Herzen aus Stein (German Edition)
Mach dich mal nicht so fett, Bohnenstange! “
Jamie war total aufgedreht. Ihm stieg wohl zu Kopf, jetzt mit den Großen spielen zu dürfen. Sie boxte ihm scherzhaft auf die Schulter. „ Selber Bohnenstange. “
Jamie hatte das braune Haar ihrer Mutter Isabelle geerbt, während Malous so hellblond war wie das ihres Vaters. Von ihm hatten Jamie und Malou auch die Körpergröße vererbt bekommen, denn ihr Br u der war ebenso groß und schlank wie sie, während ihre Mum eine kleine Frau war.
Maidstone , die Hauptstadt der Grafschaft Kent, lag fünfzig Kil o meter von London entfernt. Allerdings hatten sie den größten Teil des Weges schon hinter sich und würden in etwa zwanzig Minuten zu Hause ankommen. Auf beiden Seiten der Straße erstreckten sich weite Felder, die man wegen des immer heftigeren Schneefalls und der schnell eintretenden Dunkelheit fast nicht mehr sah.
Jamie saß schon während der ganzen Fahrt mit geschwellter Brust neben ihr. Seine grünen Augen funkelten vergnügt, da er heute zum ersten Mal bei einer Magierhauptversammlung dabei gewesen war. Malou wusste noch, dass es ihr vor nicht allzu langer Zeit ebenso ergangen war, immerhin bedeutete das, als richtiger Magier ane r kannt worden zu sein. Jamie hatte eine wichtige Prüfung in der Za u berschule mit Bravour geschafft, wie Malou damals. Aber ihre Eltern hatten auch nichts anderes von ihnen erwartet, schließlich waren alle in ihrer Familie großartige Magier. Allerdings hatte Jamie ihnen stets Kopfzerbrechen bereitet. Er war ihr Sorgenkind, da er oft krank gewesen war und deshalb in der Schule gefehlt hatte. Durch die er s ten Klassen der Zauberschule hatte er sich regelrecht durchkämpfen müssen und der Druck, der auf seinen Schultern gelastet hatte, mus s te enorm gewesen sein. Deshalb war Malou froh, dass er die Kurve noch bekommen hatte.
Sie konnte Gedanken lesen, Jamie Stimmen von Toten oder and e ren körperlosen Wesen hören, was ihm als Kind ebenfalls zu scha f fen gemacht hatte. Nun hatte er sich damit arrangiert und überlegte, seine Gabe später beruflich zu nutzen. Außerdem konnte er seine Gedanken bereits hervorragend vor Malou abblocken. Sie war stolz auf ihn.
Die Magierhauptversammlungen waren jedoch nicht annähernd so spannend, wie Malou früher immer gedacht hatte. Es ging meistens um den Etat des Magierrates oder wie sie sich am effektivsten vor ihren größten Feinden, den Dunkelelfen, schützten. Diese Geschö p fe boykottierten Hexen und Zauberer schon seit jeher, weil sie der Meinung waren, dass es allein mythischen Wesen zustand, Magie zu wirken. Hexen waren für sie ja nur etwas andere Menschen.
Des Weiteren wurden neue Posten für bestimmte Ämter innerhalb der Magiergilde gewählt, Probleme besprochen, man tauschte sich über die neuesten Zauber oder magische Errungenschaften aus – Erwachsenenkram eben, von dem selbst Malou manches nicht ve r stand. Jamie schien aber alles begierig in sich aufgesaugt zu haben, war von einer Konferenz zur nächsten geeilt und hatte sich zur Freude seines Vaters an politischen Gesprächen beteiligt.
Grinsend lehnte sich Malou zu ihrem Bruder hinüber und flüsterte ihm ins Ohr: „ Streber. “
Als sie durch ein Waldstück fuhren, trat ihr Dad plötzlich auf die Bremse, doch der Wagen kam auf der schmierigen Fahrbahn nicht gleich zum Stehen.
Malou, die genau hinter ihrem Vater saß, beugte sich vor. „ Was ist? “ Sie vermutete ein Reh oder ein anderes Tier, das auf der Straße stand, denn ein Stau konnte es kaum sein. Bei diesem Sauwetter waren sie meist allein auf der Autobahn unterwegs. Doch es war kein Tier, stattdessen sah sie einen riesigen blau leuchtenden Ring, der über die gesamte Breite der doppelspurigen Fahrbahn führte. In dessen Mitte prangte tiefste Schwärze. Malou wusste sofort, was das war, obwohl sie bisher nur im Unterricht etwas davon gehört hatte: „ Ein Dämonenportal! “
„ Festhalten! “ , rief Dad, als der Mustang auf das Loch zurutschte.
Weil sie wegen des Schnees nur langsam unterwegs gewesen w a ren, kam es ihr vor, als würden sie wie in Zeitlupe über die Straße gleiten. Dad versuchte , zu bremsen , und sie kamen auch beinahe zum Stehen, als das Auto über den Rand des Portals kippte. Die Karosserie hing einen Atemzug fest, bis sie quietschend auf dem Teer weiterrutschte und das Fahrzeug in die Öffnung fiel.
Malou schrie auf; auch Jamie und ihre Mutter stießen einen Schrei aus. Sie stürzten allerdings nicht tief, denn nach
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