Herzen aus Stein (German Edition)
Dämon hielt sie eisern in seinem Griff. Malou war jetzt die Einzige, die das Versteck des zweiten Medaillons kannte. Jamie wusste nichts.
„ Jamie, süßer Jamie, du bist schon etwas Besonderes “ , hörte sie den Stier säuseln.
Ihr Bruder schrie auf, aber Malou konnte nicht richtig sehen, was der Stier mit ihm machte. Der Dämon mit den blauen Augen hielt sie immer noch so gegen seine Brust gepresst, dass sie kaum etwas erkennen konnte, außer, dass der Stierdämon seine Pranke auf Jamies Wange gelegt hatte.
„ Wo ist das zweite Amulett? “
„ Ich weiß es nicht. “ Jamie weinte und schrie erneut auf, als der Stier mit zwei Fingern über seine Wange strich.
„ Ich weiß, wo das zweite Amulett ist, ich hole es, aber tun Sie J a mie nicht mehr weh! “ , kreischte Noir.
„ Du darfst es ihm nicht bringen, er wird uns ohnehin alle töten! “
Jamie weinte bitterlich, doch er hielt sich tapfer. Blut lief an seinem Hals hinab in die zerfetzte Jacke. In einer Gesichtshälfte erkannte Noir zwei dicke Striemen, die mit Blasen überzogen waren. Teilweise hing die Haut in Fetzen und war feuerrot. Der Dämon hatte ihn mit seinen Fingern verbrannt. Malou weinte ebenfalls. Sie wusste, dass Jamie recht hatte. Sie würden niemals überleben.
Plötzlich schien der Stier mit einer unsichtbaren Gestalt neben sich zu sprechen, denn er wandte den Kopf und fragte ins Nichts: „ Weiß er, wo es ist? “ Dann schien er jemandem zu lauschen und murmelte: „ Seine Schwester? “
Jamie schrie erneut auf. Noir wollte nur noch zu ihm.
Der Stier wandte sich an seinen Helfer: „ Bring sie nach oben, Ash! Sie soll es holen, sofort! Oder ihr Bruder stirbt! “
Weitere, verzerrte Bilder huschten durch ihren Geist. Mum , die ein einziges blutendes Bündel war, daneben Dads verkohlter Körper und Jamie, der in den Pranken des Stierdämons hing und sie flehentlich ansah. Oh Gott, seine Gesichtshälfte, wo der Dämon ihn berührt hatte, sah schlimm aus.
Noir wollte noch einmal zu ihrem Bruder sehen, aber da hatte sie der schwarzhaarige Dämon schon durch ein Portal zurück in ihre Welt gezogen, damit sie das Amulett holen konnte. Eindringlich starrte er sie an, als wollte er sie mit seinen leuchtenden Augen hy p notisieren.
„ Sag mir, wo das Amulett ist, Kleine, und ich sorge dafür, dass dir und deinem Bruder nichts geschieht. “
Noir durfte nie vergessen: Wenn beide Medaillons in die Hände eines Dämons fielen, potenzierte sich ihre Macht gewaltig. Auße r dem würde sie vielleicht sterben, wenn sie den Eid brach. Angeblich wirkte er nicht bei Kindern, aber sie wollte sich nicht darauf verla s sen. Noir war ins Haus gerannt, wo der Dämon nicht hineingelangen konnte, da es mittels Kristallen, die im gesamten Gebäude verteilt waren, gesichert war. Sie hatte Mr. Crispy , ihr Stoffhäschen und einst Lieblings-Schmusetier, von ihrem Bett geholt, ein paar Habseligke i ten sowie das Handy in ihren Rucksack gestopft und war die Tre p pen in den Keller gelaufen.
Noir wusste im Schlaf, dass sie wieder von ihrer Flucht träumte und dass der Traum seinem Ende zuging. Sie befand sich wie so oft in dem unterirdischen Gang, der vom Keller zu einer Scheune füh r te, die auf dem Nachbargrundstück stand. Nur ein paar schwach leuchtende Glühbirnen erhellten den Tunnel, dessen niedrige Wände mit Kalk verputzt waren. Ständig drehte sie sich um, weil sie den Dämon mit den blauen Augen erwartete. Er würde wütend sein, wenn sie nicht bald zu ihm in den Garten kam, und sie suchen. Er würde sie zurückbringen, das Medaillon dem Stierdämon aushänd i gen und sie töten.
Oh Gott, Jamie war noch da unten. Vielleicht lebte er noch?
Ihre Schritte wurden langsamer. Sie überlegte, zurückzulaufen, als sich schlagartig das Traumgeschehen änderte. Das war noch nie zuvor passiert. Jetzt tauchte eine große Gestalt am Ende des Tunnels auf. Gebückt eilte sie auf Malou zu, wobei der Person der offene Mantel um den Körper schlug. Beim Näherkommen erkannte Malou, dass es sich nicht um einen Umhang handelte, sondern um riesige Schwingen. Da kam ein Monster auf sie zugelaufen! Malou presste Mr. Crispy an ihre Brust. Im Inneren des Häschens befand sich das Amulett. Wieso hatte sie keine Angst? Weil es kein Monster war, sondern ein anderes Wesen, eines, das sie beschützen würde. Es war ein Gargoyle.
Er legte die Schwingen wie einen Mantel um sie und drückte sie an seine warme Brust. Malou fühlte sich bei ihm sofort geborgen. Doch sie war
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