der Männer, die auf der Veranda standen, ein paar Worte zu wechseln. Als plötzlich ein Diener vor ihm stand und ein leises »Guten Abend, Sir« murmelte, wobei er höflich mit dem Kopf nickte, hatte Ned das Gefühl, er müsse sich in den Arm kneifen, um sicherzugehen, dass er nicht träumte. Allein seine Nationalität verlieh ihm plötzlich einen herausragenden Status, der bewirkte, dass sich dieser wesentlich ältere Mann vor ihm verbeugte! Ned erinnerte sich an seine guten Manieren, wünschte dem Kellner ebenfalls einen guten Abend und bestellte den Whisky fü r Dr. Walker und für sich ein Shandy, eine Mischung aus Bie r und Limonade. Nachdem sich der Mann geräuschlos entfernt hatte, lehnte Ned sich zurück und sah auf den Rasen hinaus. Zum ersten Mal seit Langem verspürte er so etwas wie Zufriedenheit. Er nahm sich vor, Bella noch an diesem Abend einen Brief zu schreiben.
    Während er entspannt an einem relativ ruhigen Ecktisch saß, nahm er die leise summende Geschäftigkeit um ihn herum in sich auf. Ein Stück entfernt bereitete eine kleine Armee von Bediensteten eine Party vor. Er erkannte das populäre Lied »For Me and My Gal«, das irgendwo auf einem Grammophon spielte. Die Lautstärke war gedämpft, so dass die Musik niemanden störte. Die Kellner schlängelten sich geschmeidig zwischen den Gästen hindurch, räumten Gläser ab und nahmen Bestellungen für Getränke entgegen. Er hörte zwei Männer am Nachbartisch lachen und warf einen Blick zu ihnen hinüber. Der eine schien auf die dreißig zuzugehen, während der andere etwa in Neds Alter war. Ned schnappte Bruchstücke ihres Gesprächs auf. Es ging um eine Reise von London nach Indien so wie darum, wie man hier ein neues Leben beginnen kön ne. Das war beruhigend. Ned war also nicht der einzige Neuankömmling in diesem exotischen Land. Er hoffte, schon bald ein paar Freunde in seinem Alter zu finden und dann so entspannt zu sein wie sein Nachbar, der gerade ein Bier trank und sich mit seinem Gegenüber offenbar glänzend verstand.
    Er versuchte, nicht mehr zu lauschen, und seufzte. Irgendwann im Verlauf seiner Reise hatte er akzeptiert, dass sein neues Leben in Indien einfach ein Erfolg werden musste. Und um dieses Ziel zu erreichen, musste er zunächst einmal Arbeit finden. Es war tröstlich, dass Dr. Walker ihn dabei unterstützen und in Erfahrung bringen wollte, ob es für ihn eine Beschäftigung auf den Goldfeldern gab. Wenn ihn sein Vater in den wenigen kurzen Augenblicken, die sie allein miteinander verbracht hatten, etwas gelehrt hatte, dann das, dass die finanzielle Unabhängigkeit der erste und wichtigste Schritt im Leben ein es jungen Mannes war. Ned hatte Verbindlichkeiten. Er musste genügend Geld verdienen, um sowohl für Bellas Erziehung in Madras als auch für seinen eigenen Lebensunterhalt aufkommen zu können.
    Dr. Walker kam genau in dem Moment an ihren Tisch, als ihre Drinks serviert wurden.
    »Genau zum richtigen Zeitpunkt«, meinte Ned und bemerkte aus dem Augenwinkel, dass sich die beiden Männer am Nachbartisch aus ihren Sesseln erhoben.
    »Einen schönen Abend noch«, sagte der Jüngere, nickte Walker zu und schenkte Ned ein strahlendes Lächeln.
    »Vielen Dank. Ich habe vor, jeden einzelnen Tropfen dieses Single Malts zu genießen«, erwiderte Walker.
    Noch bevor Ned etwas sagen konnte, waren die beiden scho n gegangen. Er hätte sich in den Hintern beißen können, weil er nicht reagiert hatte. Das war eine verlorene Gelegenheit, entschied er, als sich die beiden Männer entfernten. Der Jüngere, der ihn angelächelt hatte, war hochgewachsen, und in seinem federnden Gang lag großes Selbstvertrauen. Er trug sein schwarzes Haar lässig aus der gebräunten Stirn gekämmt und sah aus wie jemand, der sich in seiner Haut und in seiner Umgebung wohlfühlte, auch wenn er erst seit kurzer Zeit in Bangalore war.
    Walker ließ sich in seinen Sessel fallen. »Ich habe dich eingetragen, junger Sinclair. Dann also auf dein Wohl«, sagte er und nahm sein Whiskyglas. Das Licht brach sich funkelnd in der bernsteingelben Flüssigkeit. »Prost, alter Knabe.«
    Ned hob sein gut gekühltes Glas mit dem köstlich sprudelnden Inhalt. »Auf Sie, Sir … und noch einmal vielen Dank

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